Kosmos RADIOMANN, gestern und heute
Kosmos RADIOMANN, gestern und heute
Wenn so ein so sehnlich erwünschter Experimentierkasten unterm Weihnachtsbaum liegt, dann ist man überglücklich. Und wenn auch noch die Röhre dazu gehört, bleibt kein Wunsch mehr offen.
Das ist rückblickend betrachtet und sehr nostalgisch gefärbt. Jetzt, viele Jahre später, hat man eine gewisse Kenntnis über die Radiotechnik erworben, eben nicht zuletzt durch den RADIOMANN von damals. Als Einstieg sozusagen ….
Historisches
Der Kasten wurde 1934 erstmals auf den Markt gebracht und sollte Schüler mit 80 Experimenten mit der Radiotechnik vertraut machen. Die gelieferte Röhre war eine TELEFUNKEN RE074d, oder die VALVO U409D. Beides Raumladegitterröhren, welche mit ungefährlichen Spannungen betrieben werden kann.
In der Nachkriegszeit wurde die Produktion der Kosmos Experimentierkästen wieder aufgenommen. Da jedoch die Verfügbarkeit der genannten Röhren nicht mehr sicher war, geht man davon aus, dass die Fa. RADIO RECORD (inzwischen von TUNGSRAM übernommen), auf Wunsch von Kosmos, einen Ersatz bereit stellte. Sie trugen die Bezeichnung DM300, welche bis 1959 im Programm waren. Danach wurde das Konzept mit der modernen Niedervoltpentode EF98 gründlich überarbeitet. Das wird jedoch in diesem Beitrag nicht weiter behandelt.
Oben abgebildete DM300_new ist zwar mit DM300 gestempelt, hat aber wenig mit der Uraltröhre DM300_old von RADIO RECORD gemeinsam! Diese Nachkriegsfertigung ist nämlich keine Raumladegittertetrode, sondern eine Schirmgittertetrode (g2 mit der Seitenschraube verbunden) und wird als solche auch benutzt. Mehr dazu hier.
Röhrenersatz
Die erwähnten Röhrentypen sind nur noch schwer zu beschaffen, was die Frage nach einem Ersatz aufbringt. Verschiedene Lösungen werden hier vorgeschlagen. Natürlich soll auch das Äußere nicht zu kurz kommen. Die russische 2Ж27Л (bekannt als 2j27l oder 2SH27L) bietet -mit ein paar Anpassungen- sich als Ersatztyp für die DM300_new geradezu an und ist ebenfalls als Schirmgittertetrode geschaltet!
Röhrenvergleich
Man kann sich gut vorstellen, dass heutzutage die stolzen Besitzer eines RADIOMANNs gerne erfahren wollen, was nun der günstigste Röhrentyp ist? Damit ist nicht der Preis gemeint, sondern, welche der besprochenen Röhren bringen den besten Empfang? Das habe ich untersucht und dabei noch einen oftmals nicht beachteten Aspekt mitgenommen: Ausgehend von einem Betrieb mit den vier Flachbatterien, wie sieht es mit dem Stromverbrauch aus?
Als Schaltungsvorbild wird Versuch Nr.74 genommen. Ein Audion, aber noch ohne Rückkopplungsspule. Damit sind die Messungen stabil und reproduzierbar. Ebenso wurde der Unsicherheitsfaktor Gitterwiderstand mit „Bleistiftstrich“ umgangen und dafür 2MOhm eingesetzt. Die Klemme am Heizvorwiderstand befindet sich in der Mitte. Die Spannungen 4,5V und 13,5V werden mit Netzteilen erzeugt und deren Stromfluss registriert.
Ein definierter HF-Pegel (ca. 7mV, 650kHz, mit Sinuston 40% moduliert) liegt am Antenneneingang. Parallel zum Hörer wird die NF-Ausbeute gemessen.
Die Tabelle zeigt die Untersuchungsergebnisse der vier Typen:
Fazit
Man erkennt, dass die alten Raumladegitterröhren mehr Strom fordern, was zu einer kürzeren Lebensdauer der Batterien führt. In dieser Hinsicht schneidet die U409D schlecht ab und ist durch den Aufbau der Elektroden begründet. Ich vermute, die Drahtstärke des ersten Gitters (=Raumladegitter) ist -im Vergleich zur RE074d- größer und nimmt deshalb einen höheren Irg auf. Hat VALVO deshalb von der Angabe des Irg im Datenblatt abgesehen? Auch spielt der Abstand zum Faden, sowie die Dichtheit der Windungen untereinander, eine große Rolle.
Dazu kommt, die U409D besitzt schon einen dunkel glühenden Faden mit aufgedampftem Barium. Die RE074d dagegen ist noch mit einem gelblich glühenden, thorierten Wolframfaden ausgestattet.
Es stellt sich die Frage: Darf man diese beiden Typen überhaupt noch als „äquivalent“ (im Sinn von elektrisch gleichen Eigenschaften) bezeichnen, wie die Röhrenlisten aussagen? Auch auf dem Röhrenprüfgerät werden sehr unterschiedliche Anodenströme angezeigt....
Die neueren Schirmgittertypen (DM300_new und 2SH27L) sind viel sparsamer. Durch den typisch höheren Ri der Tetrode ist die originale Hörmuschel mit 2000 Ohm eigentlich fehlangepasst! Das wird deutlich, wenn anstatt dessen ein Doppelkopfhörer mit 4000 Ohm Verwendung findet. Man beachte die in Klammern angegebenen höheren NF-Spannungen.
In der Lautstärke und im Stromverbrauch ist die Ersatzlösung mit der russischen Röhre mit Abstand die große, positive Überraschung!
Zur Unterbauung der Ergebnisse, die elektrischen Eigenschaften der verwendeten Röhren:
Frohe Weihnachten gewünscht....
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.