Lautstärkeregelung früher Radios

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Lautstärkeregelung früher Radios 
22.Nov.07 16:15
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Betrachtet werden Radios mit Röhren.
(Die Ausführungen gelten entsprechend für die Mehrzahl der Geräte; einzelne Ausnahmen gibt es.)

Zunächst gibt es hier die Einkreiser (Audions mit [oder ohne] Rückkopplung und ggf. NF Stufe). Da diese Empfänger keine große Verstärkung aufweisen, gibt es keinen extra Regler für die Lautstärke. Diese wird durch eine oder gleichzeitig mehrere der folgenden Maßnahmen variiert
  • Verdrehen der Abstimmung
  • Verändern der Rückkopplung
  • Umstöpseln oder Verändern der Antennenankopplung
Da die Variation dieser Einstellungen gleichzeitig die Resonanzfrequenz des Schwingkreises beeinflußt, benötigt die richtige Einstellung eines Audions ein gewisses "Fingerspitzen-Gefühl".

Zweikreiser und Dreikreiser ("Bezirks-" bzw. "Europa"-Empfänger) haben eine so große HF-Verstärkung, daß beim Ortsenpfang Übersteuerung auftreten kann. Hier werden zusätzliche Maßnahmen zur Lautstärkeregelung (eigentlich: Steuerung! Eine Regelung ergibt sich erst unter Einbeziehung des Hörers, der auf konstante Lautstärke nachregelt.) notwendig.

Es kamen folgende Methoden zur Anwendung:
  • Veränderung der Eingangsspannung mittels Potentiometer oder Drehkondensator, Abb. 166 & 167

  • Veränderung der Eingangsspannung mittels Variometer oder Parallelpotentiometer zur Antennenspule, Abb. 168 & 169

Eine Veränderung der Antennenankopplung wirkt sich praktisch immer verstimmend auf den Eingangskreis aus.

  • Abhilfe schafft ein Differential-Drehko (bei Saba: "Wellenschleuse") zur Ankopplung der Antenne. Hierdurch läßt sich erreichen, daß der Eingangskreis praktisch nicht verstimmt wird, wenn die Ankopplung geändert wird, Abb. 170.
             
  • Als dann etwa um 1930 die Exponential-Röhren (zunächst Tetroden, später Pentoden) erfunden wurden, wurde die Lautstärkeregelung durch Veränderung des Arbeitspunktes der Regel-Röhre erreicht, Abb. 172.
Die Regelung (Einstellung) der Lautstärke erfolgte noch per Hand, da die automatische Lautstärke-Regelung (AVC, automatic volume control) noch nicht bekannt war. So gab es in D bis 1932/33 zahlreiche Empfänger ohne AVC.

Ein Beispiel ist die Schaltung von 46W (Siemens) = 343W (Telefunken) = Ultra-Geadem (AEG). Hier wird die variable Gittervorspannung mit Hilfe eines 5 kΩ Potentiometers in der Katodenleitung erzeugt. (Schaltbild Ausschnitt)


Dieses Poti ist Teil eines Spannungsteilers 18 kΩ, 10 kΩ, Poti 5 kΩ. Durch die gewählte Schaltung ist gewährleistet, daß auch im herabgeregelten Zustand der Röhren (wenn kaum noch Anodenstrom fließt) noch genügend Querstrom durch den Spannungsteiler fließt. Die verwendeten Röhren (RENS1214) haben eine Exponentialkennlinie.

Eine andere Variante der Handregelung ist im Staßfurt "Imperial 5W" realisiert. Hier wird nur die Größe der Schirmgitterspannung verändert. (Schaltbild Ausschnitt)



Die Regelung bezieht sich hier auf die Vorstufe und die 1. ZF-Stufe. Da die Ströme hier geringer sind, ist das Potentiometer mit 500 kΩ hochohmiger als im vorigen Beispiel. Obwohl die verwendeten Röhren (RENS1264) keine Regelröhren sind, arbeitet die Lautstärke-Einstellung immer verzerrungsfrei.

Die Handregelung findet man bei Mehrkreisern und Supern nur bei solchen Typen, die zur Demodulation ein Audion (ohne Rückkopplung) oder einen Anodengleichrichter verwenden. Sobald aber eine Diode zur Demodulation verwendet wird, wird i.a. auch eine automatische Lautstärkeregelung realisiert.

MfG DR

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