siemens: Empfangsprobleme UKW-Tuner
siemens: Empfangsprobleme UKW-Tuner
Bei der Reparatur eines Siemens H53 ist mir etwas untergekommen, was bis dahin für mich auch neu war... Aber immer der Reihe nach.
Nach Ausbau des Chassis, um das defekte AM-Skalenseil zu erneuern (übrigens eine grandiose Pfriemelei!) blieb das Chassis gekippt mit der Unterseite auf dem Werktisch liegen. Nach Anschluß meines UKW-Dipols mit Bandleitung war auf UKW schon guter Empfang zu vernehmen.
Allerdings kam mir der Ton etwas merkwürdig vor, er schien sich rhythmisch zu verändern, wenn auch nur gering. Eine Inspektion des „üblichen Verdächtigen“, des 25nF-Kopplungskondensators zwischen der Anode des Triodensystems der EABC80 und dem Steuergitter der EL84 ergab Seltsames: Die Gitterspannung schwankte zwischen –4 und +10 V, offensichtlich führte die Veränderung des Koppelkondensators (noch die originale Ausführung) zu hochfrequenten Schwingungen der EL84, die sich dadurch selbst zu- und aufsteuerte. Ein Austausch ergab den richtigen Ruhestrom der EL84.
Dann fiel mir zufällig auf, daß beim Anfassen des Antennen-Bandkabels starke Feldstärkeschwankungen beim UKW-Empfang auftraten. Soche Effekte sind eigentlich nur zu beobachten, wenn die Antennenspannungen auf dem an sich symmetrischen Speisekabel völlige Unsymmetrien aufweisen. Na, da mußt Du mal die Anschlüsse Deines Dipols kontrollieren, dachte ich.
Die Überprüfung des UKW-Bandes ergab, daß die Senderlage auf der Skala um 2,5 MHz nach oben verschoben war.
Erst jetzt fiel mir auf (ja, sowas gibt es!), daß die EC92 der neutralisierten Katodenbasis-Eingangsstufe überhaupt nicht im Gerät war! Also habe ich aus meinem Vorrat eine gute EC92 geholt und eingesetzt. Der Erfolg war, daß schlagartig kein UKW-Empfang mehr zu verzeichnen war, weil der Oszillator aufhörte zu schwingen. Ein Entfernen der Röhre führte sofort wieder zum Empfang. Nachdem ich zunächst die Oszillator-Röhre selbst in Verdacht hatte, konzentrierte sich die Fehlersuche auf die unmittelbaren Bauteile im UKW-Tuner.
Schließlich entpuppte sich der 12 pF-Keramik-Trimmer, mit dem die Oszillator-Störstrahlung minimiert wird (siehe Schaltbild und Foto) als völlig kapazitätslos. Dieser Effekt, daß bei Keramik-Trimmern der dünne Silberbelag wegsulfidiert wird, ist ja bekannt. Ich habe ihn durch einen 15 pF-Folientrimmer ersetzt, bei dem man auch die eingestellte Kapazität gut sieht. Sie dürfte nun bei ca. 8 pF liegen.
Interessant ist aber, daß ein früherer, offensichtlich nicht uncleverer „Reparateur“ die Vorstufen-EC92 entfernt hatte, um damit das Gerät wieder zum Laufen zu bringen, ohne den eigentlichen Fehler zu beseitigen!
Eine Analyse der Schaltung ergibt, daß offensichtlich die HF vom Antenneneingang über die Neutralisationsinduktivität und die Koppel-Cs unter Umgehung der ersten (nicht vorhandenen) EC92 direkt zum Mischer übertragen wurde. Bei Einsetzen der EC92 wird durch deren Anodenkapazität wohl die ausgeklügelte Brückenschaltung völlig außer Tritt gebracht und der Oszillator setzte aus.
Daß damit sicherlich ein nicht unerheblicher Störstrahlungsanteil den umgekehrten Weg zur Antenne gefunden hat, ist hoffentlich nicht aufgefallen.
Nach Minimierung der an der Antennenbuchse anliegenden Oszillatorstörstrahlung mit einem HF-Millivoltmeter erfreut der H53 durch einen phantastischen Klang, was man dem eigentlich recht kleinen Hauptlautsprecher garnicht zutrauen sollte. Die Skaleneichung stimmt auch wieder, ohne daß am Oszillator der Spulenkern nachgestimmt werden mußte.
Möglicherweise sind die hier schon früher geschilderten Oszillatorprobleme auf die gleiche Ursache zurückzuführen. Bei der Reparatur ist es ein außerordentlich hilfreicher Umstand, daß Siemens keine gekapselten Tuner verwendet, sondern schön unter dem Chassis gut zugänglich verdrahtet hat.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.
Ein qualifizierter Bericht zu UKW Problemen
Hallo Herr Steyer
hallo Leser.
Ein UKW-Problem, qualifiziert abgehandelt
Ein straff durchgezogener Bericht, der in verstaendlicher Form das UKW-Problem beschreibt.
Auch der Hinweis auf einen früher aufgetretenen Reparatur-Fall mit diesem Model, halte ich für richtig.
Herr Steyers Vorgehen belegt aber auch, ohne HF -Millivoltmeter oder ein Scope welches 110Mhz und 1mV anzeigen kann, ist oder sollte es sein, eine solche Arbeit eigentlich unlösbar, besonders dann nicht, wenn das Radio nicht als UKW-Sender dienen soll. Insgesamt ein 1a Bericht.
Knoll
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Beiträge im RM, Lerneffekt
Danke für den Kommentar, Herr Knoll,
denn er kommt aus berufenem Munde.... Ich bin ja absoluter Autodidakt auf diesem Gebiet und habe mir die Kenntnisse schon vor 50 Jahren versucht anzueigenen. Grundlage waren die RPB-Bücher, bzw. weitere Bücher aus dem Franzis-Verlag.
Allerdings habe ich durch die fundierten Beiträge hier in Rmorg nicht nur über die UKW-Technik erheblich dazugelernt und kann nur jedem raten, sich damit intensiv zu beschäftigen, ehe man an Reparaturen von UKW-Eingangsteilen geht.
Meine Hochachtung gilt den Ingenieuren, die seinerzeit mit einem Dutzend Bauteilen diese einfach aussehenden, aber tatsächlich sehr komplexen UKW-Tuner entwickelt haben!
Ich hatte vorher die Bedeutung der Vorstufen beim UKW-FM-Empfang überschätzt, bzw. falsch eingeschätzt. Ich habe vor über 25 Jahren selbst extrem rauscharme Vorverstärker mit dem Telefunken GaAs-FET CF300 entwickelt und publiziert (für die Amateurbänder 2 m und 70 cm). Die Vorverstärker mit Helixfiltern im Eingang wurden mit einem selbst gebauten Rauschgenerator abgeglichen und lagen bei einer Rauschzahl von < 1dB.
Inzwischen habe ich lernen müssen, daß auch eine einzelne EC92 im Tuner durchaus völlig ausreicht, was die Empfindlichkeit für UKW-Rundfunk-Empfang angeht. Die Problematik der Störstrahlung hatte ich nicht umfassend im Visier, vor allem auch nicht, daß die absolute Vorverstärkung meist relativ gering ist.
Noch etwas zu meinem Meßequipment. Als HF-Millivoltmeter benutze ich ein hochohmiges, analoges FET-Voltmeter mit selbstgebautem Tastkopf. Das ist zwar nicht absolut kalibriert, aber Relativmessungen reichen für unsere Zwecke völlig aus.
Die Oszillatoren prüfe ich mit einem Dipmeter, das sich für Funkamateure als außerordentlich nützliches Werkzeug erwiesen hat. Mit Tastköpfen für Frequenzzähler oder Scopes findet man kaum einen geeigneten Meßpunkt. In den meisten Fällen reißen die Oszillatorschwingungen ab. Wenn man Glück hat, kann man zwar messen, hat aber eine Frequenzverwerfung zur Folge.
Martin Steyer (DK7ZB)
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Siemens mit 2x EC92
Das Thema kam mir doch bekannt vor: Im Juli 2011 gab es den Beitrag UKW mit 2 EC92 in dem genau dieses Fehlerbild eines Siemens C50 beschrieben wurde. Neben einigen Vermutungen gab es aber keine Lösung des eigentlichen Problems oder Ermittlung der Ursache. Das ist "aus der Ferne" nicht einfach, vor allem bei UKW-Boxen. Nun nach 3 1/2 Jahren die erfolgreiche Reparatur von Martin Steyer!
Zur Schaltung der Vorstufe wäre noch anzumerken, dass es sich um eine neutralisierte Zwischenbasisschaltung (hier mit Tendenz zur Kathodenbasisschaltung) handelt. Das Verhältnis der beiden keramischen Kondensatoren 5 pF und 14 pF des Eingangskreises aus obigem Schaltplan bestimmt das.
Eine m.E. äusserst lesenswerte Zusammenfassung der Schaltungen von UKW-Vorstufen mit Trioden findet sich hier.
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