UKW Empfangsversuche 1930/31
UKW Empfangsversuche 1930/31

"Für diese (weitergehenden) Fragen reichten die bisherigen Versuche in Chemnitz allein unter den örtlichen Gegebenheiten nach Ansicht der Deutschen Reichspost nicht aus. Sie mußten auf breiterer Grundlage, möglichst unter den besonderen Verhältnissen der Großstadt, wiederholt werden, um ein einigermaßen zuverlässiges Urteil über die Möglichkeiten eines Ultrakurzwellen-Rundfunks zu gestatten. Zu diesem Zweck stellt die Reichspost durch das Reichspostzentralamt (Telegraphentechnisches Reichsamt) seit Anfang November d.J. [1930] in Berlin neue Versuche mit einem Kurzwellensender der Firma Lorenz an, der in einem Lagergebäude des Reichspostzentralamtes aufgestellt ist und mit einem über einem Turm errichteten Dipol arbeitet."
Die weiteren UKW Versuche des Jahres 1930/31 sind in der Anlage UKW_Versuche_1930.pdf beschrieben.
Beim Studium dieses Textes fällt auf, daß zur damaligen Zeit zwei unterschiedliche Konzepte für die UKW Übertragung erprobt wurden, wobei damals nur die Amplitudenmodulation (AM) angewendet wurde.
- Direkte Amplitudenmodulation (AM) eines UKW-Senders mit dem Nachrichtensignal (Audiosignal) und Empfang mit einem Audion.
- Amplitudenmodulation des UKW Senders mit einem amplitudenmodulierten Signal (AM-AM). Dies ist eine hierarchische Modulation: Das Audiosignal moduliert einen AM Sender (mit Trägerfrequenz im MW Bereich). Das so erzeugte AM-Signal wird als "Nachrichtensignal" verwendet, um einem UKW Sender in seiner Amplitude zu modulieren.
Die hierarchische AM-AM Modulation, die heute als veraltet angesehen werden kann, diente damals zu folgenden Zwecken.
- Unabhängigkeit von frequenzmäßigen Instabilitäten des UKW-Senders.
- Frequenzmäßige Bündelung von mehreren AM-Kanälen (Frühe Form von frequency division multiplex FDM)
- Gemeinsame Übertragung von TV Bild- und Tonsignal über einen UKW Sender.
Senderseitig wird ein AM-Signal, das z.B. mit Hilfe eines Geradeaus-Empfängers (H.F. Verstärker) empfangen wird, - nach dem damaligen Stand der Technik - per Gittermodulation einem UKW-Gegentakt-Oszillator als AM aufmoduliert. [Hollmann, Physik und Technik der ultrakurzen Wellen, Springer, 1936] hier "Zwischenfrequenzmodulation" genannt.



Als UKW-Demodulatoren wurden Schaltungen vorgestellt [Gehne], wie sie auch v. Ardenne verwendet hat. Hinter diesen Demodulatoren, also an der Koppelspule K liegen die gemäß Abb. 1 eingespeisten Fernstationen wieder in ihrer ursprünglichen Frequenzlage vor.

Die gemeinsame Übertragung von Bild und Ton wurde insbesondere von Manfred v. Ardenne untersucht. Von diesem stammt auch der hier bei [Gehne] dargestellte Vorschlag zur AM-Multiplexbildung, die damals aber mit "Vielfachmodulation" oder "Mehrfachmodulation" bezeichnet wurde.
Die hierarchische AM-AM, so elegant sie aus damaliger Sicht auch war, hat leider auch Nachteile. Wenn eine Hüllkurven-Demodulation angewendet werden soll (wie in diesen Beispielen), so muß der Modulationsgrad mUKW <1 bleiben. Anders ausgedrückt: Amplitude des HF-Trägers > Spitzenwert des modulierenden Nachrichtensignals.
Das modulierende Nachrichtensignal besteht aber aus einer Summe von AM modulierten Schwingungen (der Fernsender). Demzufolge müssen alle diese Signale so weit abgesenkt werden, daß ihre Summe den zulässigen Maximalwert nicht übersteigt. Also wird jeder dieser Sender am nachfolgenden Empfänger entsprechend schwächer (und damit i.a. auch leiser) ankommen. In der Anlage UKW_Versuche_1930.pdf wird darauf hingewiesen, daß dies für den RPZ-Sender zutrifft und er daher beim Empfangsversuch schlechter abschnitt.
MfG DR Anlagen:
- UKW Versuche 1930 (47 KB)
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Schon 1925 UKW-Versuche

Zur Ergänzung des interessanten Beitrages von Herrn Rudolph hier der Wortlaut eines Textes aus dem Physikalischen Institut der Uni Jena, der Wirkungsstätte von Prof Esau, der 2003 anlässlich einer Ausstellung "80 Jahre Radio in Deutschland" so vorgestellt wurde. Am Anfang geht es "nur" um Kurzwelle, aber die Experimente mit UKW 1925 werden am Schluss auch erwähnt.
Ende 1925 führt Prof. Esau erste Versuche mit einem 100-W-Sender auf 3 m Wellenlänge in Kahla bei Jena durch. Die Modulation erfolgte mit einem Audion-Empfänger und NF-Verstärker. 1925/26 erfolgten weitere Versuche, bei denen ein Empfang 40 km weit nachweisbar war.

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Wohl erste Kleinserie für Versuche
Hier findet man das Gerät von Jena der ersten Versuche mit einem Seriengerät - zwei Empfänger hat noch das Deutsche Museum und den Sender dazu, wie ich von Gerhard Bogner erfahren hatte.
Nun habe ich mein Gerät Thomas Günzel mitgegeben, in der Hoffnung, dass man es mit den anderen beiden Geräten vergleichen und verbastelte Teile wieder auf Originalzustand bringen kann. Vielleicht gibt es sogar jemand, der versucht, den Sender nachzubauen?
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1925 sind "Kurze Wellen" das Thema

Im Heft 34 des Funk-Bastlers 1925, pp. 405 - 406, berichtet Prof. Dr. A. Esau, Jena, Präsident des Deutschen Funktechnischen Verbandes, über "Neue Versuche mit kurzen Wellen". Die Mitglieder dieses damals neu gegründeten Verbandes wurden aufgefordert, während 4 Wochen (bis Ende September) Empfangsbeobachtungen von Kurzwellenausbreitungen im Bereich 35 - 200 m zu machen.
Interessant dabei waren die vorgeschlagenen Stationen, die zu beobachten waren: 25 Mittelwellen-Stationen und 1 Langwellen-Station (Königs Wusterhausen 1300 m) Das sind alles keine Kurzwellenstationen - aber: alle diese Sender strahlten munter Oberwellen aus. Das störte ja vorläufig noch nicht, da die Kurzwelle bislang wertlos erschien. Von allen angegebenen Stationen wurden daher bis zur 5. Oberwelle die genauen Wellenlängen in m angegeben, damit die Beobachter die gefundenen Träger richtig zuordnen konnten.
(Heute ist von der ITU eine Toleranzmaske für AM Sender vorgegeben (Recommendation ITU-R SM.329-7). Danach dürfen Randaussendungen (out-of-band & spurious emissions) höchstens -92 dBc betragen, müssen also 92 dB kleiner als die Trägerleistung sein.)
Im Heft 38 des Funk-Bastlers 1925, pp. 457 - 458, berichtet Esau über "Erfolgreiche Versuche mit kürzesten Wellen", die er "soeben" auf der Wellenlänge 2,5 m in Jena durchgeführt hat. Die Stromstärke an der Sendeantenne habe dabei 0,75 - 1 A betragen. Nähere Angaben zur Antenne werden nicht gemacht, so daß man die erzeugte Leistung nicht bestimmen kann. Weiter wird berichtet, daß "nach ziemlich mühevollen Versuchen" es jetzt möglich sei, "hochempfindliche Rückkopplungsempfänger für Wellen bis unter 1 m herzustellen". [...] "Der Empfänger selbst besteht aus einem Drahtkreis von etwa 10 cm Durchmesser, der mit einem variablem Kondensator von nur wenigen Zentimeter Kapazität den Gitterkreis der Röhre bildet."
"Nachdem Sender und Empfänger zur Zufriedenheit arbeiteten, konnte an die Reichweitenversuche herangegangen werden, die ein über alles Erwarten günstiges Resultat ergeben haben. Es gelang mit dem beschriebenen Empfänger ohne Verstärker noch in einer Entfernung von 15 km den Sender noch sehr laut aufzunehmen, der innerhalb des Institutsgebäudes aufgestellt war, was seine Fernwirkung, wie die Versuche gezeigt haben, erheblich heruntersetzt, und außerdem ohne Antenne arbeitete. d.h. also als strahlendes Gebilde nur einen Drahtkreis von ähnlicher Dimension wie der Empfänger besaß." [..]
"Aus den Versuchen, die zur Zeit fortgesetzt werden, hat sich ferner ergeben, daß zunächst mit wachsendem Abstand vom Sender die Empfangsintensität zunimmt und daß außerdem die Umgebung des Sendeortes von außerordentlich großem Einfluß auf die Ausbreitung der Wellen und damit die Reichweite ist."[..]
Von den von der Redaktion des Funk-Bastlers im Vorspann angekündigten "ausführlichen Berichte an dieser Stelle" von Prof. Esau zu Einzelheiten der Schaltung und zu den angewendeten Geräten ist leider weder im Jahrgang 1925 noch 1926 des Funk-Bastlers eztwas zu finden.
MfG DR
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Prof. Esau 3-m-Kurzwellensender

In der Zeitschrift "Radio-Umschau", Heft 5/1925 fand ich einen zum Thread passenden Artikel zu den Experimenten von Prof. Esau mit einem Sender mit 3 m Wellenlänge.
Hier der OCR-Scan dieser Mitteilung (Satz verändert):
Q-S-T Mitteilungen
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