Wobbel-Abgleich mit Spektrum-Analysator

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Wobbel-Abgleich mit Spektrum-Analysator 
17.Nov.17 12:01
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die Problemstellung

Es gibt Spektrum-Analysatoren, die einen Mitlauf-Generator (tracking generator) haben. Man kann damit die Durchlaßkurve eines Filters messen (wobbeln).

Der Mitlauf-Generator (source) erzeugt genau die Frequenz, auf der der Analyzer mißt. D.h. der Generator ist synchron zur X-Ablenkung (Frequenz-Achse) des Analyzers.

Auf diese Weise kann z.B. der ZF-Verstärker eines Radios gemessen und abgeglichen werden.

Genau so lassen sich die Eingangs-Filter abgleichen, weil auch hierfür die Frequenz des Mitlauf-Generators und die Frequenz, auf der analysiert wird, identisch sind.

Der Vorteil der Messung mit einem Spektum-Analysator besteht u.a darin, daß wegen seiner großen Empfindlichkeit nur sehr kleine HF Pegel zur Messung erforderlich sind. Ein weiterer Vorteil ist die logarithmische Darstellung der gemessenen Pegel (in dB), so daß insbesondere der Sperrbereich eines Filters sehr gut darstellbar ist. 

Auf diese Weise lassen sich dann Geradeaus-Empfänger sehr bequem abgleichen.

Dagegen gibt es beim Superhet-Empfänger ein Problem, weil dieser ja die Eingangs-Frequenzen auf eine konstante Zwischen-Frequenz umsetzt. Zu diesem Zweck muß dann die Frequenz des Umsetz-Oszillators im Empfänger genau um den Wert der Zwischen-Frequenz gegenüber der Frequenz des Eingangssignals versetzt sein. Das ist das Problem des "Gleichlaufes" beim Empfänger.

Mit der obigen Meßanordnung kann dieses Problem nicht gemessen werden, weil einerseits der Mitlauf-Generator den Empfangsbereich des Empfängers überstreichen soll, aber andererseits die Analyse auf einer (festen) Zwischen-Frequenz erfolgen muß.

Um diese Schwierigkeit zu lösen, ist die Meßanordnung um einen Multiplizierer (Mixer-Modul AD835) zu erweitern.

Hier wird am Beispiel eines Kurzschaltbildes (AEG 709WK) gezeigt, wie sich das Problem lösen läßt.

  • Der Empfänger erhält ein Eingangs-Signal, das z.B. im Bereich zwischen 450 kHz und 1,6MHz gewobbelt wird.
  • Mit Hilfe zweier hochohmiger Sonden wird einerseits die Oszillator-Schwingung abgegriffen und andererseits die Zwischenfrequenz am Ausgang des ZF-Verstärkers.
  • Der Mixer-Modul erzeugt aus den beiden Frequenzen wieder die Eingangs-Frequenz, so daß ein Ergebnis entsteht, das der Analyzer auswerten kann.

Am Beispiel der Messung eines kleineren Radios (Grundig 87) sieht das Meßergebnis dann so aus.

Der große Peak (1,324MHz) entspricht der im Gerät eingestellten Frequenz und zeigt die gesamte Durchlaßkurve (Vorkreis + ZF-Filter). Aber es ist auch die Durchlaßkurve des ZF-Filters alleine (452 kHz) zu sehen, ganz links. [Das dürfte eigentlich nicht sein, wenn der Multiplizierer "ideal" multiplizieren würde. Erklärung dazu später.] Ist aber "ganz praktisch".

Zum genauen Abgleich wird man die Größe der Ablenkung (span) so einstellen, daß man die abzugleichende Durchlaßkurve über den gesamten Schirm spreizt.

Das Mixer-Modul

Das Mixer-Modul ist komplett aus Hong-Kong zu einem Preis erhältlich, zu dem sonst kaum das darauf enthaltene IC (AD835) zu bekommen ist. [Da kann man sich nur wundern.] Hier das Foto des Moduls mit abgenommener Schirmung. (Stammt vom Anbieter.)

Da der Multiplizierer bis 250MHz arbeitet, sind die HF Anschlüsse in SMA-Technik ausgeführt. Seine Funktion kann mit

  • W = X1*Y1 + Z

beschreiben werden. X2 und Y2 liegen auf Masse. Für unseren Zweck genügt: W = X1*Y1

Und so ist das Modul auch "gejumpert". Die "Jumper" bestehen allerdings nur aus "Lötklecksen" (J2, J6, J7), im Foto gut zu sehen.

Im Schaltbild des Moduls ist erkennbar, daß die Eingänge X1 und Y1 direkt zu den SMA Buchsen geführt sind.

Das ist eine "böse Falle", wenn man sich durch die SMA Anschlüsse täuschen läßt: SMA ist zwar für HF (bis ca. 18GHz), aber wie sehen die Eingänge X1 und Y1 im IC AD835 aus??? Genügt es, irgend welche 50 Ω HF Leitungen bzw. Geräte anzuschließen?

  • Es muß in jedem Fall dafür gesorgt werden, daß die Eingänge X1 und Y1 einen Gleichstrom-Pfad nach Masse haben, was beim Anschluß beliebiger HF-Komponenten nicht zwingend gegeben ist!
  • Ohne Gleichstrom-Pfad läuft der Ausgang W des AD835 in die Übersteuerung.
  • Das "Gemeine" dabei ist, daß mit dem Spektrum-Analyzer trotzdem "irgend etwas" gemessen werden kann, das sich aber "logisch" so nicht erklären läßt.

Das Blockschaltbild des AD835 aus dem Datenblatt zeigt die X und Y Eingänge und die Differenz-Bildung in genau der gleichen Art, wie das bei Operations-Verstärkern üblich ist. Und bei Operations-Verstärkern werden die beiden Eingänge (d. h. die Basis-Anschlüsse der Eingangs-Transistoren) direkt herausgeführt, ohne daß etwa intern für einen Gleichstrompfad gesorgt wird. Und beim AD835 ist es ganz genau entsprechend, ohne daß im Datenblatt noch einmal explizit darauf hingewiesen wird.

Realisierungen des Mixers

Hier zunächst eine eher "minimalistische" Realisierung, die aber für eine praktische Anwendung völlig ausreicht.

Die Platine paßt in ein Normgehäuse.
[Von diesen Platinen (unbestückt) sind z.Z. noch 4 Stück verfügbar. Anfragen über "Mail an Autor"]

Als nächstes ein Beispiel für eine "Luxus-Ausführung".

In diesem Gehäuse war noch so viel Platz, daß zusätzlich ein geregeltes Netzteil für 0 bis ± 15V eingebaut werden konnte. (Ganz praktisch für Untersuchungen an Operationsverstärkern.)

Die Seitenansicht zeigt links die beiden Netzteile (berührungssicher aufgebaut) und rechts den Multiplizierer Modul. Der Ausgang "W" wird an eine BNC Buchse an der Frontplatte geführt.

Das ist das Mixer-Modul im Detail. Hier sind jetzt Widerstände über die X1 und Y1 SMA Buchsen gelötet. Damit wird erreicht, daß die X1 und Y1 Eingänge des Moduls eine galvanische (gleichstrommäßige) Verbindung zur Masse haben.

Bei direktem Kurzschluß der X1 und Y1 Eingänge entsteht am Ausgang W eine Offsetspannung von ca. 40 mV, was tolerabel erscheint, weil der Ausgang ± 2V als Maximum zuläßt.

Gewählt wurden (suboptimal) je 5,1 kΩ, was dann zu einer Offsetspannung von ca. 60 mV führt. (Optimal wären 1,25 kΩ gewesen, was etwas weiter unten erklärt wird.) Auch 1,25 kΩ sind noch groß gegen 50 Ω, so daß diese Widerstände Hochfrequenz mäßig nicht ins Gewicht fallen.

Auswirkung der Offsetspannung

Was kann eine so kleine Offset-Spannung schon für Auswirkungen haben?  Nun, eine Messung mit dem Spektum-Analyzer zeigt ein "unerwartetes" Ergebnis.

Für diesen Test wurden beide Eingänge X1 und Y1 parallel über 50 Ω mit Masse verbunden und eine Cosinus-Spannung aus einem HF Generator mit Frequenz zwischen 1 MHz und 75 MHz eingespeist.

Zu erwarten war (wegen der Multiplikation) eine gemessene Linie zwischen 2 MHz und 150 MHz. Aber, es zeigte sich zusätzlich eine Linie bei 1 MHz bis 75 MHz und die fast so groß wie die Linie bei 2 MHz bis 150 MHz.
Was ist hier los? Multipliziert der Mixer nicht richtig? Ist dieser am Ende sogar fehlerhaft?

Nun, eine genauere Überlegung zeigt, daß die nicht erwünschte Linie infolge der Offsetspannungen entsteht.

Im Testfall ist also ux(t) = uy(t) = u(t) = cos(ωt) und ωx = ωy = ω. Damit wird mit den Offsetspannungen U0x und U0y:

w(t)= (U_{0x}+u(t))\cdot (U_{0y}+u(t)) = U_{0x}\cdot U_{0y} + (U_{0x}+U_{0y})\cdot \cos(\omega t) + \frac{1+\cos(2\omega t)}{2}

Wie man hieraus erkennt, müssen beide Offsetspannungen U0x und U0y zu Null gemacht werden, damit diese Linie bei ω verschwindet. 

Ein Offset-Abgleich ist beim Mixer-Modul zwar implementiert, aber nicht "gejumpert". Man muß also hier etwas ändern, damit der Offset abgeglichen werden kann.

Im Bild des geöffneten Mixer-Moduls (weiter oben) sind in rot 3 Rechtecke eingezeichnet. Hier interessieren die beiden für X2 und Y2 (links).

  • Für X2 muß der Jumper J2 geöffnet und der Jumper J1 geschlossen werden.
  • Für Y2 muß der Jumper J7 geöffnet und der Jumper J4 geschlossen werden.

(Die Lötklekse entfernt man mit einer Entlöt-Litze.)

Nun kann mit den Potentiometern RP1 bzw. RP3 der Offset eingestellt werden. Dabei ist folgende Vorgehensweise zu empfehlen. Die Signal-Quelle (HF Spannung) wird jetzt nur an jeweils einem Eingang angelegt, während der andere offen bleibt. (DC Verbindung ist trotzdem über die eingelöteten Widerstände vorhanden.) Am Potentiometer des offenen Eingangs kann nun jeweils die Linie bei ω minimiert werden. Das ist etwas "fummelig", weil die kleinen Trimmpotis eigentlich einen viel zu großen Einstellbereich haben.

Da die Trimmpotis 5 kΩ haben, liegen für die Offsetspannung beide Hälften parallel, was damit 1,25 kΩ Gleichstrom-Widerstand ergibt. Folglich ist je ein Widerstand von 1,25 kΩ als Überbrückungswiderstand für die X1 und Y1 Eingänge optimal, wie weiter oben schon gesagt wurde.

Die hochohmigen Tastspitzen

Im Prinzip wäre ja bereits der AD835 hochohmig, braucht jedoch einen DC Pfad nach Masse, was beim Abgleich von Radios ungünstig ist. Hochohmige Tastspitzen, die noch nicht einmal eine metallische Verbindung benötigen, sondern auf die Isolation der Drähte (für f Osz und f ZF) geklemmt werden können (siehe ganz oben das "Kurzschaltbild") hat ein Sammler-Kollege bereit gestellt. 

Der verwendete Schaltkreis MAX4012 wird mit +5V über eine Chinch-Buchse versorgt.

In dem Blid vom Meßaufbau ist links unterhalb des Zeitstempels ein schwarzes Kästchen (mit gelbem Punkt) zu sehen, das die Elektronik einer Tastspitze enthält. Zum "Abgreifen" der ZF bzw. der Oszillatorspannung kommt da eine Strippe heraus, die vorn dran einen roten Clip hat.

In diesem Bild ist zu sehen, daß der Clip zum Abgriff der ZF Frequenz an einem isolierten Draht angeklemmt ist.

Der Spektrum-Analyzer ist - im Unterschied zu einem Oszilloskop - so empfindlich, daß ein solcher, sehr Kapazitäts armer Abgriff völlig ausreicht.

 

Ähnlich sieht es beim Abgriff für die Oszillator-Spannung aus, wie im nächsten Bild zu sehen ist.

 

Da in diesem Fall kaum an die Stelle heran zu kommen ist, wo die Oszillator-Schwingung ansteht, wurde der Clip nur in die Nähe (oben auf dem Drehko) gebracht, was völlig ausreichend ist. 

Mit Hilfe des Mixer-Moduls ist es somit möglich, auch mit Hilfe eines Spektrum-Anylyzers einen Komplett-Abgleich eines Superhets durchzuführen.

MfG DR

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.