nordmende: 59/3D; Othello - Desaster beim Gehäuselackieren.

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ID: 192284
? nordmende: 59/3D; Othello - Desaster beim Gehäuselackieren. 
18.Jun.09 22:46
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André Kleeberg (D)
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André Kleeberg

Hallo liebes Forum, Hallo Herr Renz,

mit erheblichem Aufwand habe ich mir, nachdem ich erfolgreich die technische Instandsetzung abgeschlossen hatte, das Gehäuse meines Othello 59 zur Restauration vorgeknöpft.

Hier noch ein paar weitere Gründe für mein Vorgehen...

Nachdem ich zum Ende des 3. Abbeizdurchlaufs den Lack komplett entfernt hatte, behandelte ich das Gehäuse mit Nitroverdünnung nach, spachtelte und schliff es, bis es "glatt wie ein Kinderpopo" war, um es im Anschluss daran zu beizen, da sich herausstellte, dass die Helligkeitsunterschiede innerhalb des Furniers sehr drastisch ausfielen.

Danach verwendete ich Schnellschleifgrund von CLOU, der auf Lösungsmittelbasis aufgebaut ist. Ich trug diesen mit einer Rolle auf, schliff das Gehäuse erneut und wiederholte die Prozedur noch einmal, bis ich der Meinung war, das Gehäuse sei reif für den finalen Hochglanzlack.

Diese Mittelchen verwendete ich zur Gehäuserestauration

Nun war heute ein recht warmer Tag, der mir geeignet schien, das Gehäuse im Freien wegen der schädlichen Gerüche zu spritzen. Gesagt - getan: mit der Aerosol-Sprühflache aus dem Praktiker-Baumarkt begann ich die Oberseite zu benetzen. Nach ca. einer Minute begann die Oberfläche sich hell zu verfärben!

Logischerweise war ich bezüglich des Ergebnisses schlichtweg geschockt! Ich habe nach 2 Flächen meine Arbeiten eingestellt und wollte wissen, ob sich das Problem nach dem Trocknen möglicherweise auflöst - tat es nicht!

Nun bezeichne ich mich keineswegs als Holzrestaurator, will sagen, dass dies mein erster Versuch in diesem Umfang war. Aber der ging voll nach hinten los!

Jetzt aber die Frage an die Expertenrunde: Was hab ich hier falsch gemacht?
Verträgt sich der Schnellschleifgrund der Fa. CLOU, der offensichtlich auch auf Nitrobasis zusammengesetzt ist, nicht mit dem ebenfalls lösungsmittelhaltigen Klarlack aus der Sprühflasche? Leider gibt es auf den Behältnissen keinerlei Auskunft darüber, wie sich die Farbe zusammensetzt, so dass ich hier auf Hilfe angewiesen bin, welche Substanzen miteinander harmonieren. Reicht möglicherweise auch ein Schelllacküberzug auf das glattgeschliffene Gehäuse, um es zu neuem Glanz zu bringen?

Angesichts des Schadens, der hier entstanden ist, bleibt mir offenbar nur das komplette Abbeizen oder -schleifen des Lacks. Dies wirft mich um viele Stunden zurück!

Auch bin ich noch im Besitz eines anderen sprühbaren Klarlacks vom Toom-Baumarkt:

Möglicherweise ist dieser ja geeigneter als der vom Praktiker. Vielleicht hat jemand schon etwas ähnliches durchlebt und kann zu dieser Lacksorte Ausführungen machen.

Warum ich Spray verwende, dürfte klar sein: ich bin nicht im Besitz einer Spritzvorrichtung, die mit Druckluft arbeitet.

In der Hoffnung, dass mein Hilferuf nicht nur gelesen wird, verbleibe ich mit feundlichen Grüßen

André Kleeberg

 

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Kompatibilität 
19.Jun.09 13:02
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Rüdiger Walz (D)
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Rüdiger Walz

Ja, Herr Kleeberg, sie haben leider zwei nicht verträgliche Lacke erwischt. Die Frage, ob der Baumarktlack besser paßt läßt sich ohne Probe nicht beantworten.

Bei Hausmarken besteht oft das Problem, dass sich die Rezepturen je nach Wahl des Einkäufers ändert. Der billigste Anbieter bekommt oft den Zuschlag. Das heißt nicht, dass die Farben schlecht sind, ich habe auch schon positive Erfahrungen gemacht, aber beim nächsten Einkauf haben Sie u.U. eine andere Rezeptur in der Dose, oder aufgrund des Kostendrucks werden notwendige Additive weggelassen. Da liegt man bei Markenfirmen u.U. besser. Man sollte daher bei Lackaufbauten entweder auf einem Abfallbrett testen oder Lacke einer einzigen Firma nehmen, die meist aufeinader abgestimmt sind.

Die Schnellschleifgrundierung wurde angelöst und bildet dadurch die weißen Wolken. Das tritt besonders auf, wenn Sie den Spraylack sehr dick aufgetragen haben. Manchmal hilft, zu Beginn in wenigen dünnen Schichten aufzutragen und zwischendurch trocknen zu lassen, allerdings sieht man bei Spaydosen dann u.U. Sprayspuren.
Es bleibt nur abermals Abschleifen oder Abbeizen. Tut mir leid.

Grundsätzlich würde ich Ihnen den Aufbau mit Schellack nach der Anleitung von Herrn Renz empfehlen. Mit etwas Übung ist es gar nicht so schwer und der Glanz und Farbton passen besser zu alten Geräten. Bei Schellack haben Sie auf jeden Fall keine Probleme mit der Schnellschleifgrundierung, da der Alkohol im Schellack moderne Lacke nicht angreift. Im Extremfall läßt er sich leicht mit Brennspiritus wieder entfernen.

Rüdiger Walz

 

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Noch ein Rat zum Lackieren 
19.Jun.09 20:38

Robert Latzel (D)
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Robert Latzel

Hallo Herr Kleeberg,

Zusätzlich zu dem von Herr Walz Gesagten noch ein Rat:

Niemals unter freiem Himmel lackieren, auch nicht bei schönstem Sonnenschein!

Sie ahnen offenbar gar nicht, wie viel feiner Staub und Pollen in der Luft unterwegs ist - gerade bei Sonnenschein. Abgesehen von den vielen netten Fliegen und sonstigem Getier. Außerdem kann sich die Oberflächentrocknung sehr verschieden gestalten, und es kann auch gern passieren, daß die nächste Wolke schneller ist...

Fazit: So etwas kann man wirklich nur in einem sauberen, geschlossenen Raum, der auch nicht kurz vorher gelüftet wurde (Staubaufwirbelung) beginnen.
Die Dämpfe, die sich beim Lackieren entwickeln sind nicht gerade angenehm, und nebenbei auch nicht gesund - aber selbst das muß der Raum aushalten können (also nicht den Lagerraum für Lebensmittel dafür zweckentfremden) und dürfen (vielleicht nicht gerade den Bügelraum auswählen) - der Lackierende selbst kann sich entsprechend schützen.

Die Fenster und Türen des Lackierraumes müssen dicht schließen, und man sollte die Lackierarbeit auch lange genug trocknen lassen, bevor der Raum wieder betreten wird. Vorsichtiges Lüften ist erst nach vollständigem (!) Abtrocknen der Oberfläche angesagt. Sonneneinstrahlung sollte ebenfalls vermieden werden - ungleichmäßige Trocknungsergebnisse mit allen denkbaren Folgen sind sonst vorprogrammiert.

Viel Erfolg!

R. Latzel

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Lacke 
19.Jun.09 21:32

Konrad Birkner † 12.08.2014 (D)
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Konrad Birkner † 12.08.2014

Hallo Herr Kleeberg,

Nach meiner Erfahrung ist ein mehrfaches Auftragen und Schleifen des Schnellschleifgrundes bei harten Hölzern (Edelholz) unnötig, vorausgesetzt der Feinschliff vorher war einwandfrei.

Nach einmaligem Auftrag des Schnellschleifgrundes nur mit sehr feinem Schleifpapier (200) manuell zu arbeiten, hat sich bei mir bewährt. Auch feinste Stahlwolle (00) geht, aber Vorsicht bei hellen Hölzern. Und die Stahlwolle oft erneuern, damit sich nicht feinste Spänchen festsetzen.
 
Dann unbedingt für den Decklack (matt, seidenmatt oder hochglanz) bei der gleichen Marke bleiben, das ist am einfachsten. Clou hat ein breites Spektrum kompatibler Materialien. Die paar gesparten Cent beim Baumarktprodukt können teuer zu stehen kommen (wie sich zeigte). 

Am Besten ist es in jedem Fall, erst den Rat eines echten Spezialisten einzuholen (wofür lernt eigentlich ein Möbelschreiner 3-4 Jahre?). Martin Renz ist da wohl eine der ersten Adressen. Studieren Sie seine Beiträge zur Sache! Hier geht nämlich nicht probieren über studieren, sondern eher umgekehrt.

Viel Erfolg

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2. Versuch 
21.Jun.09 16:19

André Kleeberg (D)
Beiträge: 80
Anzahl Danke: 7
André Kleeberg

Vielen Dank für die hilfreichen Tipps, die ich unter Berücksichtigung der mir gegebenen Möglichkeiten befolgen werde.

Die Pechsträhne bereits überwunden, habe ich gestern den Lack mit Abbeizer beschichtet und über Nacht einwirken lassen, so dass ich das Gehäuse schon wieder sauber habe. Der Abbeizer war so freundlich und hat auch gleich meine gespachtelten Stellen mit bereinigt, so dass ich auch hier erneut Hand anlegen darf.

Wenn der Spachtel getrocknet ist, werde ich das Gehäuse, welches auch wieder heller geworden ist, glattschleifen und danach beizen, dieses Mal aber den Tipp von Herrn Birkner berücksichtigen und den Schnellschleifgrund ganz außen vor lassen. Danach gedenke ich zu lackieren.

Wenn alles vollbracht ist, werde ich selbstverständlich den Thread mit Fotos schmücken, sofern nicht wieder etwas dazwischenkommt ;-)

Freundliche Grüße an das Forum

André Kleeberg

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Mitgefühl... 
23.Jun.09 22:28

Jochen Amend (D)
Redakteur
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Jochen Amend

Sehr geehrter Herr KLeeberg,

mein Mitgefühl ist Ihnen gewiss. Ich selbst habe auch immer wieder Rückschläge in Sachen Lackauftrag hinnehman müssen. Aber ich finde es sehr gut, dass Sie Ihren vermeintlichen Misserfolg hier schildern. Andere Mitglieder lernen so aus Ihren Anstrengungen. Meine Beiträge zum Thema Lackaufbau finden Sie
HIER  
HIER
und
HIER

Auch kann ich nur betonen, die Beiträge von Herrn Martin Renz genau zu studieren. Nur deswegen habe ich mich an eine Schellackpolitur gewagt.

Ich wünsche Ihnen weiterhin gutes Gelingen.

Beste Grüße,

Jochen Amend

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Kombination von Lacken 
27.Jun.09 08:38

Martin Renz (D)
Ratsmitglied
Beiträge: 694
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Martin Renz

Hallo Her Kleeberg,

zunächst mein Mitgefühl für ihren Fehlschlag.

Sie haben wie Herr Walz sehr richtig bemerkte, 2 Lacke kombiniert, die dafür nicht geeignet sind. Zum Schnellschliffgrund von Clou passt der "Holzlack" aus dem selben Programm von Clou. Damit kann man durchaus ansehnliche Oberflächen erzielen, wenn man keine besonderen Ansprüche an die Haltbarkeit stellt. Beides sind Nitrocellulose-Kombilacke. Vorteil: sie sind leicht zu verarbeiten und entsprechen in der Zusammensetzung am ehesten einfachen Lacken, wie sie bei preiswerten Radios verwendet wurden. Solange die Geräte geschützt aufbewahrt werden, spricht nichts gegen eine Verwendung. Der Lack lässt sich später auch relativ leicht und schonend wieder entfernen.

Der Nachteil ist die geringe Festigkeit gegenüber Lösemitteln, was letztendlich auch zu den Problemen in ihrem Fall geführt hat.  Der Decklack hat die Grundierung angelöst, da sie für die dort verwendeten Lösemittel nicht resistent genug war.

Zum von Herrn Walz angesprochenen dicken Auftrag:

Das Ziel muss sein, einen möglichst dünnen Auftrag zu erzielen, der aber vollständig verläuft. Dies ist nicht einfach, da die Gehäuse auf Grund ihrer Form stets auch stehende Flächen haben, an denen der Lack sehr schnell herunterläuft, wenn man zu viel aufträgt. Trägt man zu wenig auf, bildet sich eine raue, manchmal orangenhautähnliche Oberfläche, die sehr unschön aussieht. In diesem Falle müssen alle Unebenheiten vollständig mit feinem Papier (220er) zurückgeschliffen werden und ein weiterer Auftrag erfolgen. (Trockenzeiten beachten, auch mehrmals möglich) Der Verlauf des Lackes hängt neben der Auftragsdicke auch von dem Anteil der Lösemittel ab, die ihm eventuell zugesetzt wurden und von der Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Es bedarf einiger Erfahrung, um das im Griff zu haben, weswegen Fachleute nicht gerne mit verschiedenen Lacksorten experimentiern, sondern bei einer bewährten Kombination bleiben.

Zum Auftrag draussen: Nutzen Sie möglichst die klare Luft an einem frischen Sommermorgen, am besten nach einem Regenschauer, dann haben Sie wenig Probleme mit Staub. Chinesische Lackpolituren werden traditionell auf einem Boot, drausen auf dem Meer aufgetragen... soweit müssen wir aber nicht gehen.

Ich wünsche viel Erfolg beim 2. Versuch

Martin Renz

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Gehäuse nun fertig 
04.Jul.09 23:32

André Kleeberg (D)
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André Kleeberg

Hallo liebe Radiofreunde,

es ist nun vollbracht:
nach zwei erneuten Versuchen und zwischenzeitlichem Überschleifen musste ich feststellen, dass ich mit meinen Möglichkeiten ganz einfach an Grenzen gestoßen bin. Das Lackieren der geraden Fläche oben stellt gewöhnlich kein größeres Problem dar. Jedoch das Lackieren der senkrechten Flächen hat mich fast zum Verzweifeln gebracht: Lackiert man so, dass keine Nasen laufen, ist die Oberfläche rauh, lackiert man kurz darauf erneut, so dass man ein optisch glattes Bild erhält, laufen auch schon wieder Nasen. Auch die Variante, an einem Tag die Oberseite und am nächsten Tag eine der senkrechten Seiten nach oben positioniert zu lackieren, führte nur dazu, dass die bereits gut lackierte Fläche ebenfalls Spritzer abbekam und an diesen Stellen stumpf blieb. Dazu kam, dass die Sprayflasche, gerade wenn sich der Inhalt dem Ende zuneigte, unkontrollierte großtröpfige Spritzer auf der Fläche platzierte, die auch nach dem Trocknen noch sichtbar blieben!

Mein Tipp: Hände weg vom Spray!

So bin ich letztendlich einen Kompromiss eingegangen und habe alle Flächen des Gehäuses mit Stahlwolle "0" und danach mit "000" geschliffen, bis ich die durch das Spritzen verdorbenen Stellen wieder glatt bekam, was den Glanz gleichmäßig verbleichen ließ.
Nun war wieder mein "Wundermittel" Metall Polish an der Reihe. Mit dieser Paste erreichte ich bei diesem Gehäuse sicherlich keinen Hochglanz, aber zumindest einen sehr guten Seidenglanz. 

Wenn ich hier jedoch den Aufwand ins Verhältnis zum Nutzen setze, wäre ich sicherlich besser gefahren, wenn ich einen Schreiner mit der Lackierung des Gehäuses beauftragt hätte.

An dieser Stelle nochmals vielen Dank für die Tipps und Hinweise in diesem Thread. Auf alle Fälle habe ich hier in mehrfacher Hinsicht meine Lektion(en) bekommen.

Freundliche Grüße

A. Kleeberg
 

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