Funksendestelle Putbus (Insel Rügen)

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Funksendestelle Putbus (Insel Rügen) 
17.Aug.25 16:22
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Heute lade ich Sie auf Deutschlands größte Insel, die Insel Rügen ein.

Ein herzliches Dankeschön an Herrn Gebler von Rügendruck Putbus für die Bereitstellung der Karte von der Insel . Unten nochmal ein Detail, wo der Ort Putbus besser zu sehen ist.

Die Insel können Sie über den Rügendamm mit Fahrzeug erreichen und wer es gemütlicher haben will, der fährt mit dem "Rasenden Roland", eine mit Spurweite 750 mm Schmalspurbahn die seit 1895 verkehrt und durchschittlich mit 30 kmh über die Insel braust. 

Foto: privat. Bild vom Bahnhof Göhren v.09.08.2025

Nach wie vor fahren die Lokomotiven mit Steinkohle. In der DDR kam diese aus dem Zwickauer Revier und Freital. Als am 10. September 1987  Erich Honecker mit dem Saarländischen Ministerpräsidenten  Oskar Lafontaine in Saarbrücken zusammentraf, vereinbarte man Steinkohlelieferungen aus dem Saarland. Nachdem nun auch die letzte Deutsche Zeche geschlossen wurde, blieb die Lieferung aus Rußland der günstigste Rohstoffweg. Inzwischen legt aber in Rostock kein Schiff mit Russischer Steinkohle mehr an, diese kommt jetzt aus Neuseeland.... Das Erlebnis mit einer Dampflok zu fahren, bleibt den Besuchern erhalten.

                        

Hier noch ein Kartenausschnitt , der Sender Putbus wurde am Krähenberg auf einem Feld in etwa 25 m über dem Meeresspiegel aufgebaut. 

Sehr bemüht habe ich mich Daten zur Inbetriebnahme, zur Errichtung des selbststrahlenden und nebenschlußgeerdeten  50 m hohem Sendemast mit Dachkapazität zu erhalten. Leider bisher erfolglos. Es könnte jedoch sein, daß gar keine Baugenehmigung erforderlich war, da es sich um einen standardisierten Mast handelte.

Es wurde alles in Bewegung gesetzt, um das Projekt "Radio DDR Ferienwelle Rostock", geplant ursprünglich ab 1.Mai 1967 zu starten. Tatsächlicher Sendebeginn soll in Rostock der 15.Mai und in Putbus der 16.Mai 1967 gewesen sein.
Dafür standen zunächst nur die zwei Sender zur Verfügung. Später wurde wurde dann in Marlow ein UKW- Sender installiert. 

In Rostock Ortsteil Diedrichshagen war ein mobiler 20kW Sender stationiert . Er sendete auf der Frequenz Mittelwelle 899 kHz  und nach Putbus kam ebenfalls eine mobile Sendeanlage, Frequenz 1052 kHz (übrigens gleiche Frequenz mit Suhl, dort Programm Radio DDR 1 !) . 

Wir wollen uns in diesem Beitrag mit der Putbuser Anlage näher beschäftigen. 

Die Umsetzung dieser mobilen 5 kW Mittelwellen-Sendeanlage mit der Nummer 6412 erfolgte durch das Funkamt Leipzig am 18.04.1967 nach Putbus, Am 16.05.begann dann über den Sender in Putbus der Sendebetrieb des Saisonprogrammes. Um 6,05 Uhr ging es los, um 20,00 Uhr endete das Tagesprogramm. 

 Hier kommt die mobile Technik auf dem Senderstandort in Putbus an. Zugfahrzeuge sind G5-LKW , Hersteller VEB "Ernst Grube" Werdau. Vorn links mit Büro- und Lagerwagen, rechts der Senderwagen mit Anlage 6412 und Sender- Abstimmmittel.

Senderwagen mit Ballempfangsantenne . Im Hintergrund der 50 m Sende-Mast.

Nochmal zum Mast. Der musste ja aufgebaut sein. Hier steht der spätere Leiter der Funksendestelle Putbus, Wolfgang Schnauber, bei der Karoffelernte im Spätsommer 1967 auf einem Pardunen-Koffer.

Freigabe des Bildes mit freundlicher Genehmigung von Herrn Schnauber.

Es handelt sich um eine auf ebener Erde aufgestellte Winkelstahl-Konstrukion von etwa 3 m³, die innen  mit Holzbohlen ggf. auch Zementplatten verkleidet und mit ca. 3 t Erdreich befüllt wurde. 

Das sogenannte Antennen-Gegengewicht besteht aus einem radial in gleichmäßigen um den Antennenfußpunkt verlegtem Erdnetz, um die für gute Abstrahlbedingungen notwendige Bodenleitfähigkeit herzustellen bzw. den Antennenverlustwiderstand möglichst gering zu halten und damit einen hohen Antennenwirkungsgrad zu erzielenl.  So kam es hier in Putbus zur Anwendung.

 Es könnte also sein, daß für diesen mobilen Mast in der DDR  gar keine spezielle Standortgenehmigung erteilt werden musste. 

Die Farbaufnahmen stammen aus dem Jahr 2012. Bis dahin wurde der Mast so genutzt. Fotos: Ihle   Im ersten Jahr und auch 1968 wurde der Sender nur für das Programm der Radio-DDR-Ferienwelle genutzt.

In den Jahren 1967/68 startete das Programm Montags bis Freitags 6,00 Uhr und endete 20,00 Uhr 

An Sonnabenden war bereits 14,00 Uhr und Sonntag 18,00 Uhr Programmschluß. In den Folgejahren wurde der Programmbeginn des Ferienwellen-Programmes auf 5,00 Uhr vorverlegt.

Es gab übrigens auch Nachrichten in Tschechisch/Slowakisch von Montag bis Freitag immer 12,00 Uhr  und  sogar in Schwedisch ebenfalls Montag bis Freitag um 14,50 Uhr.  Damit wollte man sicher auch die Attraktivität des Urlaubsgebietes Ostseeküste verbessern.

Die zunächst zwei Mittelwellensender waren naheliegend, der Großteil der Urlauber und Feriengäste am Ostseestrand verfügte über AM- Empfänger, ein leistungsstarker UKW - Sender war auch anfangs nicht verfügbar, wurde jedoch in Marlow später installiert. 

Als es in den 50iger und 60iger Jahren Mode wurde, die berühmten RFT-Lautsprechersäulen an den Stränden aufzustellen, plärrten diese z.T ganztägig Informationen, die den Urlaubern auf die Nerven gingen. Da half nur Ohropax oder Untertauchen. 

RFT Lautsprechersäule 1962 am Strand von Prora, Foto Zobler Binz, vielen Dank. 

Zurück zum Sender in Putbus: 

 Ab April ganzjähriger Sendebetrieb mit dem Programm von Radio DDR1 und dann ab 1.5.68 bis 30.09.68 mit der Radio DDR Ferienwelle. 

Im April 1969 wurde die mobile Funkstelle durch das Funkamt Schwerin übernommen und zugeordnet der Funkstelle Greifswald. Miarbeiter aus Greifswald wurden in Putbus eingesetzt und es wurden auch Arbeitskräfte vor Ort gewonnen.

Für die SM-5-Anlage 6412 kam nun die SM-5-Anlage 5308 zum Einsatz.

In diesem Jahr wurde eine Senderhalle ( Ruhlandtonne, eine Stabnetzwerktonne 17 x 30 m) errichtet.  Zunächst wurde in dieser Halle die mobile Sendeanlage geschützt untergestellt, dann die stationäre aufgebaut. 

Ich fragte in Ruhland bei der Firma "Lausitzer Stahlbau Ruhland GmbH" an und erhielt postwendend ein freundliches Antwortschreiben mit einem Satz Bau-Zeichnungen:

Sehr geehrter Herr Lill,

der Wandaufbau (Fenster- Wand-Tür/Tor) scheint mir eher individuell gestaltet, aber es gab sicher auch andere Standardausführungen, als mir bekannt sind – da gab es viel Entwicklung während der Laufzeit des Tonnen-Baus. Die Stahlkonstruktion im Inneren ist jedoch mit großer Sicherheit eine Ruhlander Tonne. Die Dachdeckung sieht auch original aus.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Peter Rohde

Zunächst wurde der Schichtdienst durch Mitarbeiter aus Greifswald durchgeführt, welche die neu eingestellten Kollegen in Putbus in die Bedienung der Technik einwiesen. Bereits ab Oktober wurde die Bedienung von den Putbuser Kollegen selbständig durchgeführt.

Ab Anfang 1970 wurde als Objektverantwortlicher der Mitarbeiter Herr Freese eingesetzt. 

In der Folgezeit wurden umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt wie

-Sicherheitsraum mit Sicherheitsbeleuchtung

-Wachhäuschen

-Überwachungskabine und Kulturraum

-Tanklager

-PKW-Garagen

Zur Verbesserung der Betriebssicherheit wurde das HF-Kabel in Kabelformsteinen verlegt  und eine Überwachungsautomatik installiert.

Nachdem anfangs die Betriebsfahrten mit dem Fahrrad erfolgten, später dann mit einem Moped , steht inzwischen ein TRABANT 601 Kombi zur Verfügung

(Beispielfoto , Museumsstiftung Post und Telekommunikation)

Für dieses Fahrzeug wurde auch eine Garage gebaut und die Zufahrt asphaltiert..  

Es ging weiter mit Baumaßnahmen; ein Masttrafo 160 KVA und der Sicherheitszaun mit Beleuchtung wurde aufgebaut.

Am 23.11.1978 trat der Genfer Wellenplan in kraft, geführt wurde die Frequenz unter Greifswald 729 kHz , maximal zulässig 10 kW. Offensichtlich hat man funkamtsintern dann diese Frequenz Putbus zugewiesen. Die mögliche Leistungserhöhung auf die 10 kW erfolgte jedoch nicht. 

Im Jahre 1979 wurde ein SM6 Störsender bei Demmin abgebaut und nach Putbus überführt. Es wurde nach Umbau ab 30.11.1981 als Reservesender genutzt. 

Auch das Notstromaggregat wurde ständig vorgehalten um im Falle eines Stromausfalles weitersenden zu können.

Bis zum Saisonbeginn Mai 1982 erfolgte kurzfristig der Aufbau und die Inbetriebnahme von 2  Stück 1 kW UKW Sendern.Die Radio DDR Ferienwelle sendete nun auch über UKW 88,6 MHz von Putbus aus Der zweite UKW- Sender strahlte das Programm Radio-DDR 2 aus auf 91,5 MHz. 

Hier eine Bemerkung von meiner Seite. In mehreren Ausarbeitungen ist zu lesen, daß die UKW-Sender in erster Linie für das Gästeheim des Ministerrates der DDR auf der Insel Vilm installiert wurden. Ich halte solche Aussagen für nicht zutreffend, da dort in die Ferienhäuser die UKW-Programme über eine Kabelanlage zugeführt wurden.  Es ging hier tatsächlich um die Versorgung von der Insel Rügen mit UKW. Seit 1968 lief in der DDR die Produktion, angefangen beim Stern-Elite auf Hochtouren.

Foto: Ingolf Pabst

Dazu war es notwendig einen zweiten Mast zu errichten. Dieser ist ebenfalls 50 m hoch. Es ist ein Gittermast als UKW-Antennenträger.

Foto: Ihle

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