Funksendestelle Putbus (Insel Rügen)
Funksendestelle Putbus (Insel Rügen)

Heute lade ich Sie auf Deutschlands größte Insel, die Insel Rügen ein.
Ein herzliches Dankeschön an Herrn Gebler von Rügendruck Putbus für die Bereitstellung der Karte von der Insel . Unten nochmal ein Detail, wo der Ort Putbus besser zu sehen ist.
Die Insel können Sie über den Rügendamm mit Fahrzeug erreichen und wer es gemütlicher haben will, der fährt mit dem "Rasenden Roland", eine mit Spurweite 750 mm Schmalspurbahn die seit 1895 auf RÜGEN verkehrt und durchschittlich mit 30 kmh über die Insel braust.
Foto: privat. Bild vom Bahnhof Göhren v.09.08.2025
Nach wie vor fahren die Lokomotiven mit Steinkohle. In der DDR kam diese aus dem Zwickauer Revier und Freital. Als am 10. September 1987 Erich Honecker mit dem Saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine in Saarbrücken zusammentraf, vereinbarte man Steinkohlelieferungen aus dem Saarland. Nachdem nun auch die letzte Deutsche Zeche geschlossen wurde, blieb die Lieferung aus Rußland der günstigste Rohstoffweg. Inzwischen legt aber in Rostock kein Schiff mit Russischer Steinkohle mehr an, diese kommt jetzt aus Neuseeland.... Das Erlebnis mit einer Dampflok zu fahren, bleibt den Besuchern erhalten.
Hier noch ein Kartenausschnitt , der Sender Putbus wurde am Krähenberg auf einem Feld in etwa 25 m über dem Meeresspiegel aufgebaut.
Sehr bemüht habe ich mich Daten zur Inbetriebnahme, zur Errichtung des selbststrahlenden und nebenschlußgeerdeten 50 m hohem Sendemast mit Dachkapazität zu erhalten. Leider bisher erfolglos. Es könnte jedoch sein, daß gar keine Baugenehmigung erforderlich war, da es sich um einen standardisierten Mast handelte.
Es wurde alles in Bewegung gesetzt, um das Projekt "Radio DDR Ferienwelle Rostock", geplant ursprünglich ab 1.Mai 1967 zu starten. Tatsächlicher Sendebeginn soll in Rostock der 15.Mai und in Putbus der 16.Mai 1967 gewesen sein.
Dafür standen diese zwei MW-Sender zur Verfügung. In Marlow wurde das Programm auch über UKW- Sender auf der Frequenz 91,05 MHz gesendet.
In Rostock Ortsteil Diedrichshagen war ein mobiler 20kW Sender stationiert . Er sendete auf der Frequenz Mittelwelle 899 kHz und nach Putbus kam ebenfalls eine mobile Sendeanlage, Frequenz 1052 kHz (übrigens gleiche Frequenz mit Suhl, dort Programm Radio DDR 1 !) .
Wir wollen uns in diesem Beitrag mit der Putbuser Anlage näher beschäftigen.
Die Umsetzung dieser mobilen 5 kW Mittelwellen-Sendeanlage mit der Nummer 6412 erfolgte durch das Funkamt Leipzig am 18.04.1967 nach Putbus, Am 16.05.begann dann über den Sender in Putbus der reguläre Sendebetrieb des Saisonprogrammes. Um 6,05 Uhr ging es los, um 20,00 Uhr endete das Tagesprogramm.
Hier kommt die mobile Technik auf dem Senderstandort in Putbus an. Zugfahrzeuge sind G5-LKW, Hersteller VEB "Ernst Grube" Werdau. Vorn links mit Büro- und Lagerwagen, rechts der Senderwagen mit Anlage 6412 und die Sender- Abstimmmittel.
Senderwagen mit Ballempfangsantenne . Im Hintergrund der 50 m Sende-Mast.
Nochmal zum Mast. Der musste ja aufgebaut sein. Hier steht der spätere Leiter der Funksendestelle Putbus, Wolfgang Schnauber, bei der Karoffelernte im Spätsommer 1967 auf einem Pardunen-Koffer.
Freigabe des Bildes mit freundlicher Genehmigung von Herrn Schnauber.
Es handelt sich um eine auf ebener Erde aufgestellte Winkelstahl-Konstrukion von etwa 3 m³, die innen mit Holzbohlen ggf. auch Zementplatten verkleidet und mit ca. 3 t Erdreich befüllt wurde.
Das sogenannte Antennen-Gegengewicht besteht aus einem radial in gleichmäßigen um den Antennenfußpunkt verlegtem Erdnetz, um die für gute Abstrahlbedingungen notwendige Bodenleitfähigkeit herzustellen bzw. den Antennenverlustwiderstand möglichst gering zu halten und damit einen hohen Antennenwirkungsgrad zu erzielenl. So kam es hier in Putbus zur Anwendung.
Es könnte also sein, daß für diesen mobilen Mast in der DDR gar keine spezielle Standortgenehmigung erteilt werden musste.
Die Farbaufnahmen stammen aus dem Jahr 2012. Bis dahin wurde der Mast so genutzt. Fotos: Ihle Im ersten Jahr und auch 1968 wurde der Sender nur für das Programm der Radio-DDR-Ferienwelle genutzt.
In den Jahren 1967/68 startete das Programm Montags bis Freitags 6,00 Uhr und endete 20,00 Uhr
An Sonnabenden war bereits 14,00 Uhr und Sonntag 18,00 Uhr Programmschluß. In den Folgejahren wurde der Programmbeginn des Ferienwellen-Programmes auf 5,00 Uhr vorverlegt.
Es gab übrigens auch Nachrichten in Tschechisch/Slowakisch von Montag bis Freitag immer 12,00 Uhr und sogar in Schwedisch ebenfalls Montag bis Freitag um 14,50 Uhr. Damit wollte man sicher auch die Attraktivität des Urlaubsgebietes Ostseeküste noch verbessern.
Die zunächst zwei Mittelwellensender waren naheliegend, der Großteil der Urlauber und Feriengäste am Ostseestrand verfügte über AM- Empfänger, ein leistungsstarker UKW - Sender war auch anfangs nicht verfügbar, wurde jedoch in Marlow später installiert.
Als es in den 50iger und 60iger Jahren Mode wurde, die berühmten RFT-Lautsprechersäulen an den Stränden aufzustellen, plärrten diese z.T ganztägig Informationen, die den Urlaubern auf die Nerven gingen. Da half nur Ohropax oder Untertauchen.
RFT Lautsprechersäule 1962 am Strand von Prora, Foto Zobler Binz, vielen Dank.
Zurück zum Sender in Putbus:
Ab April ganzjähriger Sendebetrieb mit dem Programm von Radio DDR1 und dann ab 1.5.68 bis 30.09.68 mit der Radio DDR Ferienwelle.
Im April 1969 wurde die mobile Funkstelle durch das Funkamt Schwerin übernommen und zugeordnet der Funkstelle Greifswald. Miarbeiter aus Greifswald wurden in Putbus eingesetzt und es wurden auch Arbeitskräfte vor Ort gewonnen.
Für die SM-5-Anlage 6412 kam nun die SM-5-Anlage 5308 zum Einsatz.
In diesem Jahr wurde eine Senderhalle ( Ruhlandtonne, eine Stabnetzwerktonne 17 x 30 m) errichtet. Zunächst wurde in dieser Halle die mobile Sendeanlage geschützt untergestellt, dann die stationäre aufgebaut.
Ich fragte in Ruhland bei der Firma "Lausitzer Stahlbau Ruhland GmbH" an und erhielt postwendend ein freundliches Antwortschreiben mit einem Satz Bau-Zeichnungen:
Sehr geehrter Herr Lill,
der Wandaufbau (Fenster- Wand-Tür/Tor) scheint mir eher individuell gestaltet, aber es gab sicher auch andere Standardausführungen, als mir bekannt sind – da gab es viel Entwicklung während der Laufzeit des Tonnen-Baus. Die Stahlkonstruktion im Inneren ist jedoch mit großer Sicherheit eine Ruhlander Tonne. Die Dachdeckung sieht auch original aus.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Rohde
Zunächst wurde der Schichtdienst durch Mitarbeiter aus Greifswald durchgeführt, welche die neu eingestellten Kollegen in Putbus in die Bedienung der Technik einwiesen. Bereits ab Oktober wurde die Bedienung von den Putbuser Kollegen selbständig durchgeführt.
Ab Anfang 1970 wurde als Objektverantwortlicher der Mitarbeiter Herr Freese eingesetzt.
In der Folgezeit wurden umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt wie
-Sicherheitsraum mit Sicherheitsbeleuchtung
-Wachhäuschen
-Überwachungskabine und Kulturraum
-Tanklager
-PKW-Garagen
Zur Verbesserung der Betriebssicherheit wurde das HF-Kabel in Kabelformsteinen verlegt und eine Überwachungsautomatik installiert.
Nachdem anfangs die Betriebsfahrten mit dem Fahrrad erfolgten, später dann mit einem Moped , stand inzwischen ein TRABANT 601 Kombi zur Verfügung
(Beispielfoto , Museumsstiftung Post und Telekommunikation)
Für dieses Fahrzeug wurde auch eine Garage gebaut und die Zufahrt asphaltiert..
Es ging weiter mit Baumaßnahmen; ein Masttrafo 160 KVA und der Sicherheitszaun mit Beleuchtung wurde aufgebaut.
Am 23.11.1978 trat der Genfer Wellenplan in Kraft, geführt wurde die Frequenz unter Greifswald 729 kHz , maximal zulässig 10 kW. Offensichtlich hat man funkamtsintern dann diese Frequenz Putbus zugewiesen. Die mögliche Leistungserhöhung auf die 10 kW erfolgte jedoch nicht.
Im Jahre 1979 wurde ein SM6 Störsender bei Demmin abgebaut und nach Putbus überführt. Er wurde nach Umbau ab 30.11.1981 als Reservesender genutzt.
In der Halle wurden die MW-Sender aufgestellt.
Herr Schnauber schreibt mir dazu:
"Die stationär gemachte 5 kW-Sendeanlage rechts und die 2 x 2 kW-Sendeanlagen (alt bzw. SM6-Störsender) sowie zwei 1kW-MW-Sendeanlagen von Tesla auf der linken Seite des in der Sendehalle eingebauten Senderaumes für die MW-Sendeanlagen."
Auch das Notstromaggregat wurde ständig vorgehalten um im Falle eines Stromausfalles weitersenden zu können.
Bis zum Saisonbeginn Mai 1982 erfolgte kurzfristig der Aufbau und die Inbetriebnahme von 2 Stück 1 kW UKW Sendern.Die Radio DDR Ferienwelle sendete nun auch über UKW 88,6 MHz von Putbus aus Der zweite UKW- Sender strahlte das Programm Radio-DDR 2 aus auf 91,5 MHz.
Hier eine Bemerkung von meiner Seite. In mehreren Ausarbeitungen ist zu lesen, daß die UKW-Sender in erster Linie für das Gästeheim des Ministerrates der DDR auf der Insel Vilm installiert wurden. Ich halte solche Aussagen für nicht zutreffend, da dort in die Ferienhäuser die UKW-Programme über eine Kabelanlage zugeführt wurden. Es ging hier tatsächlich um die Versorgung von der Insel Rügen mit UKW. Seit 1968 lief in der DDR die Produktion, angefangen beim Stern-Elite auf Hochtouren.
Foto: Ingolf Pabst, erstes Großserienkofferradio der DDR Stern Elite
Dazu war es notwendig einen zweiten Mast zu errichten. Dieser ist ebenfalls 50 m hoch. Es ist ein Gittermast als UKW-Antennenträger. Hier ein Montagefoto aus der Sammlung von Herrn Schnauber.
Montage des 75m hohen Antennenträgers für die 6 neuen UKW-Sender der FuStelle Putbus 1988 3 Fotos Schnauber
Hier ist der zweite 50m Gittermast als Antennenträger für die zwei 1kw-Ukw-Sender (88.6 und 91.5Mhz) links neben dem gerade im Bau befindlichen 75m Antennenträger zu sehen.
Im Juni1982 konnte die Ferienwelle durch die Nachschaltung einer leistungsstärkeren UKW- Endstufe (10 kW-FWB) bereits mit 3 kW (mono) abgestrahlt werden.
Die Funkstelle Putbus/Greifswald wurde im Rahmen der territorialen Integration im Jahre 1984 vom Funkamt Schwerin dem Funkamt Rügenradio mit Sitz in Glowe ( Rügenradio: Funkempfangsstelle war in Glowe und die Sender in Lohme ) zugeordnet.
Neben der Ferienwelle in der Saison produzierte man im Funkhaus in Rostock ein Regionalprogramm. Dieses wurde nun auch im Winterhalbjahr über die Putbuser Sender ausgestrahlt.
Im Jahre 1986 wird die Funkstelle Putbus eine selbstständige Betriebsstelle. Der Funkstellenleiter ist Herr Schnauber.
Der Standort sollte optimal weiter ausgebaut werden:
1987 wird die Betriebsstelle erweitert durch den 1.Baubschnitt 104 MHz. Es werden zwei Stück 3kW-UKW-Sender der polnischen Firma ZARAT eingesetzt.
Die bis dahin betriebenen 1 kW-UKW-Sender wurden als Reservesender weiterhin vor Ort gehalten. Die Programmzeiten für die zwei UKW und den MW-Sender waren nun täglich ca. 68 Stunden.
Im Jahre1989 wurde die mobile 5 kW-Mittelwellensenderanlage aus der Ruhlandtonne gefahren, um Baufreiheit für den massiven Ausbau der Halle und auch dem stationären Einbau der MW-Sendeanlage zu schaffen. Im November 1989 war auch die Richtfunk-Strecke zwischen den Funkstellen Marlow und Putbus als TON-Zubringer für die UKW-Sender in Betrieb.
Wir haben 1989 folgenden laufenden Senderbetrieb:
Im Jahre 1990 sind 5 UKW-Programme und ein Reservesender noch realisiert worden in Putbus.
Eine erste Teststrahlung mit allen UKW-Sendern über den 75 m hohen UKW-Antennenträger ergab für das Nahfeld der Funkstelle Putbus ( Putbus und angrenzende Dörfer ) unerwünschte Nebenwellen, die zu erheblichen Störungen des DDR-Fernsehens DFF1 und DFF2 führten sowie zu einer totalen Unbrauchbarkeit des Rundfunkprogrammes im Band II, sobald eine UKW-Empfangsantenne benutzt wurde.
Mod-Übergabe und Ballempfangsgestell für MW und 6 UKW-Sender Foto von 1994, wenn der Richtfunk ausfiel ging es über Ballempfang weiter. Sammlung Ihle
Da darüber hinaus die Hörgewohnheiten der Bevölkerung bei UKW- Fernempfang beeinträchtigt wurden, kam es zu Protesten und letztendlich zur NICHGENEHMIGUNG der planmäßigen Inbetriebnahme der neuen UKW-Sender in der Funkstelle Putbus 1990. Diese gingen jedoch mit reduzierter Sendeleistung in Betrieb.
Noch bis 1995 wurden von der Firma Rohde & Schwarz zwei UKW-Sender SU115 für die Frequenz 105,1 MHz , Programm Antenne Vorpommern, errichtet und in der Funkstelle Putbus in Betrieb genommen.
Im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung wurden den Sendern im Laufe des Jahres 1990 neue Programme zugeordnet.
Nach Garz bei Bergen, dem neuen Sendezentrum der Insel Rügen (Grundnetzsender), sind diese dann umgesetzt worden. Im Jahre 1995 wurde die Funkstelle Putbus für UKW ausser Betrieb genommen. Die alte MW-Sendetechnik wurde ebenfalls demontiert.
Hier nochmal ein Farbbild vom letzten Mittelwellensender aus dem Jahre 1995 Foto Schnauber
Auch ein Übersichtsplan Stand 6/1994 ist noch aufbewahrt worden. Für unsere Profis sicher interessant.
2 Fotos von der Sendeanlage in Garz allerdings vom August 2025 beide Bilder von privat - danke-
abgespannter Stahlfachwerkmast 190 m hoch
Alle UKW-Programme sind nun in stereo zu hören.
Bleiben wir noch in Garz; das ist auch im Jahre 2025 noch das Sendezentrum für die Insel Rügen, sowohl Fernsehen als auch UKW-Rundfunk und Digitalradio wird von diesem Standort gesendet.
Der NDR nutzte die Mittelwellen- Frequenz in Putbus für sein NDR 4, heute NDR info-Programm noch bis 1996. Der Sender wurde wegen der flächendeckenden UKW-Versorgung dann abgeschaltet und neu ausgeschrieben. Der Gewinner der Ausschreibung startete jedoch nicht mehr über diesen Sender.
Der damalige Eigentümer die Deutsche Telekom rüstete den Sender Putbus für DRM Betrieb um und begann ab 2001 mit Testsendungen.
Sendercontainer Telefunken und Sender TRAM 10
3 Fotos aus der Sammlung Ihle
Zur 77.Funkausstellung in Berlin vom 29.8. bis 3.9.2003 lief der Sender in Putbus digital im DRM Modus mit Programm vom Deutschlandfunk. Bis 2010 wurde Deutschlandradio Kultur über diesen Sender übertragen. Leider hat sich diese AM-Digitalradio nicht durchgesetzt.
Ich persönlich bedaure das sehr, ich hatte Gelegenheit solch ein Programm zu empfangen und ich war positiv überrascht, was mit wenig Energie über weite Entfernungen möglich ist.
Im Jahre 2012 wurde der MW-Sendemast zurückgebaut. Hier nochmal beide Masten.
Leider habe ich von den Demontagearbeiten des MW-Mastes kein Foto. Sollte es jemand in Putbus fotografiert haben, wäre ich für eine Info dankbar.
Hier noch einige Bilder aktuell vom August 2025
Der zuletzt errichtete 75 m Mast dient heute noch dem Mobiltelefon, soll jedoch in nächster Zeit um vermutlich etwa 30 m zurückgebaut werden.
Objektsicherung einmal anders.
Die Ruhland-Tonne macht noch einen guten Eindruck. Man könnte sicher überlegen, wie die weitere Nutzung aussehen könnte. Nördlich befindet sich ein ehemaliges NVA- Objekt, heute Bundeswehr.
die aktuellen Fotos sind von privat - vielen Dank -
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.