NF-Endstufen mit Transistoren vorzugsweise in Portables

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NF-Endstufen mit Transistoren vorzugsweise in Portables 
21.Dec.16 11:39
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Rudolf Drabek (A)
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Rudolf Drabek

Summary: Transistorisierte Endstufen in Portables erschienen mit dem Regency TR1 und lassen sich in vier Entwicklungsschritten zeigen.

 Klasse A- Endstufen                                                       Beispiel TR1, B5W32AT

 Gegentaktendstufen Klasse B in zwei Ausformungen:
       Ohne Ausgangstransformator                                L3A72T, Hea Trixi u.a.
       Mit Ausgangsransformator                                      Sony TR610, Regency TR99
       In Europa mit PNP Transistoren ausgeführt.

       Eisenlose Endstufen                                              03RL371 u.a. mit PNP, NPN Transistoren
       Integrierte Endstufen IC‘s                                      LM386  und viele andere

Alle beschriebenen Modelle sind im RM angelegt. Digitalendstufen mit geringer Verlustleistung, wie oft in Autoradios verwendet, werden hier nicht behandelt.

Eintakt, Klasse A Endstufe mit Beispiel Regency TR1

 Bild 1      

Wie bekannt kann max. 50% der Verlustleistung als Nutzausgangsleistung erzielt werden. Beim Regency TR1 also max:  Vb-Ve = 20V bei 2 mA ist 40 mW. Output also 20 mW maximal. Es treten keine Übergangsverzerrungen auf. Mit wachsender Ausgangsleistung wird also die Verlustleistung reduziert. Genauere Beschreibung ab Modell TR1.

Alle folgenden Verstärker sind Gegentaktendstufen.
Anmerkung: diese Ausführungen haben nur noch historischen Wert und sind nur für die vielen Modelle im RM interessant. Es sind vielleicht interessante Details dabei  wie man früher dimensioniert hat. Möglicherweise  zu detailliert.

Endstufen ohne Ausgangstransformator z.B. wie im Philips L3A72T

 

Bild 2

Meist wurden zwei Flachbatterien mit je 4,5 V verwendet. Die Lautsprecherimpedanz wurde je nach gewünschter Ausgangsleitung gewählt. Etwas vereinfacht, Spannungsabfälle an R27 und R28, sowie Kniespannung vernachlässigt sind also, entsprechend der Batteriespannung max. Vb als Vss am Lastwiderstand = Lautsprecher verfügbar. Meist wurde ein 24 Ω Lautsprecher verwendet. Die Ausgangsleistung ist dann (Vss/(2√2))²/Rl = Vb²/8Rl verfügbar. Also 420 mW.
Die Ausgangsleistung wurde meist für einen Klirr von 10% angegeben, was mit den oben erwähnten Vernachlässigungen real dann zu messen war.

Diese Variante spart den Ausgangstranformator ein, jedoch ist eine Mittelanzapfung der Battierie erforderlich.
Beim gezeigten Modell ist keine Stabilisierung des Ruhestromes über Batteriespannung als auch Temperatur der Endstufe vorgesehen. Was bei abgesunkener Speisung zu Übernahmeverzerrungen führen kann, wie später noch gezeigt wird.

Endstufen mit Ausgangstransformator Sony TR610 , Bild3

 

Es ist keine Mittelanzapfung der Batterie erforderlich und man hat freie Wahl der Lautsprecherimpedanz. Bei sehr kleinen Batteriespannungen wie z.B. bei den Emperormodellen mit 1,5 V ist diese Schaltung die richtige Wahl.
Das Übersetzungverhältnis des Ausgangsübertragers richtet sich nach der Vorgabe, dass ja sekundär und primär, Verluste vernachlässigt, die gleiche Leistung auftritt.

Bekannt ist auch die max. Spitzenspannung auf der Primärseite mit Vss = 2VBat
Die Spitzenspannung am Lautsprecher ist via die gewünschte Ausgangsleistung ja als Spezifikationswert bekannt.
Damit erscheint die Lautsprecherimpedanz mit dem Quadrat dieses Verhältnisses an der Primärseite des Ausgangstransformators und ergibt den Spitzestrom für die Endstufentransistoren.
Dieser Wert wiederum muss um die, laut Datenblatt minimale Stromverstärkung der Transistoren von der Treiberstufe über den Treibertrafo geliefert werden.

Dieser Transformator arbeitet sozusagen als Stromwandler. Ist der Kollektorstrom der Treiberstufe so eingestellt, dass der erforderliche Basisstrom für die Endstufe geliefert werden kann so wird man das Übersetzungsverhältnis 1:1+1 wählen dürfen.
Will man Strom sparen, als auch eine hohe Verstärkung der Treiberstufe erreichen, so wird man praktischerweise bis zu 1:0,2 +0,2 gehen.

Übrigens, wie bekannt, brauchen Stromwandler eine Bürde, die in der Leistungselektronik unbedingt vorhanden sein muss, sonst kann der Stromwandler sogar theoretisch schmelzen, wenn er nicht vorher ausfällt.

Hier, bei Kleinstleistungen ist das nicht der Fall, wohl aber fehlt die Bürde dynamisch über die Aussteuerung bei keinem oder zu geringem Ruhestrom der Endstufe, da sie erst bei 0,15V für Germanium- bzw = 0,6V bei SI-Typen wirksam wird.
Das bedeutet, die Treiberstufe hat keine Bürde, wenn der Strom in den Endstufentransistoren noch NULL ist, was sich in der max. möglichen Verstärkung der Treiberstufe niederschlägt. Dynamisch gesehen! In der folgenden LTspice Simulation ist dies gut erkennbar.

Vorher noch die Betrachtung der Verstärkung der Treiberstufe als Funktion des Übersetzungsverhältnisses.  Bild 4


 

 

n……Übersetzungsverhältnis des Treibertrafos.
Rbas.. Last Sekundärseite
Rt…..Last auf der Primärseite mit Rt = Rbas*n² incl. des parallel geschalteten
 Ausgangswiderstandes des Treibertransistors
Re…Summe der internen und ext. Emitterwiderstände
ui ….Eingangsspg. der Treiberstufe
ucoll….Ausgangsspg am Kollektor
ubas…Eingangsspg. Für die Endstufentransistoren

vcoll = ucoll / ui =  Rt / Re
vbas= vcoll / n

vgesamt = (Rbas*n² / Re ) / n  =  n * Rbas / Re

Das heisst, dass die Gesamtverstärkung wächst, je mehr der Treibertrafo abschwächt.     Limitiert wird das ganze durch die Kollektorimpedanz des Transistors und die Speisespannung, da ja bei hohem n die Aussteuerung am Kollektor ansteigt.
Bei eisenlosen Endstufen muss die Treiberstufe natürlich den vollen erforderlichen Basisstrombedarf der Endstufe liefern können.

Zunächst die Simulation des Sony TR610 Verstärkers mit LTspice. LTspice ist kostenlos erhältlich und in der Zeit als diese Schaltungen entwickelt wurden, gab es nur den Rechenschieber. Eines muss gesagt werden: Taschenrechnerresultate müssen auf Plausibilität überprüft werden. So auch LTspice Ergebnisse.

 

Bild 5

Einige Einführungen:
Am Eingang ein 1000:1 Abschwächer, sonst sieht man nur einen Strich, da die Amplitude im Vergleich zu anderen Werten zu klein ist.
A und B sind Messpunkte die in der Simulation vorkommen. Man kann aber jeden Schaltungsknoten abfragen.
R7  kann man so verändern, dass man Übernahmeverzerrungen sieht und anderseits die Kurvenform am Kollektor etwas merkwürdig gestreckt erscheint = fehlende Bürde, oben im Text.
Das Übersetzungsverhältnis der Transformatoren ist in den K und K1 Statements versteckt.
Die Eingangsspannung ist in Vs angegeben und ist 2 Vs bei 1000Hz mit einer Dauer von 12 ms.
Die Simulation läuft entsprechend dem  .tran statement von 2 bis 6 ms bei einer Stepgröße von 0,1 ms.
Die Transistoren sind als SI Typen gewählt, da die Germanium Transistoren nicht mehr in der Database zu finden sind.
Sichtbare Phasendrehungen sind auf die Induktivität der Transformatoren zurückzuführen.

Bei fehlender Bürde, d.h. die Kopplung im Treibertrafo wird auf Null gesetzt, tritt die max. mögliche Verstärkung auf.  

     

Bild 6

Ui = 2 mVs *1000 wegen Sichtbarkeit. Ucoll = 8Vs  Verstärkung als 4000 fach bei 1,4 mA Treiberstrom. Die Ausgangsimpedanz der Transistors ist  ist etwa 75 kΩ. Die Spannung am Kollektor eilt nur einige Grade vor. Dazu musste die Induktivität der Primärseite, nur für dieses Bild auf 100 H erhöht werden. Das nur nebenbei. Es bedeutet, dass im Bereich des Übersetzungsverhältnis des Treibertrafos von 1 :1+1 bis 1 : 0,2+0,2 die Ausgangsimpedanz vernachlässigt werden kann.

     

Bild 7

Im Bild ist der Ruhestrom der Endstufe klein gewählt. Man sieht in der blauen Kurve die Übernahmeverzerrungen und den „gestreckten“ Sinus, im Vergleich zu Bild 6, am Kollektor der solange andauert als die Ausgangsspannung in blau noch Null ist.

 

Bild 8

Bei ausreichend eingestelltem Ruhestrom die unverzerrte Ausgangsspannung in grün von knapp über 1,3 Vs = 0,9 Veff = 100 mW für 8 Ω,  wie gewünscht.
Die Eingangsspannung per Einstellung 2 mVs. Gesamtverstärkung ist 650 fach.
Weiters die Halbwellenspannung an einem Emitter und der Strom im Transistor.

Hätte man dieses Werkzeug LTspice schon in den 60ern zur Verfügung gehabt, wäre die Entwicklungszeit wesentlich kürzer gewesen. Vieles wurde berechnet und dann am Gerätemuster überprüft.
Das war ein Ausflug in die Simulation, wie gesagt das Programm ist frei verfügbar.
Im Anhang die Simulationsdatei für ihre Untersuchungen.

Eisenlose Gegentaktendstufen
sind mit Komplementärtransistoren z.B. AC127 / AC128  möglich geworden. Die Treiberstufe muss den vollen Basisstrombedarf für die Endstufe liefern können. Quasi der fehlende Treibertrafo hätte ein Übersetzungsverhältnis von  1 : 1+1.

Ein Detail ist sehr wichtig: Der Kollektorwiderstand reduziert mit seinem Spannungsabfall die Aussteuerbarkeit der Endstufe. Man findet also nahezu immer einen „Bootstrap“ Kondensator, der die Speisespannung für die Treiberstufe über die Betriebsspannung hinaus anhebt und so die volle Aussteuerbarkeit der  Endstufe gegeben ist.

Eine typische Schaltung finden sie unter Philips 03RL371. Der Widerstand R58 mit 220 Ω ist am Lautsprecher angeschlossen, der damit vom Strom der Treiberstufe durchflossen wird. Durch diesen Trick wird die Speisespannung der Treiberstufe bei dynamischer Aussteuerung über die reale Speisespannung angehoben.

Diese Schaltung ist auch im 22RH781 zu finden. Der Bootstrapwiderstand R223 führt zum Lautsprecheranschluss.

Bild 9


 Integrierte Nf-Verstärker

wie  z.B. der LM386 reduzieren die Bauteilanzahl beträchtlich und haben nur einige Komponenten an der Periherie nötig. Das RC Glied parallel zum Lautsprecher ist beim LM386 unbedingt vorzusehen, sonst besteht Schwingneigung. Bild vom Ti-Datenblatt


Bild 10

Abschließend zum Wirkungsgrad von Gegentaktendstufen:
Siehe auch den Beitrag „Kühlung von Halbleitern

Der max. Wirkungsgrad liegt bei 78,5 % = Pi/4
Die max. Verlustleistung tritt schon vorher bei einer Aussteuerung von 63,7%  = 2/PI auf. Die Werte gelten für Sinusausteuerung. In dem schon veröffentlichten Excel
eta_pur.xls kann man diese Werte sowohl graphisch entnehmen, als auch durch min/max. Rechnung ermitteln.

 

Anlagen:

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.