Peiker PM3 Kristallmikrofone extrem leise?

ID: 251993
? Peiker PM3 Kristallmikrofone extrem leise? 
17.Apr.11 01:04
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Markus Lörcher (D)
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Markus Lörcher

Hallo liebe Sammler!

Ich habe heute 2 Peiker PM3 Kristallmikrofone in Originalverpackung bekommen, beide sind optisch sehr gut erhalten, eines geradezu neuwertig.

Es handelt sich dabei um geradezu massive Stabmikrofone aus Metall mit Kabeln zum verschrauben.
Oberflächlich machen sie einen sehr hochwertigen Eindruck.

Das Problem:
Beide Mikrofone sind extrem leise, genau gleich leise um genau zu sein.
Ich habe die Mikrofone an einem Mischpult, an einem Tonbandgerät und direkt am eingang eines Röhrenradios ausprobiert, aber ich muss die Lautstärke voll aufdrehen bis man ganz leise seine Stimme hören kann.

Der Vorbesitzer hatte die Mikrofone an einem Grundig TK340 am laufen und anscheinend haben sie daran funktioniert.

Jeder Versuch die Mikrofone zu öffnen ist bisher fehlgeschlagen, da man nicht erkennen kann wie es zusammengesetzt ist.

Ich kann mir kaum vorstellen, das beide Mikrofone defekt sind, vorallem da sie ganz leise ja funktionieren...

Hat jemand eine Idee?

Gruß

Markus

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Kristallmikrofone 
17.Apr.11 14:49
37 from 4296

David Pfister (CH)
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David Pfister

Lieber Markus Lörcher

Kristallmikrofone sind extrem hochohmige Mikrofone. Sie benötigen dazu am Eingang eines Gerätes einen Mikrofoneingang von 500 k bis 2 mOhm, was frühere Mischpulte und Röhrenverstärker geboten haben. Ansonsten wurden früher Mikrofonübertrager angeboten oder waren schon in den Mikrofonen eingebaut, die auch für niederohmige Eingänge passten z.B. den üblichen 200 Ohm. Dazu hatte der Übertrager ein Untersetzungsverhältnis von 20 : 1. Das war zum Teil auch für die Kristalltonabnehmer notwendig. Die Kristallmikrofonzellen geben eine relativ hohe Spannung ab, können aber nicht belastet werden. Messen Sie mal den Widerstand des Mikrofons am Stecker. Sind da einige 100 kOhm vorhanden, ist kein Übertrager eingebaut, sonst sind es vielleicht einige kOhm für einen "normalen" hochohmigen Mikrofoneingang von 50 kOhm oder auch nur einige 10 Ohm für einen Eingang von 200 bis 500 Ohm. Achtung: Keinesfalls einen Eingang anschliessen der eine Phantomspeisung aufweist! Viele Kleingeräte haben das heute für die Elektretmikrofone, ohne dass das gross irgendwo steht. Die Zelle kann sonst zerstört werden.

Viel Erfolg bei den weiteren Versuchen

David Pfister

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Empfohlener Eingangswiderstand für Kristallmikrophone 
17.Apr.11 18:21
65 from 4296

Georg Richter (D)
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Georg Richter

Zunächst wäre es schön wenn das PM3 als neues Modell vorgeschlagen worden wäre.

Der empfohlene Eingangswiderstand für Kristallmikrophone sei (gemäss Professor Dr.-Ing. W. Reichardt in "Grundlagen der Elektroakusrik", 2. Aufl. 1954) mindetens 5MΩ wenn bei 30Hz ein Abfall auf das 0,7-fache zugelassen werden soll.

Diese Angabe gilt bei einer Quellkapazität von ca. 1000pF und eine Temperatur von 20°C. Wegen Temperaturabhängigkeit kann die Kapazität bei 35°C (Sommer!) auf den 2,5-ten Teil fallen, sodass dann ein Eingangswiderstand von 10-15MΩ angeraten ist.

Falls das PM3 einen Schwinger aus Seignette-Kristall besitzt muss dessen Empfindlichkeit für Luftfeuchtigkeit beachtet werden, und dass die Zelle bei Temperaturen >53°C zerstört wird. Solange das Mikrophon noch "lebt" würde ich zunächst davon abraten es zu öffnen.

Zur weiteren Prüfung würde ich ein Oszilloskop mit 10:1-Tastspitze vorschlagen. Damit wird das Mikrophon völlig unkritisch mit 10MΩ belastet. Mit einer Vertikalablenkung von 0,1 bis 0,5V/cm sollte bei (Nah-)Besprechung ein deutliches Signal zu beobachten sein.

Das Grundig TK430 hat eine geeignete Eingangsschaltung:

Grundig TK430 Eingangsschaltung

Beste Grüsse,

GR

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Danke für die Informationen! 
17.Apr.11 20:04
96 from 4296

Markus Lörcher (D)
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Markus Lörcher

Vielen Dank für die Tipps!

Ich werde es gleich mal am Oszilloskop ausprobieren!

Ich habe ein paar Bilder der Mikrofone gemacht: LINK

PS. Das PM3 habe ich schon vorgeschlagen, wollte aber mit der Frage nicht warten.
Die Bilder werde ich dann natürlich noch Hochladen !

EDIT:
Wie ich gerade sehe, ist das Modell jetzt online!
Die Bilder habe ich auch schon hochgeladen.

Kann jemand Bitte dieses Thema zum Modell verschieben?

Gruß

Markus Lörcher

Beitrag zum Modell verschoben, Wolfgang Bauer.

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Niedrige Ausgangsspannung 
17.Apr.11 21:17
113 from 4296

Markus Lörcher (D)
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Markus Lörcher

So, ich habe gerade am Oszilloskop mit 10:1-Tastspitzen gemessen:

Bei einem anhaltenden lauten Ton nahe der Tonkapsel kommen aus den Mikros gerade noch 4mV, bei beiden genau gleich viel.

An den Kabeln liegt das nicht; die habe ich gemessen.

Offensichtlich ist irgendetwas an den Mikros kaputt;
Vielleicht war Schaumstoff als Schutz vor der Membran und ist zerfallen? Das passiert oft.

Oder die Kristalle haben sich zu Brei verwandelt...
Würde dann überhaupt noch etwas aus den Mikros rauskommen?

Gruß

Markus

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Letzter Test 
20.Apr.11 15:49
290 from 4296

Markus Lörcher (D)
Beiträge: 20
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Markus Lörcher

So, ich habe mir nun die Teile für einen kleinen Kristall-Mikrofon-Vorverstärker und auch gleich eine neue Kristall-Mikrofonkapsel besorgt.

Wenn die Mikrofone daran auch nicht richtig funktionieren, werde ich wohl eines öffnen und im Notfall die neue Kapsel einbauen.

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Analogie zu Kristall-Abtastsystemen 
02.May.11 20:07
496 from 4296

Uwe Ronneberger (D)
Redakteur
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Uwe Ronneberger

Hallo Herr Lörcher,

 

Kristall-Mikrofone sind ähnlich aufgebaut wie Kristall-Abtastsysteme. Die Kristallplatten werden entweder direkt oder über eine Membran mit Hebelsystemen durch den Schall zum Schwingen angeregt. Bei direkter Erregung ist die Ausgangsspannung aber sehr gering.

Prinzip Kristallmikrofon

Analog zu Abtastsystemen können Sie sehr einfach mittels eines Oszillografen die Funktion prüfen. Den Kalibrier-Rechteckimpuls-Ausgang an einen Pol des Kristallsystems und den anderen Pol mit der  Tastspitze berühren.

Original-Rechteckimpuls am Oszi

Nach dem Piezo-Kristall sollte es etwa so aussehen :

Rechteckimpuls nach System

 

Sieht es wesentlich schlechter aus, so ist der Kristall schon weitgehend und irreversibel zerstört.

sehr schwaches System

Das System bringt kaum noch Lautstärke. Dieser Test ist aber leider auch nicht 100 % sicher, da je nach Schädigung des Kristalles, z.B. Bruch oder Auflösung des Kristalles vor der Anschlußstelle ein relativ gutes Signal bringen kann.

defekter Kristall

Wenn Sie Glück haben, so sind die Kristalle noch einigermaßen in Ordnung, lediglich die Anschlußpunkte sind oxydiert, z.B. bei Leitlack auf Silberbasis.

oxydierte Anschlußpunkte

Hier zerfällt der Kristall und die Anschlußpunkte.

 

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