Selen-Gleichrichter

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Selen-Gleichrichter 
17.Mar.21 10:38
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Frühe Selen-Gleichrichter

Die Gleichrichter-Eigenschaften des Selens wurden 1877 von Werner Siemens entdeckt, während später im Jahre 1883 C.T. Fritts eine Gleichrichterzelle entwickelte, die einem modernen Selen-Gleichrichter schon sehr ähnlich war. [1] Allerdings waren die frühen Forscher mehr an den photo-elektrischen Eigenschaften des Selens interessiert. In Deutschland gab es 1928 die ersten kommerziellen Selen-Gleichrichter, während in den USA die Produktion von Selen-Gleichrichtern erst 10 Jahre später erfolgte.[1]

"Trocken"-Gleichrichter

Der Begriff "Trocken-Gleichrichter" diente zur Unterscheidung von elektrolytischen "Naß-Gleichrichtern". Daneben gab es auch "mechanische" Gleichrichter und die bei Radiosammlern wohl bekanntesten "Röhren-Gleichrichter".

Pitsch gibt in seinem Hilfsbuch [1] in § 141 bis § 147 einen guten Überblick über alle mit den Trocken-Gleichrichtern im Zusammenhang stehenden praktischen Probelmstellungen. Der Text aus diesem Buch soll daher der Leitfaden sein. Zur Illustration der Aussagen werden aus der Literatur ergänzende Graphiken eingefügt.

 

 

Abb. 200 [1] zeigt den Aufbau einer Selen-Gleichrichter-Zelle im Vergleich mit einem Schnittbild, Fig. 5-1 [2], bei welchem "Isolier-Ring" und "Abstands-Ring" fehlen. (Siehe aber Fig. 5-2, wo beide vorhanden sind.)

Eine Selen-Gleichrichter-Säule (Graetz-Brücke) ist im Schnittbild in Fig. 5-2 [2] dargestellt. (AC: für Einspeisung mit Wechselspannung) Da diese Säule nur wenige Selen-Zellen enthält, ist sie folglich für kleine Spannungen dimensioniert, z.B. für den Heizkreis eines Radios mit Batterie-Röhren - oder zur Ladung eines Heiz-Akkus.


Einschub:

Dioden-Symbol in den Schaltbildern; alte & neue Darstellung  

Heute ist es in den Schaltbildern üblich, eine Diode wie oben rechts zu zeichnen, während es früher genau umgekehrt war (unten links).

  • Der in Abb. 186 bzw. Abb. 200 skizzierte Aufbau einer Selen-Zelle, bei der die Eisen- bzw. Alu-Scheibe als Kathode wirkt, entspricht genau der neuen Art der Darstellung einer Diode.

Diese "Vorzeichen-Umkehrung" gab es allerdings auch bezüglich des Symbols einer Batterie.

L. Graetz, der Erfinder der nach ihm benannten Gleichrichter-Brücke, stellt diese in Fig. 121 dar.[3] P' ist der negative Pol und Q' der positive Pol der Gleichrichter-Brücke. (Graetz-Brücke)

Die originale Graetz-Brücke war ein "Naß-Gleichrichter" (im Unterschied zum Trocken-Gleichrichter), denn die Elektroden steckten in Trögen, die mit einem Elektrolyten gefüllt waren. (Vergleichbar mit Blei-Akkumulatoren)


 

Die Form der Selen-Scheiben ist entweder rund oder quadratisch, wie in den Bildern 2.2 und 2.3 [4] zu sehen ist.

Die Fläche der Scheiben richtet sich nach der Größe des vom Gleichrichter abzugebenden Gleichstromes.

Der helle Teil der Scheiben zeigt das aufgebrachte Selen. Der Rand der Scheiben, sowie der Bereich um das zentrale Befestigungs-Loch sind frei von Selen.

Die Scheiben sind entweder aus Eisen oder aus Aluminium. Aluminium wird bevorzugt wegen seiner besseren Wärmeleitfähigkeit.

Wie aus obigem Bild, Fig. 5-2, zu sehen ist, ist für eine offene Bauweise einer Selen-Säule die horizontale Montage  vorgesehen. Dadurch ist eine unbehinderte Wärmeabfuhr gewährleistet, im Unterschied zur senkrechten Montage einer Säule.

 


Kupfer-Oxydul-Gleichrichter

Der Kupfer-Oxydul-Gleichrichter ist ebenfalls ein "Trocken-Gleichrichter". Er wird vornehmlich als Meß-Gleichrichter zu Messung von Wechselspannungen als Gleichrichter vor Drehspul-Meßwerken verwendet.

Die Schaltbilder Bild 496 - 501 [5] zeigen typische Anwendungen der Kupfer-Oxydul-Gleichrichter.

Weil die Drehspul-Meßwerke mit geringen Spannungen für Vollausschlag auskommen, ist es günstig, daß der CuO Gleichrichter nur eine kleine Schwellspannung im Durchlaßbereich hat, Abb. 178.

 

In Abb. 91 [6] ist zu sehen, daß der CuO Gleichrichter für 1V (Durchlaß-) Spannung optimal betrieben werden kann.

Damit es beim Anschluß eines CuO Gleichrichters zu keinen Verwechslungen kommt, gilt es gegenüber einem Selen-Gleichrichter folgendes zu beachten:

Das Foto eines geöffneten Sirutors findet man im RM.org.

 

Wie man erkennt, hatte dieser Sirutor insgesamt 10 "Tabletten".

Von Westinghouse gab es den "Westector", wie der Sirutor ein CuO Gleichrichter.

Anmerkung:

Ein ähnlich aufgebauter Gleichrichter ist dagegen ein Selen-Gleichrichter.


Selen-Gleichrichter

In [4] werden die verschiedenen realisierten Verfahren zur Produktion der Selen-Scheiben beschrieben. Dabei gibt es auch viele "Firmen-Geheimnisse" für die einzelnen Prozeß-Schritte. Und nicht alle dabei auftretenden "Effekte" können physikalisch exakt beschrieben (und verstanden) werden. Es wird meist nach "empirischen Vorschriften" verfahren.
(Die Beschreibungen erinnern z.T. an die "Rezepte" bei der Fabrikation der Emissions-Schichten von Radio-Röhren.)

Im Laufe der Zeit gab es (bis Ende der '50er Jahre) insgesamt 8 unterschiedliche Herstellungs-Verfahren für Selen-Scheiben. Die beiden wichtigsten Verfahren werden in [4] auf den Seiten 47 - 63 näher beschrieben.

  • Das Preß-Verfahren
  • Das Aufdampf-Verfahren

Die Verfahren umfassen folgende Teil-Verfahren, wobei für jedes dieser Teilverfahren noch zusätzliche vorbereitende Verfahren benötigt werden.

  1. Vorbereitung des Trägermaterials für die Selen-Schicht
  2. Reinigung, Dosierung und Auftragung des Selens
  3. Selen-Umwandlung
  4. Herstellung der Sperrschicht
  5. Herstellung der Deck-Elektrode (Legierung aus Blei, Zinn, Wismut und Kadmium)
  6. Formierung

Man braucht sich folglich nicht darüber zu wundern, daß beim "Backen" von Selenscheiben unterschiedliche Qualitäten enstehen.[4]

Was man aus der Abb. 178 "erahnen" kann: Es gibt nicht nur unterschiedliche Qualitäts-Stufe für die Ströme in Durchlaß-Richtung (Vorströme), Tafel 2.3,  sondern auch für die Sperr-Ströme (Rückströme) der Selen-Scheiben, Tafel 2.5.

Die Bilder 2.6 und 2.7 zeigen Beispiele für die Strom-Spannungs-Kennlinien in Abhängigkeit von der Qualität.

Das Schnittbild durch eine Selen-Scheibe [4] zeigt deren Aufbau und rechts mit Pfeil nach oben den Durchlaß-Strom und links mit Pfeil nach unten den Sperr-Strom. Wie auch hier erkennbar ist, wird die Selen-Schicht zum "+" Pol beim Selen-Gleichrichter.

In Punkt 6. der Verfahren ist die Formierung der Scheibe benannt. Bild 1.14 zeigt, daß eine Formierung mehr als 2000 Sekunden (ca. 1/2 Stunde) dauert.

Ein Anstieg des Sperrstromes ganz kurz nach Beginn der Formierung wird dabei stets beobachtet. [4]

 

Typische Durchlaß-Kennlinien in Abhängigkeit von der Qualität der Selen-Scheiben gibt [2] in Fig. 5-9 an und in Fig. 5-10 wird erkennbar, daß der Durchlaß-Widerstand eines Selen-Gleichrichters mit steigendem Strom absinkt.

Die Sperr-Kennlinien (Rückstrom-Kennlinien) in Bild 2.17 [4] sind ebenfalls Qualitäts abhängig. Die Messung der Scheibe mit der Markierung "o" zeigt, daß es eine Hysterese zwischen ansteigender und fallender Spannung gibt.

 

Im Gleichrichter-Betrieb gibt es in Durchlaß-Richtung Spannungs-Verluste, die von der Größe des Gleichstromes abhängen, Fig. 5-22.[2]. Das führt dann zu den Spannungs-Verläufen gemäß Fig. 5-12 bis Fig. 5-14.

 

Wie man in d) lesen kann, betragen bei einem Selen-Gleichrichter die Durchlaß-Verluste ~70% und die Sperr-Verluste ~30% der Gesamt-Verluste.

Abb 2.24 [4] zeigt, daß die Verluste in Durchlaß-Richtung nicht nur von der Qualität, sondern auch vom Alter der Selen-Scheibe abhängt. Bei Nennbelastung ist der Belastungsfaktor f=1.

In Fig. 5-11 [2] ist der Verlust als Funktion der Strom-Dichte (Durchlaß-Richtung) pro Flächeneinheit angegeben. 

 

Eine Verlust-Leistung, die ebenfalls zur Erwärmung beiträgt, tritt auch in Sperr-Richtung auf.

Gemessen wird diese mit Hilfe einer "anti-seriell" Schaltung zweier Scheiben, wie in Bild 6.1 [4] dargestellt ist.

Da der Maßstab für die Verlust-Leistung NSp logarithmisch gewählt ist, bedeutet das, daß diese im linearen Maßstab exponentiell mit der Sperr-Spannung ansteigt.

Das setzt in der Praxis dann die Grenze für die zulässige Sperr-Spannung eines Selen-Gleichrichters, siehe Abschnitt e). 

Bild 3.3/13 [7] zeigt, wie stark ein Selen-Gleichrichter bei intermittierendem Betrieb in Bezug auf den Durchlaß-Strom überlastet werden kann.

Aus dieser Kurven-Schar läßt sich nur bedingt abschätzen, wie sich dann ein Selen-Gleichrichter verhalten wird, wenn es in einer Gleichrichter-Schaltung aufgrund eines sehr großen Ladekondensators zu verschwindend kleinen Stromfluß-Winkeln (entsprechend zur Einschalt-Dauer wenige %) kommt.

Tatsächlich ergab sich ein praktischer Defekt eines Selen-Gleichrichters in einem Hi-Fi-Tuner nach sehr langer Betriebszeit, obwohl der besagte Gleichrichter weit unter seinem nominellen Gleichstrom beansprucht wurde.

 

Im Ausschnitt aus dem Schaltbild des Netzteils des  Tuners ST 6500 ist oben die defekte Selen-Brücke markiert.

Darunter markiert ist eine originale Gleichricher-Brücke mit Si-Dioden. Und man erkennt hier auch, daß Si-Brücken mit Hilfe von parallelen Kondensatoren entstört werden müssen, weil die Si-Dioden so schnell schalten, daß es dadurch zu störenden Eigenschwingungen aufgrund der Streu-Induktivitäten des Trafos kommen kann.

Bild 2.33 zeigt den Alterungsverlauf der Kurzschluß-Spannung (Durchlaß-Spannung) mehrerer Selen-Brücken über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren im Dauerbetrieb.

Bild 2.34 zeigt für eine Selen-Brücke den Verlauf der Durchlaß-Spannung und des Stromes über den gleichen Zeitraum. Die Durchlaß-Spannung steigt und der Gleichstrom (Vorwärts-Strom - Sperr-Strom) sinkt.

 

Mit der Alterung der Selen-Scheiben nimmt deren Innenwiderstand zu, Abb. 2.31. [4]

Allerdings hängt die Alterung und damit die Lebensdauer der Scheiben auch von ihrer Strom-Belastung und damit ihrer Temperatur ab, Fig. 5-8. [2].

 

Weiteres zur Alterung von Selen-Gleichrichtern ist unter "Literatur zu Selengleichrichtern" zu finden.

Bei Allstrom-Empfängern mit Selen-Gleichrichtern wurde beim Betrieb an einem Gleichstrom-Netz festgestellt, daß ein konstanter Gleichstrom in Durchlaß-Richtung die Selen-Gleichrichter schädigt und sie ihre Gleichrichter-Eigenschaft verlieren können. Es wird empfohlen, Selen-Gleichrichter beim Betrieb an einem Gleichstrom-Netz zu überbrücken. Siehe: Selen-Gleichrichter am Gleichstrom-Netz


AEG Selengleichrichter

AEG Rundgleichrichter wurden nicht nur in Radios, sondern auch in kommerziellen Geräten (z.B. Meßgeräte oder Weitverkehrs-Verstärker-Anlagen der Post) verwendet.

Weil man für Radios erstens keinen Dauerbetrieb und zweitens nur eine begrenzte Lebensdauer angesetzt hat, konnten die Selen-Gleichrichter in diese Geräte fest eingebaut bzw. gelötet werden. Befestigt wurden diese mit Hilfe von Laschen oder mit einem zentralen Schraubanschluß wie z.B. Elkos. (Bauformen L, M, N)

Anders sieht es bei den kommerziellen Geräten aus, die teilweise im Dauerbetrieb laufen mußten. Hier spielte die endliche Lebensdauer der Selen-Gleichrichter eine Rolle, da diese routinemäßig ersetzt werden mußten, um die Qualität der Funktionsweise der Anlagen zu gewährleisten. Daher gab es bei den AEG Rundgleichrichtern für kommerziellen Einsatz solche, die mit "Röhren-Sockeln" ausgestattet waren. (Bauformen E, G, R, S, O)

Die Selen-Gleichrichter waren für Einweg-Gleichrichtung (E) oder für Brücken-Gleichrichtung (B) erhältlich. Sie sind für senkrechte Montage und Strahlungs-Kühlung ausgelegt. Daher auch die schwarze Farbe.

Das "C" in der Typ-Bezeichnung hinter der Spannungs-Zahl bedeutet, daß auf den Gleichrichter direkt ein Lade-Kondensator folgen kann.

Noch ein Beispiel von 1949 von ART. Hier gab es noch die explizite Angabe der Form des Sockels, während bei den neueren AEG Rundgleichrichtern (oben) die Art des Sockels nur noch aus einem entsprechenden Buchstaben direkt hinter der Bezeichnung des Typs hervorgeht, siehe Foto darunter. 

Die Sockelbezeichnung "P" ist in der oberen Auflistung (noch) nicht enthalten. Die Bezeichnung "Z" trägt ein Selen-Gleichrichter in einem Telefunken Caprice von 1956/57. (Neue Sockel-Form ⇒ neuer Buchstabe)

Hier noch ein Bild einer Selen-Brücke mit Stahlröhren-Sockel.

Siemens Selengleichrichter

Die Siemens Selen Flachgleichrichter(SSF) kamen als letzte auf den Markt. Die Selen-"Tabletten" verkraften höhere Sperr-Spannungen als frühere Selen-Scheiben. Die Zahl der Tabletten ist also geringer als die Anzahl der Scheiben älterer Selen-Gleichrichter für gleiche Anschluß-Spannung.

Den in der Tabelle angegebenen Gleichstrom können sie nur dann liefern, wenn sie zur Kühlung das Metall-Chassis des Empfängers zur Verfügung haben.

Die SSF gab es für Einweg-Gleichrichtung (E) und für Brücken-Gleichrichtung (B).

Das "C" in der Typ-Bezeichnung hinter der Zahl für die Anschluß-Spannung bedeutet, daß unmittelbar hinter dem Gleichrichter ein Lade-Kondensator zulässig ist.

Die Siemens-Selen-Blockgleichrichter (SSB) gibt es nur für Einweg-Gleichrichtung. Ihr Anwendungsgebiet waren Röhren-Fernseher, bei denen die Heizung der Röhren und die erforderliche Anodenspannung direkt aus dem Lichtnetz entnommen wurde. (Kein Netztrafo und folglich keine Netz-Trennung) 

 

Ersatz für defekte Selen-Gleichrichter

Da keine Selen-Gleichricher mehr produziert werden, aber alte Selen-Gleichrichter in den Geräten sehr oft "müde" geworden sind, stellt sich die Frage nach deren Ersatz, wenn ein Gerät wieder "spielen" soll.

Man findet zu dieser Problemstellung verschiedene Lösungs-Ansätze im Netz.

  1. Ersatz durch MOSFET Schaltung
    Im Unterschied zu zahlreichen anderen Vorschlägen wird hier eine gut funktionierende Lösung gezeigt, bei der die Eigenschaften des Selen-Gleichrichters sehr genau nach gebildet werden. Ersetzt wurde ein Einweg-Selen-Gleichrichter. Die Methode funktioniert aber auch für Selen-Brücken-Gleichrichter. Die Werte für die verwendeten Widerstände müssen dann entsprechend angepaßt werden, wenn der Ersatz identisch zu einer Selen-Brücke sein soll.
  2. Ersatz durch Silizium-Dioden, Z-Diode und Widerstand
    Diese Methode beruht auf einer Annäherung an die Durchlaß-Kennlinie der Selen-Scheibe.[4]
    In Bild 2.14 ist das Achsenkreuz gegenüber der üblichen Darstellung gedreht.
    Die Ersatz-Schaltung in Bild 2.15 zeigt auch noch eine Batterie α, die eine Gegenspannung erbringt, damit die Kennlinie passend angenähert werden kann. Die Gegenspannung α läßt sich durch eine Z-Diode mit entsprechender Spannung und Verlustleistung ersetzen. Nachteilig ist hierbei, daß Z-Dioden eine Rausch-Spannung abgeben können. Hier empfiehlt es sich dann, der Z-Diode einen Elektrolyt-Kondensator mit genügend großer Kapazität parallel zu schalten.
  3. Ersatz durch Silizium-Dioden und Widerstand
    Diese Methode ist wohl die "populärste" Methode, hat aber den Nachteil einer fehlenden Nachbildung des Spannungs-Falls des Selen-Gleichrichters im Durchlaß-Betrieb. Man erhält so entweder eine zu hohe Gleichspannung oder ggf. einen zu hohen Innenwiderstand. Da die (neueren) Siemens Flach-Gleichrichter weniger Selen-Scheiben enthalten als Selen-Gleichrichter andere Bauart, wirkt sich bei diesen eine fehlende Z-Diode weniger stark aus.
    Vergleiche ein entsprechendes Problem beim Ersatz des Glimmgleichrichters RGN1500. Post #2 , aus welchem die folgende Graphik stammt.

Hier ist das Achsenkreuz wieder etwas anders gedreht als in Bild 2.14.

Aber man erkennt das Problem, wenn die Schwellspannung α, hier U0, nicht nachgebildet wird. Der Innen-Widerstand für die Kennlinie in magenta ist größer als der für die Kennlinie in cyan.

 

Pragmatischer Ansatz

Beim "pragmatischen" Ansatz (entsprechend zu den Punkten 2. oder 3.) muß die Größe des Widerstandes bestimmt werden. Nach dem Ohm'schen Gesetz einfach aus erforderlicher Differenz-Spannung und gewünschtem Gleich-Strom ist das nicht möglich. Man muß berücksichtigen, daß aufgrund der beteilgten Dioden der Stromfluß-Winkel < 180° wird. In dieser kurzen Zeit muß so viel Ladung in den Lade-Kondensator fließen, wie sie anschließend als Gleichstrom wieder abfließen soll.

Der pragmatische Ansatz lautet folglich:

  • Man nehme zur Bestimmung des Wertes z.B. ein Drahtwiderstands-Potentiometer und reguliere damit die gewünschte Gleichspannung ein. Anschließend wird der so gefundene Wert gemessen und durch einen entsprechend belastbaren Festwiderstand ersetzt. Dieser ist ggf. im Betrieb auch zu kühlen.
    Da diese Messung mit dem Potentiometer nur kurze Zeit in Anspruch nimmt, erwärmt sich dieses dabei nicht übermäßig, weshalb da dann auch eine kleine Bauform genügt.


Ein Beispiel für einen Ersatz eines Selen-Brückengleichrichters (SSF B250C140) durch eine Si-Brücke und einen Lastwiderstand ist ein SH 1236W, wo das Foto den mit Hilfe eines AL Blechs am Chassis zwecks Kühlung fixierten Lastwiderstand zeigt. Der Ersatz erfolgte gemäß der 3. Methode. 

Die gemäß der 3. Methode etwas erhöhte Anodenspannung kommt der "Leuchtkraft" der ansonsten bereits etwas "müden" EM34 entgegen.

Der Ersatz der Selen-Brücke liegt schon mehrere Jahre zurück. Das Radio spielt seither zur vollsten Zufriedenheit.

 

Dies ist ein weiteres Beispiel für einen Ersatz nach der 3. Methode.

Die Keramik-Kondensatoren dienen der Unterdrückung von parasitären Schwingungen, die durch die schnell schaltenden Si-Dioden angeregt werden.

Selen-Gleichrichter Ersatz, Post #3

 

Röhren-Ersatz durch Selen-Gleichrichter

 

Das Bild zeigt eine Selen-Gleichrichter-Säule als Ersatz für die RGN354, die als Gleichrichter z.B. im VE301 verwendet werden konnte.

Da die Säule ca. 22 Platten hat, ist wohl die zulässige Sperrspannung der Platten entsprechend niedrig.

Ggf. handelt es sich um eine "Notlösung" aus der unmittelbaren Nachkriegszeit.

 

Literatur.

[1] Pitsch, H.: Hilfsbuch für die Funktechnik, 3.A., VAG, 1955

[2] Jackson, S.,P.: Selection and Application of Metallic Rectifiers, McGraw-Hill, 1957

[3] Graetz, L.: Die Elektrizität, 23.A., Engelhorn, 1928

[4] Mierdel, G., Kroczek, J.: Selengleichrichter, VT, 1959

[5] Skirl, W.: Elektrische Messungen, 2.A., de Gruyter, 1936

[6] Pflier, P.M.: Elektrische Meßgeräte und Meßverfahren, 2.A., Springer, 1957

[7] Wagner, S.W.: Stromversorgung elektronischer Schaltungen und Geräte, R.v.Decker's, 1964

 


Für die Bereitstellung von Informationen bedanke ich mich bei Hans Knoll, Harald Giese und Wolfgang Bauer, sowie Karl-Heinz Kornath für die Anlage.

MfG DR

Anlagen:

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