Ersatz der RENS1234 durch AH1 im Siemens 47WL

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Dieser Artikel betrifft das Bauteil: Zur Röhre/Halbleiter

Ersatz der RENS1234 durch AH1 im Siemens 47WL 
24.Nov.20 11:01
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Dietmar Rudolph † 6.1.22 (D)
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Dietmar Rudolph † 6.1.22

Die Vorgeschichte

Im Siemens 47WL war die zweite RENS1234 durch eine AH1 ersetzt. Hier soll nun untersucht werden, wie weit das möglich ist und welche Auswirkungen für die Funktion des Radios sich daraus ergeben.

Dazu wurden zwei AH1 umgesockelt, d.h., ein siebenpoliger Hexoden-Sockel von zwei defekten ACH1 wurde an den vorhandenen achtpoligen Außenkontakt-Sockel der AH1 angebracht, verdrahtet und mit Klebeband fixiert. Diese Änderung ist reversibel.

Die "Prüflinge" liegen hier versammelt.

  • Ganz links die RENS1234 (TFK) war in der ersten HF Stufe des 47WL. Die Schirmung ist teilweise abgeplatzt. 
  • Die nächste ist eine RENS1234, bei der die Schirmung abgegangen war und die (schon vor längerer Zeit) frisch metallisiert wurde. (Graphit, Cu-Spray und abschließend "Felgen-Spray" in Alu-Farbe, allerdings nicht leitend)
  • Die dritte ist die (erneut) umgesockelte AH1 (TFK), die sich im Siemens 47WL im Fundzustand in der zweiten HF Stufe befand.
  • Ganz rechts eine ebenfalls (frisch) umgesockelte AH1 (Valvo).

Das Ziel ist, zunächst je eine der RENS1234 und dann beide durch AH1 zu ersetzen. Dabei soll gemessen werden, welche Unterschiede sich dadurch jeweils in der Funktion des 47WL ergeben.

Die Kennlinien-Felder

Daten und Kennlinien findet man in Datenblättern von Telefunken.

 

Für die AH1 ist auch das Ausgangs-Kennlinienfeld gegeben, nicht jedoch für die RENS1234.

Die Steuerkennlinen von RENS1234 und AH1 sind hier in unterschiedlichen Maßstäben dargestellt, was einen Vergleich erschwert.

In diesen Diagrammen (aus Ratheiser, Rundfunkröhren, 3.A, 1938) sind die Steuer-Kennlinien von RENS1234 (links) und von AH1 (rechts) so "verzerrt", daß der Maßstab ziemlich gut übereinstimmt.

Aus dem Vergleich ist erkennbar, daß bei der RENS1234 bereits für kleinere Vorspannungen von Gitter 3 der Anodenstrom gegen Null geht.

Deswegen soll ja auch die negative Vorspannung für Gitter 3 nur halb so groß sein wie die von Gitter 1.

Und als Vorteil der AH1 wird angegeben, daß nun beide Vorspannungen gleich groß sein dürfen und deshalb kein Spannungsteiler für Ug3 mehr notwendig sei.

 

Gemessene Ausgangs-Kennlinien

Zur Messung der Ausgangs-Kennlinien dient ein Curve Tracer zusammen mit einer "Fassungs-Box" für Röhren.

Die Einstellungen am Curve-Tracer sind.

  • horizontal: 50V / Kästchen
  • vertikal: 1 mA / Kästchen
  • Für die Gitterspannung gilt: 0,5 V pro Kurve. (0V bis -6V)
  • Ug2 = Ug4 = 80 V (aus externem Netzgerät)

Das ist das Ausgangs-Kennlinien-Feld der RENS1234 (TFK 198), die im Bild der Röhren ganz links liegt. Da beide Steuergitter bei dieser Messung parallel geschaltet sind, ist bei - 6V der Anodenstrom verschwindend gering.

Auffällig ist, daß die RENS hier (im Prinzip) eine Kennlinie wie eine Tetrode hat. Man sieht, daß daher erst ab ca. 80 V das Ausgangs-Kennlinen-Feld nutzbar ist. Die Bereiche der fallenden Kennlinien kommen durch Sekundär-Emission zustande.

 

 

Die wieder metallisierte RENS1234 zeigt ein ähnliches Kennlinien-Feld wie die andere RENS1234.

Allerdings kommt sie für Vorspannung 0V auf einen maximalen Anodenstrom, der ca. 0,5 mA geringer ist als bei der von TFK (oben).

Aber ganz offensichtlich ist sie funktionsfähig, wie eine Messung im Siemens 47WL ergeben hat.

 

Das ist das Ausgangs-Kennlinien-Feld der AH1 (TFK 26), die sich im Siemens 47WL befand.

Im Prinzip sehen die Kennlinien ganz ähnlich aus wie bei den RENS1234.

Auch sie haben einen Tetroden-Charakter mit fallender Kennlinie unterhalb der Versorgungs-Spannung von Gitter 2 und Gitter 4. Dieser "Effekt" ließe sich nur dadurch vermeiden, daß zwischen Gitter 4 und der Anode noch ein Brems-Gitter eingefügt würde, wodurch sich eine Heptode ergäbe.

Und wenn man das (von TFK) publizierte Kennlinien-Feld für die Ausgangs-Kennlinien vergleicht, sieht man, daß dort einfach der Bereich mit den fallenden Kennlinien weg gelassen wurde. Na klar, sieht ja so dann auch "besser" aus!

 

Das Kennlinien-Feld der Valvo AH1 läßt erkennen, daß diese Röhre im Maximum einen fast 0,5 mA höheren Anodenstrom erreicht.

Betrachtet man hier, wie auch im vorigen Bild, den Bereich für höhere negative Gitter-Vorspannungen, so sieht man, daß auch bei den hier eingestellten -6V der Anodenstrom noch nicht Null geworden ist. Das ist ganz in Übereinstimmung mit dem, was aus den Steuer-Kennlinen für die AH1 entnommen werden kann. Erst für Gitter-Vorspannungen von ca. - 20 V verschwindet der Anodenstrom völlig.

Aus den gegenseitigen Abständen der Ausgangs-Kennlinien, die zwischen RENS1234 und AH1 ziemlich ähnlich sind, ist erkennbar, daß die AH1 durchaus als Ersatz für die RENS1234 geeignet ist, da sie eine ähnliche Steilheit hat.

 

Im Schaltbild des 47WL ist die AGC Leitung zur automatischen Verstärkungs-Regelung hervorgehoben. Wie daraus erkennbar wird, wird nur die erste RENS1234 geregelt. Weiterhin sieht man, daß sowohl Gitter 1, als auch Gitter 3 mit der gleichen Größe der AGC Spannung angesteuert werden. Das ist im Unterschied zum Datenblatt der RENS1234, wo für die Regelspannung an Gitter 3 nur die Hälfte der Regelspannung von Gitter 1 empfohlen wird. Allerding ist hier die geregelte RENS1234 in der Eingangs-Stufe, wo i.a. geringere HF Spannungen aufkommen als z.B. bei einem Superhet in der ZF-Stufe.

Da also beide Signal-Gitter der RENS1234 für die AGC parallel angesteuert werden, sind in den oben gemessenen Ausgangs-Kennlinien der RENS1234 und der AH1 zunächst alle notwendigen Informationen enthalten. Der nächste Schritt ist nun die Aufnahme der sich mit den verschiedenen Kombinationen der Röhren ergebenden Regelkennlinien.

Gemessene Regel-Kennlinien

Folgende Messung der Regel-Kennlinien wurden (punktweise) durchgeführt. Die graphische Darstellung erfolgt mit Hilfe von Matlab.

  • Kennlinien "A": Stufe 1 "originale" RENS1234; Stufe 2 "metallisierte" RENS1234
  • Kennlinien "B": Stufe 1 "originale" RENS1234; Stufe 2 AH1 (TFK)
  • Kennlinien "C": Stufe 1 "originale" RENS1234; Stufe 2 AH1 (Valvo)
  • Kennlinien "D": Stufe 1 AH1 (TFK); Stufe 2 "metallisierte" RENS1234
  • Kennlinien "E": Stufe 1 AH1 (Valvo); Stufe 2 "metallisierte RENS1234

Folgender Meßaufbau wurde verwendet:

Die gemessenen Kennlinien

Gezeigt werden jeweils die Regel-Kennlinie (links) und die dafür notwendige Gitter-Gleichspannung (AGC) an den Gittern 1 & 3 der ersten Stufe mit der RENS1234 bzw. im weiteren Verlauf mit einer AH1.

Die Kennlinien gemäß Bestückung "A"

Das ist die originale Bestückung mit 2 Stück RENS1234.

 

Im Unterschied zu der gemessenen Regel-Kennlinie in "Analyse des SH 47WL" ist bei der Darstellung links der Faktor 10 in Folge des 10:1 Tastkopfes eingerechnet.

Neu bei dieser Meßreihe sind nun die rechts gezeigten Kennlinien, die die durch die Regelung entstehende Gitterspannung an den Gittern 1 & 3 der ersten Stufe zeigt.

Man sieht daraus auch die Grenzen für die Regelung. Aus dem Vergleich des linken und des rechten Diagramms ist zu sehen, daß der steile Anstieg der Gitterspannung der REN914 (bei ca. 2 V Generatorspannung) mit einem entsprechend steilen Abfall der negativen Gitterspannung der Regel-Hexode zusammenfällt.

Die Kennlinien gemäß Bestückung "B"

Die zweite RENS1234 ist durch eine AH1 (TFK) ersetzt.

 

Geregelt wird (nach wie vor) die erste RENS1234. Der Arbeitspunkt am Potentiometer an der Rückseite des Gerätes wurde (wie auch für die nachfolgenden Diagramme) nicht verändert. So sieht man folglich die Auswirkung der Änderung der Röhrenbestückung am deutlichsten.

Bei den Regelkennlinien muß man Maßstab der "Y"-Achsen beachten. Matlab ändert diesen automatisch immer so, daß die Kurven optimal in die Diagramm-Fenster passen. Folglich ist das "Plateau" in den Diagrammen links in Bestückung "B" kaum anders als bei Bestückung "A". Bei "B" fehlt nur der steile Anstieg wie bei "A" für große Generator-Spannungen.

Die Kennlinien gemäß Bestückung "C"

Die zweite RENS1234 ist durch eine AH1 (Valvo) ersetzt.

 

Gegenüber der Bestückung "B" ergibt sich nur ein geringer Unterschied in den Regel-Kennlinien (links). Da die AH1 (Valvo) etwas steiler ist als die AH1 (TFK) - siehe auch oben in den Kennlinien-Feldern - geht hier die Gitter-Vorspannung für die erste Stufe (rechts)  nur bis -10V, statt bis ca. - 11,5 V bei Bestückung "B".

Die Kennlinien gemäß Bestückung "D"

Die erste (geregelte) RENS1234 ist durch eine AH1 (TFK) ersetzt.

 

Eine regelbare AH1 an Stelle der regelbaren RENS1234 ergibt offensichtlich ein ungünstigeres Ergebnis. Das "Plateau" ist nun nur noch innerhalb ca. 1 Dekade, während darüber für steigende Eingangsspannungen auch ein Anstieg der Gitterspannung der REN914 erfolgt, wodurch auch ein Anstieg der Lautstärke erfolgt.

  • Wesentlicher als der Anstieg der Lautstärke ist die nichtlineare Verformung der (eigentlich) sinusförmigen Hüllkurve der hochfrequenten Gitterspannung der REN914. D.h. wenn die HF Generatorspannung so groß wird, daß die Kennlinie vom Plateau in einen Anstieg über geht, also bei einigen 10 mV, erfolgt ein deutlicher Anstieg nichtlinearer Verzerrungen und damit "Klirren".
    (10 mV Generator-Spannung entsprechen einer viel geringeren Eingangs-Spannung am Gerät, denn da ist u.a. auch noch die "künstliche Antenne" dazwischen. Es geht hier um die Darstellung der prinzipiellen Einflüsse.)

Weil die AH1 nicht so "scharf" regelt wie die RENS1234, wird nun auch eine viel größere negative Gitterspannung an den Gittern 1 & 3 der AH1 benötigt, wie aus dem Diagramm rechts zu sehen ist. (In diesem Diagramm müßte die Beschriftung der "Y"-Achse "Gitterspannung AH1" lauten.)

Die Kenlinien gemäß Bestückung "E"

Die erste (geregelte) RENS1234 ist durch eine AH1 (Valvo) ersetzt.

 

Im Prinzip ergibt sich ein ähnliches Ergebnis wie im Fall "D".

Auch hier ist das "Plateau" nur etwas breiter als eine Dekade, was man sowohl aus dem Verlauf der Gitterspannung der REN914 (links, blau) als auch an dem der Gitterspannungen der AH1 sieht. ("Y" Achsen-Beschriftung im Diagramm rechts ist entsprechend zu ändern.)

Bei HF-Eingangs-Spannungen, die höher sind als die für das rechte Ende des "Plateaus" erfolgt auch in dieser Bestückung ein deutlicher Anstieg der nichtlinearen Verzerrungen des demodulierten Signals.

  • Fazit (1):
    Die AH1 läßt sich zwar regeln, ist aber in der Anwendung als Ersatz für eine RENS1234 im Siemens 47WL schlechter geeignet.
    Aus den ganz oben gezeigten Kennlinienfeldern war das in dieser Eindeutigkeit nicht erkennbar.
  • Fazit (2):
    Die AH1 kann als Ersatz für eine nicht geregelte RENS1234 im 47WL ohne Schaltungsänderung verwendet werden. (So war es im übernommenen 47WL auch realisiert. Warum aber dann die REN914 unterheizt wurde, ist nicht ersichtlich.)

Siemens 47aWL

Vom Siemens 47WL gab es eine (spätere ? oder frühere ?) Variante als 47aWL mit gleichem Gehäuse, jedoch anderer Röhren-Bestückung. In den HF Stufen waren nun zwei RENS1214 statt der RENS1234. Interessant ist, daß es dazu auch eine Variante von Telefunken gab, den T347WL. An diesem Gerät fällt auf, daß hierbei TFK genau das gleiche Gehäuse verwendet wie beim Siemens 47aWL. Eigentlich ist hier nur das Emblem und der Name von Siemens gegen diejenigen von TFK ausgetauscht, auch auf der Rückwand. Das ist in so fern ungewöhnlich, weil sonst die drei Firmen (AEG, Siemens, TFK) stets ihr "Firmen-eigenes Design" verwendet haben. Auf der Modell-Seite des T347WL steht dazu, daß dieses Modell (von Siemens !) nur in den Niederlanden und in Belgien angeboten wurde. Telefunken war dort bekannter als Siemens.

Hier sind im ART Schaltbild vom Siemens 47aWL die AGC-Leitungen markiert. (Vom T347WL gibt es kein ART Schaltbild und auch keinen Querverweis zum 47aWL.) Der Vergleich mit dem Schaltbild vom 47WL (oben) zeigt, daß die Gewinnung der Regelspannung hier auf gleichartige Art und Weise geschieht, nämlich aus der Verschiebung des Arbeitspunktes der REN914 bei Vergrößerung der HF Spannung an deren Steuergitter.

Herr Thomas Nickel hat freundlicher Weise die Regel-Kennlinie bei seinem T347WL aufgenommen und zur Verfügung gestellt, wofür ich ihm herzlich danke!

Wie aus dem Diagramm zu sehen ist, gibt es beim T347WL - dann ähnlich wie beim 47aWL - ebenfalls nur ein sehr schmales "Plateau" wo die Spannung an Gitter 1 der REN914 halbwegs konstant ist. In Bezug auf die AGC Regelung ist der 47aWL wie auch der T347WL ungünstiger als der 47WL .

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.