DFF Fernsehgeschichte in Ostdeutschland bzw. DDR

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DFF Fernsehgeschichte in Ostdeutschland bzw. DDR 
01.May.22 16:19
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Mit dem Aufbau des Ostdeutschen Fernsehens, Fernsehen in der DDR, wurde bereits Ende der 40iger Jahre begonnen. Das Werk für Fernmeldewesen-HF (WF) war damals eine unter sowjetischer Leitung stehende SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft). 

In dieser Firma wurde ein beträchtlicher Anteil von sende- und studiotechnischen Ausrüstungen für den Start des Fernsehens in der DDR konstruiert und gefertigt.

Die dafür benötigten Spezialröhren waren bereits entwickelt und wurden nun für fernsehtechnische Anwendungen nutzbar gemacht. Ergänzende Gerätetechnik entstand auch in den Entwicklungsstellen der Deutschen Post.

Interessant ist, dass zunächst unter deren Regie die Weiterentwicklung der Bildaufnahmeröhre vom Typ "Super-Ikonoskop" vorngetrieben wurde.

Später wechselte die Bildaufnahmeröhrenentwicklung und -herstellung wieder in den WF.

Zunächst stellt sich jedoch die Frage, welche Umstände es waren, die es ermöglichten, dass in wenigen Jahren nach dem Ende des 2.Weltkrieges sich ein derartig universelles Entwicklungspotential herausbilden konnte, mit einer Bandbreite, die sowohl die Möglichkeit der Spezialröhrenentwicklung als auch die Fertigung spezieller Gerätetechnik einschloss.

Dazu ein Textauszug :

 "Viele Industriephysiker fanden in den ersten Nachkriegsjahren eine fachbezogene Betätigung in den Forschungslaboratorien des wissenschaftlich- technIschen Büros (WTB) der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und in den sowjetischen Aktiengesellschaften (SAG). 

Eine der leistungsfähigsten Einrichtungen war das im Sommer 1945 auf Befehl der SMAD im früheren Röhrenwerk der AEG gebildete Laboratorium, Konstruktions- und Versuchswerk Oberschöneweide (LKVO), dessen Belegschaft innerhalb eines Jahres auf 2000 Mitarbeiter anwuchs. Die überwiegend aus Physikern bestehende Forschergruppe stellte eine einzigartige Konzentration von Wissenschaftlern der ehemaligen Berliner Elektroindustrie dar.

Daraus entstand im Herbst 1946 das Oberspreewerk (OSW), dessen Nachfolger das bekannte Werk für Fernsehelektronik WF (zuvor Werk für Fernmeldewesen- HF) ist."

Mitbegründer und deutscher Leiter des LKVO war der bekannte Röhrenspezialist von Telefunken Dr. Karl Steimel (1905 - 1990).

Voraussetzung für die Konstruktion fernsehtechnischer Geräte und Anlagen war die Verfügbarkeit fotoelektrischer Buelemente.  Die Entwicklung und Herstellung in kleinen Serien erfolgte in den 1945/46 eingerichteten Laboratorien für Bildrohrentechnologie , für Bildaufnahmeröhren, für Bildwiedergaberöhren und Bildröhren für Sonderaufgaben. 

Mit dem Ende des 2. Weltkrieges sah es zunächst so aus, als ob für einen damals noch nicht absehbaren Zeitraum jede Aktivität für Fernsehtechnik ruhen müsste. Die Alliierten hatten vorerst sämtliche Arbeiten zu dieser und anderen möglicherweise militärisch nutzbaren Techniken untersagt. 

Dass das Verbot mehrfach hintergangen wurde, ist bekannt. Legalisiert wurde es als Form von Reparationsleistungen an die Sowjetunion. Die ersten Arbeiten begannen bereits im Herbst 1945 in Berlin-Oberschöneweide. 

Von Anfang an mit dabei war Walter Bruch ( 1908 - 1990), der später als Erfinder des PAL- Farbfernsehens bekannt wird. Unter seiner Leitung wurden im Nachkriegsdeutschland bereits wenige Monate nach Kriegsende die Arbeiten für fernsehtechnische Geräte und Anlagen aufgenommen.

Es gab einige Aktionen der sowjetischen Militärs in dieser Zeit. namentlich augesuchte Spezialisten wurden mit ihren Familien in die Sowjetunion verbracht um dort Arbeiten zu verrichten, Die meisten durften nach fünf Jahren wieder nach Hause zurückkehren. 

Aus eigenem Zuhören weiß ich, diese Spezialisten wurden gebraucht und hatten einen Lebensstandard, der sowjetischen Bürgern bei weitem nicht gewährt wurde. Man brauchte diese deutschen Spezialisten.

Walter Bruch berichtete aus dieser Zeit 

"Es galt, die noch aus den Pacht- und Leihlieferungen der USA erwarteten 525- Zeilen Apparaturen-  sie arbeiteten wegen des 60 Hz-Systems in den USA mit 30 Bildwechseln pro Sekunde, umzustellen auf das deutsche System, 625 Zeilen, 50 Hz, 25 Bildwechsel pro Sekunde. Schon im September 1945 wurde der erste 625-Zeilen Taktgeber gebaut und ein Leuchtschirmabtaster mit einem alten Mechau-Projektor in Betrieb genommen. "

Diese Info von Walter Bruch enthält die interessante Information, daß bereits 1945/46 im Gebäude "Peter-Behrens-Haus" (ehemals Werk für Fernsehelektronik) das 625- Zeilen Fernsehen praktiziert wurde. Erst mit der I.Europäischen UKW-Fernsehkonferenz in Stockholm wird das 625-Zeilen - Fernsehbild Bestandteil einer anerkannten Fernsehnorm.

1949

Planung und Aufbau des Fernsehzentrums 

Wir schreiben den 30.Oktober 1949. 23 Tage nach der Gründung der DDR wird mit der Projektierung eines Fernsehzentrums in Berlin begonnen. Mit der Leitung der Arbeiten wird der Oberingenieur Ernst Augustin beauftragt.

1950

Am 13.Mai 1950 beschließt die Generalintendanz des DDR-Rundfunks mit Fernseh-Sendeversuchen zu beginnen.

Mit der erstmaligen Übertragung eines Festkonzertes über UKW wird auch der sofortige Aufbau eines UKW- Sendernetzes beschlossen.

11. Juni 1950. An diesem Tage findet die feierliche Grundsteinlegung in Berlin-Adlershof für das Fernsehzentrum statt,

Am 15.Okober 1950 erfolgte die Inbetriebnahme des ersten UKW-Senders der Deutschen Post in Berlin, Mauerstraße. Er sendete mit einer Leistung von 100 Watt auf UKW 94,5 MHz. Deklariert wurde es als Versuchssendungen, diese waren tonlose Fernsehversuchssendungen.

Im Januar 1950 beginnt im "Sachsenwerk" Radeberg die Produktion des Fersehgerätes T2 "Leningrad".

Am 1.Mai 1950 wurde auf dem Brocken (1142 m ü NN) ein UKW-Sender der Deutschen Post im Turmgebäude in Betrieb genommen. Der Sender strahlte das Programm des Deutschlandsenders auf der Frequenz 97,4 MHz mit einer Sendeleistung von 250 Watt über eine Kreuzdipolantenne ab.

Am 13.Mai 1950 nimmt das Staatliche Komitee für Rundfunk der DDR die Mitgliedschaft in der am 28.Juni 1946 in Brüssel gegründeten Internationalen Rundfunkorganisation wahr (OIR).

Hinweis; im Juni 1959 wird die Bezeichnung in Internationale Organisation für Rundfunk und Fernsehen (OIRT) geändert.

1951

Am 17.Juli wird in Berlin Adlershof Richtfest gefeiert .

Am 1.August 1951 werden erste interne Fernseh-Versuchssendungen durch das  Fernsehzentrum und Zentrallabor  in Berlin-Adlershof aufgenommen.

Am 25.November sendet man ein erstes Versuchsprogramm. 

Am 20.Dezember 1951 erfolgte die Inbetriebnahme des 1. Fernsehsenders der Deutschen Post im Gebäude des Stadthauses auf dem Molkenmarkt in Berlin mit einer Leistung von 250 Watt Bild und 50 Watt Ton auf der Frequenz 99,9/106.4 MHz im Band II als Versuchsbetrieb.

In den Sendepausen des Fernsehens wird der Tonsender zur Abstrahlung von Rundfunk genutzt.           Die Leistungsendstufe war mit der nachentwickelten strahlungsgekühlten Wehrmachtsröhre TS41 aufgebaut. Der Sender wurde bei WF angefertigt.

Am 31.Dezember 1951 kommt die erste Sendung aus dem Funkhauskomplex "Block A" Berlin Nalepastraße. In der DDR sind inzwischen 3.813100 Rundfunkhörer registriert.

1952

Am 11.Januar 1952 besuchte der Präsident der DDR Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht sowie weitere Mitglieder der Partei und Staatsführung den Standort Adlershof und sie informierten sich über den Stand de Arbeiten zur Einführung des Fernsehens. Den Besuchern wird die erste eigenentwickelte Fernsehkamera QP6 vorgestellt.

3.Juni 1952: Die Richtfunkverbindung zwischen Adlershof und dem Stadthausturm ist hergestellt. Bereits am 4.Juni beginnen die inoffiziellen Versuchssendungen.

4,Juni 1952, so heisst es im Postbuch : Beginn der Probesendungen für die öffentliche Programmtätigkeit des Fernsehens der DDR . Die ersten 1 bis 1,5 Stunden langen Probesendungen wurden täglich ab 20,00 Uhr abgestrahlt.

6.Juli 1952, der in Rekordzeit errichtete erste Mittelwellengroßsender der DDR wurde in Anwesenheit von Wilhelm Pieck und Ministerpräsident Otto Grotewohl in Berlin-Köpenick feierlich übrgeben. Die auf das modernste ausgerüstete Sendeanlage strahlt mit  einer Stahlturm- Antenne von 243 m Höhe. 

21.Dezember 1952, das "Fernsehzentrum Adlershof" beginnt als "Deutscher Fernsehfunk" sein erstes regelmäßiges Programm. Mit dem Beginn waren in Berlin (Ost) 75 Fernsehgeräte im Betrieb. Am 25. Dezember gab es die erste Unterhaltungssendung, das "Fernsehkarussell" mit Zirkusberichten. 

31.Dezember 1952, in der DDR waren 4.209500 Rundfunkhörer registriert.

1953

Am 30. August 1953 ist der Standort in Leipzig nach Berlin der zweite in der DDR. Dazu ein ausführlicher Bericht.

1954

Am 31.Dezember 1954 waren in der DDR 4.775600 Rundfunkgeräte und immerhin 2300 Fernsehgeräte registriert.

1955

Am 2.Mai 1955 wurden die ersten Übertragungen als Filmberichte von der Internationalen Friedensfahrt gesendet.

15.Juli 1955, Inbetriebnahme eines Fernsehsenders der Deutschen Post in Berlin Prenzlauer Allee 36, mit einer Leistung von 3kW im Kanal 3 OIRT , Frequenz 59,25 / 65,75 MHz . Dieser war hergestellt im VEB "Sachsenwerk Radeberg" und blieb dort bis 15.August 1956 in Betrieb.

Nun ging es Schlag auf Schlag , am

23.Juli 1955 wurde der Sender auf dem Brocken mit einer Leistung von zunächst 3 kW im Kanal 4 OIRT (169,25/ 175,75 MHz) in Betrieb genommen.  Ab 14.Februar 1956 sendet er dann mit 10 kW.

Am 08.September 1955 wurde der Fernsehsender auf dem Großen Inselsberg mit 3 kW auf dem OIRT Kanal 5 (185,25 / 191,75 MHz)in Betrieb genommen. Am 23.Februar 1956 kam die Leistungserhöhung auf 10 kW. 

Diese Sender waren im Werk für Fernmeldewesen (WF) in Berlin gefertigt worden.

Am 21.Dezember 1955 erfolgte die Inbetriebnahme des Fernsehsenders in Berlin, Prenzlauer Allee 36 mit einer Leistung von 10 kW auf OIRT Kanal 9  (209,25 / 215,75 MHz). 

Am gleichen Tage ging der Sender auf dem Katzenstein ( bei Karl-Marx- Stadt, heute heißt die Stadt wieder Chemnitz) mit einer Leistung von 3kW auf OIRT Kanal 8 ( 201,25 / 207,75 MHz) in Betrieb.

Zuvor hatte in Hartmannsdorf ein Kleinsender versuchsweise schon in CCIR-Norm gearbeitet. 

Und, auch am 21.Dezember wird der Sender Marlow für den Ostseebezirk in Betrieb genommen. Er arbeitete auf OIRT-Norm Kanal 8 (193,25 /199,75 MHz ) zunächst mit 3 kW, am 15.September im Jahre 1956 wird die Leistung auf 10 kW erhöht.

Mit den Fernsehsendern der Deutschen Post in Berlin, Leipzig, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Marlow, Brocken und Inselsberg konnte das Programm des Deutschen Fernsehfunks nunmehr auf 2/3 des DDR- Territoriums empfangen werden. Inzwischen sind 13600 Fernsehteilnehmer registriert.

1956

3.Januar 1956; Das Versuchsprogramm des Deutschen Fernsehfunks gilt offiziell als beendet, es wird ein reguläres Programm mit neuem Sendezeichen ausgestrahlt.

Die Neujahrsansprache des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck, wird im Fernsehen übertragen. 

Am 22.Juni 1956 tritt die "Verordnung über den Fernseh-Rundfunk" in Kraft. Ab 1.Juli wird eine Fernsehgebühr verlangt, diese beträgt monatlich 4 DM ( Ostdeutsche Mark). Rundfunk und Fernsehen zusammen machten dann monatlich 7,05 DM. 

Am 22.Juni 1956 wird der erste Versuchssender der Deutschen Post im Band IV. in Betrieb genommen.

Mit diesem Sender, Fabrikat RAFENA, wurden zwei Jahre lang mit einer Leistung von 250 Watt auschließlich Testbilder für Ausbreitungsmessungen abgestrahlt.

Am 31.Dezember 1956 sind in der DDR 70600 Fernsehgeräte und 5.218400 Rundfunkgeräte angemeldet

1957

Das Jahr 1957 war gekennzeichnet durch die Umrüstung aller Sender und Empfänger  von der osteuropäischen OIRT- Norm auf die westeuropäische CCIR- Norm. Durch die Umstellung der Tonnorm, konnte nun auch in der Bundesrepublik der Ton des DFF empfangen werden. 

Am 31. Dezember 1957 sind in der DDR 159500 Fernsehgeräte und 5.306300 Radiogeräte angemeldet.  Drei Prozent aller Haushalte  haben ein Fernsehgerät. Die wöchentliche Sendezeit des DFF beträgt durchschnittlich 28 Stunden.

1958

Das Jahr 1958 kommt. Hier schauen wir mal auf das Thema Richtfunk. Für die Bildzubringung zu den einzelnen Senderstandorten war das Richtfunksystem RVG 904 aufgebaut. Die Tonzubringung erfolgte über geschaltete Rundfunkleitungen. 1958 beginnend wird im feststehenden Richtfunknetz der Deutschen Post eine neue Gerätegeneration eingesetzt.

Für die Bildstrecke ist es die Gerätetechnik RVG 908 mit einem TV-Kanal pro Gerät und für die Tonfunkstrecke  die RVG 955 mit vier Tonkanälen pro Gerät und einem Telefonkanal, über den eine problemlose Verständigung aller Richtfunkstellen möglich war.

In diesem Jahr werden die ersten Fernseh-Kanalumsetzer (FSKU) gefertigt und in Betrieb genommen. So z.B. zur Jahresmitte auf dem Hochwald bei Zittau mit einer Leistung von 0,2 Watt im Kanal 10. 

Damit beginnt der Aufbau des Fernsehfüllsendernetzes zur Verbesserung der Fernseh- Rundfunk- Versorgung in Abschattungsgebieten der Grundnetzsender. 

Am 31.12.1958 sind 317600 Fernsehgeräte , entspricht 5% aller Haushalte, sowie  5.378300 Rundfunkgeräte angemeldet. 

1959

Am 2.Mai 1959 startet erstmalig die Berichterstattung zur "Internationalen Friedensfahrt" auf dem Gebiet der DDR mit einem Hubschrauber. 

Am 1.Oktober 1959 wird in Dequede (Altmark, Kreis Osterburg) nach 3-jähriger Bauzeit der erste Fernsehturm der DDR eingeweiht. er hat eien Gesamthöe von 180 m, die Kuppel, in welcher die Tehcnik untergebracht ist, befindet sich in 110 m Höhe  und diese hat einen Durchmesser von 14 Metern.

Nach Stuttgart ist es der zweite Fernsehturm dieser Bauart in Deutschland.

Am 6.Oktober wird auf dem Brocken ein neuer 10 kW Fernsehsender der Firma Siemens in Betrieb genommen. Der Sender hat auch eine neue Antenne, welche an dem 50 m hohen Stahlrohrmast suf dem alten Fernsehturm angebracht ist. 

Am 31. Dezember 1959 sind  593500 Fernsehgeräte  ( 17% aller Haushalte) und 5.489100 Rundfunkgeräte angemeldet.

1960

Am 30.Januar 1960 nimmt die Intervision ihre Tätigkeit auf. Einige interessante Fakten dazu finden sie hier. Angeschlossen sind zunächst die DDR, Polen, CSR und Ungarn. 

Im Frühjahr 1960 wird anlässlich des Besuches  von Chrustschow in Paris eine mobile Richtfunkstrecke vom Typ TM110 der Firma Thomson CSF zwischen Brocken und Torfhaus im Harz in Betrieb genommen. Sie sollte für viele Jahre die einzigste "illegale" Verbindung zwischen der Intervision in Osteuropa und der Eurovision in Westeuropa sein. Der Begriff "illegal" steht dafür, dass es nicht zwischenstaatlich vereinbart war und so behandelt wurde. 

Am 1.Juni 1960 wird Berlin, Prenzlauer Allee 36  ein Fernsehsender im Band IV  in Betrieb genommen. Der Sender hatte eine Leistung von 2 kW und arbeitete auf Kanal 29 ( 535,25 / 540,75 MHz). Dieser Sender ist für das 2. Programm vorgesehen, strahlt jedoch für die Versuchszwecke nur das vorhandene 1.Programm des DFF ab. 

Wieder etwas Statistik; Am 31.12.1960 sind 1.035000 Fernsehgerätein der DDR  angemeldet. Das sind 17% aller Haushalte. Dazu mal ein Vegleich mit der BRD, dort waren Ende 1960 3.500 000 Fernsehgeräte angemeldet.

1961

Am 14.April kam die erste Direktübertragung aus Moskau. Juri Gagarin wird empfangen, der erste Raumflieger der Welt. 

18.Juli 1960, der VEB RAFENA Radeberg produziert den Millionsten Fernsehapparat.

Die Hauptfernsehproduzenten waren zu dieser Zeit in der DDR;  RAFENA Radeberg, das Fernsehgerätewerk Staßfurt, das Fernsehgerätewerk Berlin Weißensee ( Berolina und Alex)  sowie die Firma Elbia mit Standorten in Schönebeck und Calbe. Letztere Firma wurde vor allem durch seine Nordlichtserie bekannt.

Der Bedarf an Fernsehgeräten stieg rasant an. So war es normal, dass von der Bestellung im Laden bis zur Auslieferung drei Jahre vergingen. Wer das nötige Kleingeld für eine Fernsehtruhe hatte oder Beziehungen nach Ost- Berlin, der kam schneller zum Ziel. 

13.August 1961: Die Maßnahmen der DDR zur Schließung der Grenzen, die mit dem Mauerbau in Berlin an diesem Tage begannen, hatten langfristig auch Einfluß auf die Entwicklung des Fernsehens in der DDR. Mit der politischen Abgrenzung begann auch die wirtschaftliche Isolierung der DDR von der westlichen Wirtschaft.

Um die zugewiesenen Frequenzen für die Programmkette des zweiten Fernsehprogrammes zu belegen wurden dringend Sender benötigt, die im östlichen Wirtschaftsbereich aber noch nicht gebaut wurden. im Westen wurden diese Sender produziert, durften aber wegen erlassenen Embargobestimmungen gegen die DDR, nicht dorthin verkauft werden. 

So kam es, dass die Sowjetunion bei Thomson CSF in Frankreich eine Schiffssendung Band IVSender einkaufte, die jedoch nicht in einem sowjetischen Hafen, sondern in Rostock entladen wurden.

Am 7.Oktober 1961 erfolgt die Inbetriebnahme eines neuen Fernsehsenders in Radebeul bei Dresden mit einer Leistung von 10 kW auf Kanal 10 . 

Mit der Inbetriebnahme der Richtfunktürme Birkenholzaue (am 1.Juli), Perwenitz und und Rhinow (1.August) und der Strecke Dequede- Pinnow - Schwerin (7.Okober) wird der Ring zwischen der West- und Nordstrecke geschlossen. 

Die Modulationsversorgung für die Türme Dequede und Schwerin wird damit gesichert. 

Am 31.Dezember 1961 waren in der DDR 1.459300 Fernsehgeräte ( 24 % aller Haushalte) und 5.602300 Radiogeräte gemeldet.

1962

Am 11.August 1962 die erste Direkübertragung aus dem Kosmos, die sowjetischen Raumflieger Nikolajew und Popowitsch grüßen und berichten von ihrer Arbeit an Bord von Wostok 3 und Wostok 4.

1.September 1962: Mit Beschluß der Europäischen Rundfunkkonferenz in Stockholm, an welcher kein Vertreter der DDR teilnahm, wurde für die UKW-Sender ein neues Frequenzraster eingeführt. 

Die Deutsche Post mußte kurzfristig einen Teil der UKW-Sender umstellen.

Am 3.Oktober 1962 geht das "Ostseestudio Rostock" in Betrieb. eine erste Sendung folgt.

14.Dezember: Der erste in der DDR entwickelte Fernseh-Übertragungszug wird dem DFF in Adlershof übergeben.

Am 31.Dezember 1962 sind 2.378900 Fernsehgeräte (31% der Haushalte) sowie 5.739012 Radiogeräte angemeldet.

1963

Im Jahre 1963 erfolgt am 17.September die Inbetriebnahme des ersten Fernsehsenders  im Band IV, der aus Frankreich über den sowjetischen Scheinimport kam , auf dem Inselsberg UHF Kanal 31 mit einer Leistung von 10 kW.  

Am 31.Dezember 1963 sind 2.378900 Fernsehgeräte (36% der Haushalte) und 5.739012 Radiogeräte gemeldet. 

1964

Am 23.Februar 1964 nimmt das Fernsehstudio Halle, Waisenhausring 8, seine Tätigkeit aus. Von hier kommen dann u.a. die beliebten Sendungen, im "Krug zum Grünen Kranze" und „Sonntag 11 Uhr... hier ist das Studio Halle“ . 

Am 31.Dezember 1964 sind 2.800800 Fernsehgeräte (42% der Haushalte) und 5.759400 Radiogeräte gemeldet. 

1965

Am 7.November 1965 findet in einem Hörsaal der Technischen Universität Dresden eine öffentliche Farbfernsehversuchsübertragung statt.

Am 31.Dezember 1965 sind 3.216400 Fernsehgeräte (49% der Haushalte) und 5.743000 Radiogeräte gemeldet. 

1966

Am 31.Dezember 1966 sind 3.600400 Fernsehgeräte (54% der Haushalte) und 5.820000 Radiogeräte gemeldet. 

1967

In diesem und in den folgenden Jahren begannen die Vorbereitungen für die Einführung des zweiten Programmes und des Farbfernsehens. Beim Farbfernsehen stand das Fragezeichen welches System wohl eingeführt wird.

Dies wurde nie öffentlich diskutiert in der DDR, um es kurz zu sagen, die SED-Partei hat es politisch entschieden !  

Die Techniker im Rundfunkzenralamt (RFZ) der Deutschen Post und die Techniker des Sendebetriebes bereiteten alles zweigleisig vor. Die Techniker versuchten es den politischen Entscheidungsträgern klarzumachen, dass das PAL-Farbfernsehsystem  dem SECAM-System vorzuziehen ist. Aber letztlich wurde Anfang 1969 die politische Entscheidung getroffen. 

25.August 1967 in der Bundesrepublik wird das PAL-Farbfernsehen gestartet.

1.November 1967 ein weiterer Band IV Sender auf dem Brocken wird  auf Kanal 34  mit 10 kW in Betrieb genommen. Er strahlt , wie auch die weiteren UHF-Sender zunächst das 1.Programm des DFF ab. 

Am 31.Dezember 1967 sind 3.9932900 Fernsehgeräte (60% der Haushalte) und 5.881102 Radiogeräte gemeldet. 

1968

leider noch keine Aufzeichnungen 

1969

Die Entscheidung ist getroffen, zum 20.Jahrestag am 7.Oktober, soll das Farbfernsehen in der DDR nach dem in Frankreich entwickelten System SECAM in Betrieb gehen. 

Ganz klammheimlich wurde auch der damals modernste Farbfernseher der Welt , der Color 20 entwickelt.

3.Oktober 1969; am Vorabend des 20.Jahrestages der DDR wurde der Fernsehturm in Berlin Alexanderplatz seiner Bestimmung übergeben. Mit einer Gesamthöhe von 365 m ist er damals das zweithöchste Turmbauwerk der Welt. Nur der Останкинская телебашня (Fernsehturm Ostankino in Moskau) war mit 537 m höher.

Zunächst wurde nur das 2.Programm des DDR- Fernsehens vom Fernsehturm Berlin ausgestrahlt. Es war offensichtlich ein "Kampftermin", Walter Ulbricht betätigte, wie schon zwei Jahre zuvor in der BRD Willy Brandt, den Knopf und sekundengenau flimmerte das bunte SECAM IIIb Bild über die Bildschirme. 

Geschafft Genossen ! Ich dachte damals als 18 jähriger darüber nicht nach, die Freude und der Stolz waren zu groß, die Medien taten ihr übrigens um das Ereignis zu hofieren. Wenn ich heute auf diese Sache zurückblicke, da sehe ich das anders. Wir hatten nun SECAM III b und CCIR- Tonnorm. Unsere Nachbarn Tschechoslowakei und Polen hatten zunächst noch schwarz weiß TV mit OIRT- Ton... und die BRD hatte PAL und CCIR-Ton. 

Die Farbfernseher Color 20 und auch die allermeisten schwarz-weiß Geräte waren nur mit CCIR- Ton bestückt. So konnten unsere DDR-Fernsehzuschauer den Westen nur ohne Farbe und später den Osten mit bunt aber ohne Ton sehen. Ich gebe es heute zu, damals habe ich mich damit nicht abgefunden und von GRW- Teltow ein Entwicklungsmuster "Filter mit breiter Tontreppe" besorgt. Das ZDA-Modul konnte man umbauen und jetzt zumindestens hier in Pirna den tschechischen Sender Bukova Hora  bunt mit Ton empfangen. 

Nicht nur über den neuen Fernsehturm in Berlin wird das das zweite Programm des deutschen Fernsehfunks, sondern auch über die Sender in Dresden- Wachwitz , Schwerin und Dequede, übertragen. 

Am 29.November gibt es noch einen weiteren Höhepunkt. Die erste Fernsehsendung mit Stereoton in Europa strahlt der DFF aus. Der Stereoton wird über UKW, Sendekette Radio DDR 2, gesendet. Das Projekt wurde gemeinsam mit Rundfunk- und Fernsehtechnischen Zentralamt der Deutschen Post  realisiert. 

Am 31.Dezember 1969 sind 4.337000 Fernsehgeräte (66% der Haushalte) und 5.983500 Radiogeräte gemeldet. 

1970 

leider noch keine Aufzeichnungen

1971

15.April  Das Richtfunknetz im Süden der DDR wurde weiter ausgebaut. So konnten die Band IV Sender auf dem Inselsberg und auf dem Bleßberg, die bisher das erste Programm abstrahlten, nun große Teile von Thüringen mit dem 2.Progamm versorgen. 

Am 30.September 1971 wurde nach einem Treffen der Delegationen des Bundespostministeriums der BRD und des Ministeriums für Post und Fernmeldewesen der DDR ein Verhandlungsprotokoll unterzeichnet über die Errichtung und Inbetriebnahme einer farbtüchtigen Richtfunkstrecke zwischen der BRD und der DDR.

Am 31.Dezember 1971  sind 4.6489000 Fernsehgeräte  (72 % der Haushalte) und 6.016100 Radioempfänger angemeldet. 

Der Deutsche Fernsehfunk sendet durchschnittlich 116 Stunden pro Woche, davon 11 Stunden pro Woche in Farbe.

1972

3,Januar : Der Name "Deutscher Fernsehfunk" wird in "Fernsehen der DDR" geändert.

Eine Erklärung dazu: Auf dem 1971 durchgeführten Parteitag der SED wurde die weitere Durchsetzung der Eigenstaatlichkeit der DDR festgelegt. Danach sollten alle Wortstämmme in denen das Wort "deutsch" vorkommt, geändert werden. Bei der Durchsetzung dieser Festlegung wird auch der Programmname "Deutschlandsender" in "Stimme der DDR" umbenannt und ich war plötzlich ein DDR- Bürger!

1.Februar : Der französische Band IV Sender, 20kW Kanal 34 ,auf dem Brocken sendet das 2.Programm ohne Farbe  auf eine Antenne mit der Hauptstrahlrichtung Nord- West.

26.August : Nach der schrittweisen Umrüstung der Senderkette des 1. Programmes auf Farbtüchtigkeit beginnt der Versuchsbetrieb der Farbsendungen über die Senderkette des ersten Programmes. 

26. August 1972: Die gemäß Verhandlungsprotokoll über die Errichtung und Inbetriebnahme einer farbtüchtigen Richtfunkstrecke zwischen der BRD und DDR vom 30.09.1971 aufgebaute Strecke zwischen Gatow (BRD) und Dequede (DDR) wird erstmalig für die Olympiaübertragungen der Olympischen Spiele vom 26.08. bis 11.09. genutzt.

31.Dezember:  Es sind 4.819800 Fernsehgeräte (75% der Haushalte) und 6.049841 Radiogeräte gemeldet. 

 

In den Folgejahren wurde die gesamte Richtfunktechnik ausgetauscht. Zum Einsatz kamen vom VEB Robotron (Rafena) die RVG 960 für die Bildkanäle und die RVG 935 für die Tontechnik.

Es wurde ein Nordring und Südring mit der Hauptleitstelle Berlin und ein Südring mit der Unterleitstelle Roitsch aufgebaut. Diese Ringe waren in beiden Richtungen betriebsfähig, so dass zu den laufenden Programmen Reportagemöglichkeiten vorhanden waren.

Mit der Einführung des Farbfernsehens begann auch der Austausch der Band IV- Sender . Hier wurden neue mit 20kW- Endstufen vom Funkwerk Köpenick eingesetzt. 

Hier könnte ein trauriges Kapitel bei der Entwicklung der Sendestellen hinzugefügt werden:

Die RGW- Staaten ( Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, die EG des Ostens) hatten beschlossen, dass das Funkwerk Köpenick die Senderproduktion einstampft und Armeefunktechnik und Schiffselektronik baut.

Mit dem Bau der Sendertechnik sollte dann die Volksrepublik Ungarn beginnen. Das war wieder      einmal eine typisch politische Entscheidung. Ungarn mit seiner Agrarstruktur und Senderbau ! Ja das hat auch nicht geklappt. Eine kleine Firma aus Warschau "Zarat" übernahm den Senderbau. die bisherigen Qulitätsanforderungen konnte "Zarat"  nicht sichern, auch die Zuverlässigkeit der Technik war nicht gegeben. Böses Erwachen gab es dann immer, wenn Ersatzteile gebraucht wurden....die Fachleute wissen was ich hier schreibe...

Am 7.Oktober 1973 geht dr letzte in Köpenick gebaute Band IV- Sender mit 20/2 kW für das zweite Programm in Betrieb. Inzwischen gibt es in der BRD auch erste Mehrnormenfarbfernseher mit SECAM IIIb und so kann kann man mit einigen Zuschauern auch aus Hannover oder Kassel rechnen, die sich am Farbprogramm des DDR- Fernsehens erfreuen...

Dies ist der erste Teil. Sollte ich das eine oder andere wichtige Ereignis vergessen haben, dann schreiben Sie mir bitte.

 

Literatur:                                                                                                                                           Postbücher der DDR, Notizen von E. Kunst und E.Quinger ( Funkdirektion), Technik im Turm von WF,  FF-Dabei, die Fernsehzeitung der DDR.

 

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.

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10.May.22 05:30
312 from 2084

Wolfgang Lill (D)
Redakteur
Beiträge: 1178
Anzahl Danke: 5
Wolfgang Lill

Ein ehemaliger Techniker der Technischen Universität Dresden hat mir einige ergänzende und interessante Informationen geschickt, die ich gerne hier anhänge;

Hallo, Wolfgang! Hier noch einige Bemerkungen von mir zu Deinem Artikel:

Das Farbsystem Secam wurde nicht nur aus politischen Gründen gewählt, sondern deshalb, weil damals in der DDR die benötigten Quarze zur Bildstabilisierung beim PAL-System nicht produziert werden konnten. Da es von Seiten der BRD ein Wirtschaftsembargo für solche Techniken gab, war auch ein Import nicht möglich. Man arbeitete damals fieberhaft u.a. an der TU Dresden (Sektion 9) an der Entwicklung einer eigenen Produktion solcher Quarze. Es war aber nicht einfach, da es auch von Seiten des Westens Patente dafür gab. So mußte ein eigenes Fertigungsverfahren entwickelt werden, was dann auch gelang. Die gesamte Aufnahmetechnik des DDR-Fernsehens bestand natürlich fast ausnahmslos aus PAL - Technologie. Diese importierte man für "harte Währung". Erst im Sender wurde PAL in ein SECAM-Signal gewandelt... Die PAL-Technologie brauchte man ja auch zur Übertragung internationaler Fernsehsendungen.

Im Jahre 1985 hatten wir an der UNI die erste VHS-Kamera und einen Videorecorder. Die Studenten konnten sich die Filme jedoch nur in Schwarz-Weiß ansehen.

Als 1987 die Gemeinschaftsantennenanlagen in der DDR genehmigt wurden, ließ ich damals meinen "Colormat" auf PAL umrüsten. Die Platine kam mit Einbau ca. 180.-Mark der DDR...

Noch etwas interessantes: Im Jahre 1987 besuchte Honecker mit dem rumänischen Präsident  Nicolae Ceaușescu unsere UNI. Das DDR-Fernsehen hatten an der gesamten Wegstrecke Fernsehkameras der Marke "Bosch" stehen. Die Mitarbeiter der TU sollten sich zum Winken an die Straße stellen. Ich habe allerdings nur aus dem Fenster geguckt...

Gruß! Roland

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DFF Fernsehgeschichte in Ostdeutschland bzw. DDR 
16.Mar.23 16:34
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Wolfgang Lill (D)
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Wolfgang Lill

Ab Montag den 8.August 1960 wurde ab Senderstandort Radebeul auf Kanal 10 VHF CCIR gesendet. Der Sonderkanal ist damit Geschichte.

21. Mai 1954  (Originaltext)

Inbetriebnahme des. Fernseh-Senders der Deut-
schen Post in Dresden-Radebeul mit einer Lei-
stung von 1/0,25 kW (Bild/Ton) im Band III
(K1/CIRT) auf der Frequenz 145,25/151,75 Milz
(Bild/Ton). Es ist der erste Topfkreissen-
der aus DDR-Entwicklung.

Siehe dazu die Notiz im Postbuch ( bzw Chronik der Post ).

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