Bauformen und Wicklungen von Ferritantennen

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Bauformen und Wicklungen von Ferritantennen 
31.May.23 17:42
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Harald Giese (D)
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Harald Giese

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1     Einführung

In der ersten Hälfte der 1950er Jahre tauchten auf dem deutschen Markt die ersten Radios mit Ferritstab - Antennen auf, was für den Empfang von MW- und LW - Stationen eine deutliche Erleichterung brachte - eine externe Antenne, die einem die Wohnung verschandelte gehörte der Vergangenheit an.

Nur noch in sehr ungünstigen Empfangslagen oder für den Empfang von Kurzwellenstationen benötigte man weiterhin eine externe Antenne.

 


 

Wie mir Bernhard Nagel mitteilte, gab es seines Wissens erste Ferritstab - Antennen in europäischen Geräten ab Jg. 1952/53. Dazu zählten:

Philips verbaute ab 1952/53 ebenfalls Ferritantennen:

  • BX221U /10, ein sehr langer Ferritstab der sich fast über die gesamte Breite des Innenraums erstreckt.

 

Da die historischen Hintergründe der Ferritstab - Antennen im RM schon mehrfach ventiliert wurden (siehe Links am Ende dieses Beitrags), möchte ich im Folgenden ein bisher weniger im Fokus des Interesses stehendes Thema ansprechen:

Ferritstäbe gab es in den 1950er bis 1960er Jahren in vielen verschieden Bauformen, ebenso wie die auf sie gewickelten Spulen, und es erweist sich im Nachherein als äußerst schwierig zu beurteilen, warum Firmen unterschiedliche Stabgeometrien und Wickelstrategien bevorzugten.

Auf Anregung von Hans M. Knoll habe ich nun  diesen alten Thread zum Thema Ferritstäbe studiert und festgestellt, dass die Diskussion außer der Tatsache dass es außer "normalen" Ferritstäben auch geschlitzte und solche mit Zentralkanal (Hohlstäbe) gab, zu keiner Schlussfolgerung gekommen war.

Das hat mich dazu veranlasst, in einigen Geräten meiner Sammlung die Ferritstäbe auszumessen und die Daten hier im Forum vorzustellen. Man wird sehen, dass jeder Hersteller seine Lieblingsfabrikate hatte und sich nicht nur die Ferritmaterialien sondern auch die Wickelstrategien von Firma zu Firma und sogar von einem Modell zum anderen derselben Firma unterschieden.

In Bezug auf die Ferritstäbe gab es:

  • Runde Vollstäbe (alle hochohmig)
  • Runde Vollstäbe mit Abflachungen (hoch- und niederohmig)
  • Runde Vollstäbe mit Längsschlitzen (alle niederohmig)
  • Runde Hohlstäbe (alle hochohmig)
  • Flachstäbe (alle hochohmig)

Auch hinsichtlich des Spulenaufbaus hatte die Firmen unterschiedliche Ansätze:

  • Kompakte einlagige Zylinderspulen
  • Gestreckte einlagige Zylinderspulen
  • Für MW und LW je eine Kreuzwickelspule
  • Für MW und LW je zwei gegeneinander verschiebbare Kreuzwickelspulen usw.

Es treten alle denkbaren Kombinationen auf.

Die folgenden Modelle aus meiner Sammlung habe ich untersucht:

  1. GRAETZ Musica 4R217     Bj. 1955/56 und Spitzensuper 176W. Bj. 1953/54
  2. GRAETZ Page 809     Bj. 1959/61
  3. GRUNDIG 3033 / 56     Bj. 1956
  4. GRUNDIG Musikgerät 88     Bj. 1961- 64(?)
  5. Nordmende Fidelio 55     Bj. 1954/55
  6. PHILIPS Philetta B2D03A     Bj. 1960/61
  7. PHILIPS Saturn 594 Stereo B5D94A     Bj. 1959/60
  8. SABA Schwarzwald - Automatic 6-3D, Bj: 1955/56
  9. SABA Meersburg Automatic 125 Stereo     Bj. 1960/61
  10. SCHAUB - LORENZ Weltsuper 58     Bj. 1958/59
  11. SIEMENS Großsuper 54 Typ 934W     Bj. 1953/54
  12. TELEFUNKEN Gavotte 9   Bj. 1958/59
  13. AEG Tramp Junior L62     Bj. 1961/63
  14. BLAUPUNKT Diva K 93150     Bj. 1963/64
  15. PHILIPS Henriette L3D23T     Bj. 1962/63
  16. GRUNDIG Teddy Boy 59     Bj. 1959/60
  17. TELEFUNKEN Partner 1     Bj. 1957/58(?)
  18. GRUNDIG Micro Boy    Bj. 1960/61
  19. GRUNDIG Mini Boy 200     Bj. 1960/61
  20. LOEWE - OPTA Dandy 5900     Bj. 1960/62
  21. NORDMENDE Mikrobox     Bj. 1961/63

Die Mehrzahl der aufgelisteten Geräte habe ich für die Photos demontiert, bei manchen war mir die Prozedur zu aufwendig.


Als Einführung in die Thematik der Ferritstab - Antennen hier zunächst einige Seiten aus H. Pitsch " Lehrbuch der Funkempfangstechnik", 8. Aulage, Band II, 1960  , die helfen, die allgemeinen Richtlinien besser zu verstehen.


 

2     H. Pitsch " Lehrbuch der Funkempfangstechnik Band II

 

 

 

 

 

 


 

Nach der Lektüre dieses Abschnitts versteht man, dass es offensichtlich unterschiedliche Ansätze für die "optimale" Auslegung einer Ferritantenne gibt. Schaut man sich nun die in der Realität existierenden Lösungen an, so erkennt man sofort, dass man zwar immer den bei Pitsch angegbenen Grundprinzipien folgte, dass es aber immer noch genug Spielraum für die unterschiedlichsten Konstruktionen gab. Einige werde ich im Folgenden vorstellen.

 


 

3     In deutschen Radios anzutreffende Ferritantennen

 

3.1     GRAETZ Musica 4R217     Bj. 1955/56 und Spitzensuper 176W. Bj. 1953/54

 

Kurzdaten: Niederohmiger Rundstab L= 140 mm, abgeflacht, Ø=7,6 mm, über Flächen 7 mm.

GRAETZ verwendete in seinen Modellen der zweiten Hälfte der 1950er Jahre einen 140 mm langen Ferritstab, der signifikant von allen anderen Radioherstellern abwich: Einen abgeflachten Rundstab mit einem Durchmesser von 7,6 mm auf der Rundung und 7 mm über die Flächen.

Dazu kommt, dass der Stab im Gegensatz zur Mehrzahl der von der deutschen Radioindustrie verwendeten Stäbe relativ hoch leitfähig war. Über die ganze Länge misst man einen Widerstand von ca. 10 KΩ.

Entgegen allen von Pitsch gezeigten Ansätzen zeigt der Stab im Musica 4R217 auch nur eine einzige, fixierte Wicklung mit ca. 140 µH in der Stabmitte - also in der Position maximaler Induktivität. Wollte man mit dieser Spule  das niederfrequente Ende der MW erreichen, bräuchte man einen Drehkondensator von 670 pF, für das untere Bereichsende der LW sogar einen Drehko mit max. 8 nF!

Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich folgendermaßen: Die Ferritstabspule repräsentierte nicht die jeweilige Schwingkreisspule des Vorkreises, sondern diente nur als magnetische Antenne. Die an den Spulenenden anstehende HF - Spannung wurde transformatorisch in den jeweiligen Vorkreis übertragen.

Denselben Stab verwendete GRAETZ auch in anderen Modellen, wie z.B. dem Spitzensuper 176W.

 

 

Die zur Abschirmung gegen elektrische Felder dienende geeerdete Blech - Abschirmhaube wurde hier abgenommen.

Im 176W wurden im Gegensatz zum Musica 4R217 die Vorkreisspulen für MW und LW selbst direkt auf den Stab aufgebracht und nicht transformatorisch angekoppelt.

 


3.2     GRAETZ Page 809     Bj. 1959/61

 

Kurzdaten: Niederohmiger geschlitzter Rundstab L = 123 mm,  Ø = 7,8 mm.

Das Gerät hatte nur die Wellenbereiche MW und UKW.

Der MW - Vorkreiswickel auf dem Ferritstab war in zwei gegeneinander verschiebbare Spulen aufgeteilt. Bei der Spule am linken Ende des Stabs handelte es sich nicht um eine LW - Kreisspule sondern um um eine hochinduktive Antennenankopplung für externe Antennen.

 


 

3.3     GRUNDIG 3033 / 56     Bj. 1956

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=155 mm,  Ø=7,8 mm.

So wie im GRAETZ 4R217 wurde auch hier nur eine mittig fixierte einlagige Zylinderspule verwendet, deren HF  - Spannung transformatorisch in den Vorkreis übergeben wurde.

 


 

3.4     GRUNDIG Musikgerät 88     Bj. 1961- 64(?)

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L = 140 mm,  Ø = 7,8 mm. Farbmarkierung "rot".

Wie schon der oben beschreibene GRAETZ Page 809 hatte auch der GRUNDIG 88 nur die Wellenbereiche MW und UKW.

Auch hier war der MW - Vorkreiswickel auf dem Ferritstab in zwei gegeneinander verschiebbare Spulen aufgeteilt. Bei der schlecht erkennbaren Spule am rechten Ende des Stabs handelte es sich auch hier um eine hochinduktive Antennenankopplung für externe Antennen.

 


3.5    Nordmende Fidelio 55     Bj. 1954/55

 

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=170mm, abgeflacht, Ø=10 mm, über Flächen 9 mm.

Auch NORDMENDE verwendete Mitte der 1950er Jahre einen abgeflacheten Ferritstab, allerdings mit ganz anderen Maßen und Eigenschaften als bei GRAETZ. Der Außendurchmesser der Stabes lag bei 10 mm, das Maß über die Flächen bei 9 mm; Länge: 170 mm.

Das verwendete Material war hochohmig ( >20 MΩ über die gesamte Länge gemessen).

 

Der Hersteller des Stabes war die renommierte Firma STEATIT - MAGNESIA, Produzent hochwertiger keramischer Werkstoffe.  Die Kennzeichnung "03196" bezieht sich auf das Ferrimaterial und wird uns noch bei anderen Ferritstäben begegnen. Der Buchstabe "D" bezeichnet de Bauform: Abgeflachter Rundstab.

Die Vorkreiswickel wurden in der Nähe der Stabenden plaziert. Durch Verschieben erreichte man die für den Vorkreisabgleich notwendige Induktivitätsänderung.

.

 


 

3.6     PHILIPS Philetta B2D03A     Bj. 1960/61

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=140mm,  Ø= 9,8 mm.

Für den MW - Vorkreis hatte man eine einlagige Zylinderspule gewählt, für LW eine Kreuwickelspule. Der induktive Abgleich erfolgte wieder durch Verschieben der Spulen.

Das für den Ferritstab verwendete Material war hochohmig (> 20 MΩ über die gesamte Länge gemessen) und trug einen grünen Farbpunkt zur AL - Kennzeichnung. Hersteller vermutlich VALVO / PHILIPS.

 


 

3.7     PHILIPS Saturn 594 Stereo B5D94A     Bj. 1959/60

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=140mm,  Ø=10 mm, über Flächen 9 mm.

Im Saturn 594, einem Gerät der Oberklasse, verwendete PHILIPS den gleichen Typ Ferritstab mit 10 mm Außendurchmesser und 140 mm Länge wie in der Philetta. 

Allerdings wurden hier die MW - und LW - Wickel in jeweils 2 Spulen aufgeteilt.

Der Induktivitätsabgleich erfolgte durch Verschiebung der äußeren gegen die jeweils innere Spule. Dazu waren die kleinen weißen "Kunststoffohren" vorgesehen.

Anscheinend wurde ein andere Ferritstabmaterial verwendet als bei der Philetta. Man sieht eine gelbe antatt einer  grünen Farbmarkierung.

 


 

3.8     SABA Schwarzwald - Automatic 6-3D, Bj: 1955/56

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Hohlstab L=140mm,  Øaußen = 7,7 mm, Øinnen = 2,6 mm. Ein Wickel zentrisch fixiert in der Position maximaler Induktivität
 

Der in SABA Modellen verwendete Wickel entspricht dem GRAETZ 4R217 und dem GRUNDIG 3033/56. Der  Stab ähnelt ebenfalls diesen Modellen, er ist aber nicht abgeflacht, sondern hohl und hochohmig.

 


 

3.9     SABA Meersburg Automatic 125 Stereo     Bj. 1960/61

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L = 130mm,  Ø = 7,7 mm. Ein Wickel zentrisch fixiert in der Position maximaler Induktivität

Bei mehreren Herstellern habe ich beobachtet, dass die Ferritstabbewicklung bei Modellen der Oberklasse aufwendiger gestaltet wurde, als bei früheren oder einfacheren Modellen.

Bei SABA war das nicht der Fall. Beim diesem Luxusmodell der Saison 1960/61 unterschieden sich weder Stab noch Bewicklung von dem zuvor gezeigten Modell "Schwarzwald Automatik 6-3D".

Der einzige Unterschied besteht darin, dass nun ein Vollstab anstatt eines Hohlstabes verwendet wurde.

 

 

Erst in sehr späten Modellen wie dem SABA Freiburg Vollautomatic 15M von 1964/65 sieht man einen geschlitzten Ferritstab (SIEMENS) und eine etwas breitere Wicklung

 


 

3.10     SCHAUB - LORENZ Weltsuper 58     Bj. 1958/59

 

 

Kurzdaten: Niederohmiger geschlitzter Rundstab L=140mm,  Ø=10 mm.

Über die ganze Länge misst man einen Widerstand von ca. 15 KΩ.

Für MW und LW jeweils nur eine Kreuzwickelspule an den Stabenden

Als einer der wenigen Radiohersteller verwendete SCHAUB - LORENZ geschlitzte Ferritstäbe von SIEMENS (siehe auch weiter unten Abschnitt 4)

 


 

3.11     SIEMENS Großsuper 54 Typ 934W     Bj. 1953/54

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Hohlstab L=178 mm,  Øaußen = 10 mm, Øinnen = 3,3 mm.

Während der MW - Wickel aus nur einer einlagigen Spule bestand, teilte man den LW - Wickel in 2 gegeneinander verschiebbare Kreuzwickelspulen auft.

Der gleiche Stab wurde auch in anderen SIEMENS Modellen benutzt, wie z.B. im SIEMENS K43. Dort wurde er aber ähnlich wie beim SABA Schwarzwald oder bei den GRAETZ Modellen nur mit einem zentralen Wickel versehen..

Grüne Fankennzeichnung

 


 

3.12     TELEFUNKEN Gavotte 9   Bj. 1958/59

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=135mm,  Ø=10 mm.

TELEFUNKEN verwendete für MW und LW die gleiche zweigeteilte Spule, deren gestreckte, stationärer Teil über ca. 60% der Stablänge verteilt war. Eine dazu in Reihe liegende kleine einlagige Zylinderspule diente dem Induktivitätsabgleich.

 



 

KOFFERRADIOS

Nun noch einige Beispiele zu den in Kofferradios verwendeten Ferritstäben. Da im Gegensatz zu Taschenradios noch genügend Platz zur Verfügung stand, wurden hier häufig ganz ähnliche Ferritsstäbe verwendet wie in den normalen Standradios.daher nur eine kurze Aufstellung.

 


3.13     AEG Tramp Junior L62     Bj. 1961/63

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L= 220 mm,  Ø = 9,5 mm. Farbkennzeichnung "rot"

MW- und LW - Vorkreisspulen in 2 gegeneinander verschiebbare Wickel unterteilt: MW ⇒ einlagige Zylinderspulen, LW ⇒ Kreuzwickelsplen.

Ankopplung an Mischtransistor AF106 über niederohmige Koppelwicklungen.

 


 

3.14     BLAUPUNKT Diva K 93150     Bj. 1963/64

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=158 mm,  Ø=10 mm.

Jeweils eine einlagige Zylinderspule für MW und KW an den Stabenden. Zur Reduktion der Eigenkapazität wurde die KW - Spule gespreizt.

 


 

3.15     PHILIPS Henriette L3D23T     Bj. 1962/63

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L= 200 mm,  Ø = 9 mm.

 

Die Henreitte besaß 3 Empfangsbereiche UKW, KW und MW. Die Vorkreisspulen für KW und MW wurden auf dem Ferritstab untergebracht - die komplizierteste mir bekannte Bewicklung! .

 


3.16     GRUNDIG Teddy Boy 59     Bj. 1959/60 

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L=175 mm,  Ø=10 mm.

Jeweils eine Kreuzwickelspule für MW und LW an den Stabenden. Die in der Stabmitte angeordnete Spule diente der Einkopplung einer externen Zusatzantenne für AM (niederinduktive Kopplung!)

 



 

TASCHENRADIOS

Zum Abschluss noch einige Transistorgeräte. Hier mussten aufgrund der beengten Platzverhältnisse viel kleinere Ferritstäbe benutzt werden.

 


3.17     TELEFUNKEN Partner 1     Bj. 1957/58(?)

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Rundstab L = 127 mm,  Ø= 7 mm.

MW - Vorkreisspule in zwei an den Enden des Stabs positionierte Wickel unterteilt.

In Stabmitte die niedrohmige Ankoppelwickung für den Eingangstransistor OC613.

 


3.18     GRUNDIG Micro Boy    Bj. 1960/61

 

 

Kurzdaten: Niederohmiger geschlitzter Rundstab L = ca. 110 mm,  Ø= 10 mm.

Sektionierte Kreuzwickelspule mit Anzapfung zur Anpassung an den Mischtransistor OC44.

Hersteller des Ferritstabes vermutlich SIEMENS (siehe Abschnitt 4)

 


 

3.19     GRUNDIG Mini Boy 200     Bj. 1960/61

 

Stab ohne Bewicklung:

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Flachstab, BxHxT: 85 x 13 x 3,2

Hersteller STEATIT - MAGNESIA

Der MW - Vorkreiswickel wurde hier in zwei einzelne gegeneinander verschiebbare (Induktivitätsabgleich) Einzelspulen aufgeteilt

 


 

3.20     LOEWE - OPTA Dandy 5900     Bj. 1960/62

 

 

Kurzdaten: Hochohmiger Flachstab, BxHxT: 65 x 13,5 x 3,5

Hersteller: STEATIT - MAGNESIA?

Einlagige Zylinderspule mit niederohmiger Ankopplung für den Mischtransistor OC169.

 


 

3.21     NORDMENDE Mikrobox     Bj. 1961/63

 

 

Kurzdaten: Niederohmiger geschlitzter Rundstab L = 135 mm,  Ø= 7,7 mm.

Links im Bild ein SIEMENS 10 mm Rundstab (siehe unten Abschnitt 4), rechts der Ferritstab aus der NORDMENDE Mikrobox. Beim Betrachten der Schlitzbreiten und -Tiefen könnte man den Eindruck gewinnen, dass es sich hier um einen anderen Hersteller handelt. Leider ist darüber nichts bekannt.

 

Vorkreiswickel: MW ⇒ Einlagige Zylinderspule, LW ⇒ Kreuzwickelspule. Beide Vorkreisspulen mit in Reihe geschalteten Ankoppelwicklungen zur Ansteuerung des Mischtransistors AF101M.

 



 

4     Die geschlitzten Ferritstäbe von SIEMENS

In meinem Fundus befinden sich einige geschlitzte Ferrtstäbe mit 10 mm Ø und 140 mm bzw. 197 mm Länge von SIEMENS.

Hier noch einmal die Daten (Quelle Hans M. Knoll):

 

Weitere Informationen zu den geschlitzten Ferritstäben von SIEMENS findet man hier.

So sehen die Stäbe nach längerer Lagerzeit aus (Lagerung erfolgte in der Originalverpackung ⇒ Styropor - Bett mit Rillen:

140 mm Stäbe

 


197 mm Stäbe

 

Während die 140 mm langen Stäbe nur geringfügig deformiert sind, zeigen die 197 mm langen Stäbe starke Deformationen und Torsionen.

Obwohl man wohl davon ausgehen kann, dass solche extremen Deformationen erst nach längeren Zeiträumen aufgetreten sind, und die Entwickler diese Schwachstelle kaum vorherahnen konnten, so ist doch erstaunlich, dass dieser Stabtyp relativ selten in Rundfunkgeräten auftauchte.

Vielleicht lag es an der bereits bekannten Bruchempfindlichkeit oder am zu hohem Preis?

 


 

5     Ferritstäbe von STEATIT - MAGNESIA

 

Bisher verfüge ich über relativ wenig Informationen zu Ferritstäben dieses Herstellers. 

Unter den Modellen meiner Sammlung befinden sich nur 2 Geräte, die mit Sicherheit mit Ferritstäben dieses Herstellers ausgestattet sind: Der  Nordmende Fidelio 55 (Bj. 1954/55) und der GRUNDIG Mini Boy 200 ( Bj. 1960/61). Möglicherweise stammt auch der Flachstab des LOEWE - OPTA Dandy 5900 (Bj. 1960/62) von diesem Hersteller

Abgesehen davon gibt es in meiner Sammlung einen weiteren Flachstab mit dem STEATIT - MAGNESIA - Logo:

 

Oben im Bild der besagte Stab mit der Kennung "A 03196" und den Maßen BxHxT: 107 x 12 x 3,4 mm. Die Materialkennung entspricht der des abgeflachten Rundstabs im Nordmende Fidelio 55.

Unten noch einmal der Stab des  GRUNDIG Mini Boy 200 mit den Maßen BxHxT: 85 x 13 x 3,2 und der Kennung "C 03186".

 


 

6     Ausschnitt aus VALVO Handbuch FERROXCUBE

Abschließend möchte ich hier noch einen Auszug aus dem "VALVO Datenbuch Ferroxcube" von 1970 zeigen, der meines Erachtens die Komplexität der Optimierung von Ferrit - Antennenstäben in Rundfunkempfängern am besten auf den Punkt bringt:

 

 

 


 

7     Schlussbemerkungen

Im Gegensatz zu "modernen" Rundfunkgeräten gab es in den 1950er und 1960er Jahren Ferritstab - Antennen in den unterschiedlichsten Formen (geschlitzte und glatte Rundstäbe, Rundstäbe mit Abflachungen, Hohlstäbe und Flachstäbe) und aus den unterschiedlichen Materialien (elektrisch leitend oder isolierend) und mit unterschiedlichen Permeabilitätswerten. 

Auch die Bewicklung hatte man ganz unterschiedlich gelöst. So gab es einlagig zylindrische und Kreuzwickelspulen. Teilweise erfolgte der Induktivitätsabgleich durch Verschieben der Spule ( In Richtung Stabende nimmt die Induktivität ab). Teilweise hatte man die Spulen in 2 einzelne Wickel aufgetrennt, und der Induktivitätsabgleich erfolgte durch gegenseitiges Verschieben. 

In der Mehrzahl der Fälle stellten die Spulen die Vorkreisinduktivtät dar, in anderen nur eine "Rahmenantenne mit Kern", deren HF - Spannung transformatorisch in den Vorkreis übertragen wurde.

Ich wollte hier einen kleinen Eindruck davon vermitteln, wie schwierig es für die damaligen Entwickler gewesen sein muss, unter der Vielzahl der angebotenen Ferritstab - Produkte den für den geplanten Einsatzzweck am besten Geeigneten zu wählen. Doch damit nicht genug! Man musste sich auch für eine bestimmte Wickelstrategie entscheiden.

Hinsichtlich der Spulenwickel geht man natürlich intuitiv davon aus, dass man, unabhängig von der Wickelstrategie, im Interesse einer möglichst hohen Empfindlichkeit und Trennschärfe eine möglichst hohe Spulengüte erzielen möchte. Der Ferritstab sollte also nicht zu dicht an leitenden Strukturen wie Lautsprechern oder dem Chassis liegen, die durch Wirbelstromeffekte nicht nur die Induktivität mindern sondern auch die Spulengüte verringern. 

Aber selbst dann,  wenn man das Wunschziel einer hohen Güte erreicht hatte, musste man immer noch bedenken, dass diese nur zum Tragen kommt, wenn man den Gleichlauf zwischen Vorkreis und Oszillator entsprechend präzise gestaltet.

Kurz gesagt: Nicht nur die Radiotechnik im allgemeinen, sondern selbst so unscheinbare Details wie die Dimensionierung einer Ferritstab - Antenne stellten an die Entwickler große Herausforderungen.

Sie verdienen dafür unsere höchste Anerkennung!

Harald Giese


An der Historie von Ferritstab - Antennen interessierten Lesern empfehle ich den sehr umfangreichen, 2015 von Ernst Erb verfassten Beitrag unter dem Thread: First Radio to use a Ferrite Rod Antenna.und den von Joe Sousa hochgeladenen Link zu einem RCA - Artikel von 1952: Ferrite Applications In Electronic Components. 

Interessante historische Anmerkungen finden sich auch in der aus dem Radio Katalog Band 1 entnommenen Firmengeschichte von LORENZ. Hier eine Passage daraus: "1935 patentiert Lorenz (DRP 735'429) eine drehbare Ferritstab-Peilantenne [489-129], die später auch in Rundfunkgeräten Einzug hält."


Danksagung:

Mein Dank geht an Ernst Erb und Bernhard Nagel für hilfreiche Kommentare zum historischen Hintergrund der Ferritstab - Antennen.

Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.