Radiosammeln: Sammeln - aber wie!
Radiosammeln: Sammeln - aber wie!
Zum Thema Radiosammeln und Radiobasteln
Dieses kleine Kapitel aus "Radios von gestern" veröffentliche ich hier - ohne den Teil "gut fotografieren", den Sie - abgeändert - schon finden, um schliesslich in einem Text "Die Zukunft und wir" über wichtige Schritte bezüglich Radiomuseum zu berichten.
Jetzt kann man ja "Radios von gestern" wieder kaufen, und das erst noch günstig zu 40 Euro.
Auch mehr als 20 Jahre nach dem Schreiben ist "Sammeln - aber wie!" aktuell. Allerdings mit ganz anderen Vorzeichen: Klar ist, dass durch die Veränderung der Gesellschaft und der Technik dieses Hobby stark gefährdet ist - und wir es in der Hand haben, es dennoch zu fördern. Sammeln als Kapitalanlage wäre heute das falsche Motiv, denn die Preise fallen, im Gegensatz zur Zeit des Schreibens für das Buch.
Direkter Bezug der 4. Auflage von "Radios von gestern" mit ISBN 978-3-939197-49-2 ist möglich über Amazon.de, Funk Verlag Bernhard Hein e.K. in D-06847 Dessau (Elisabethstr. 16 b) oder "vth" Verlag für Technik und Handwerk GmbH, D-76492 Baden-Baden (Robert-Bosch-Strasse 4). Doch nicht mehr bei Herold in Oberhaching.
Das hat etwas zu tun mit dem Satz auf Seite 262: "Nach etwa zwei Generationen (50 Jahre) beginnen sich bei technischen Gebrauchsgütern Sammler zu interessieren." Das Sammeln von Radios hat etwas zu tun mit der Faszinität in der Kindheit/Jugend. Die Faszination ist heute bestenfalls das eigenständige Programmieren als Teenager - zuvor war noch das selbst Zusammenstellen von PC's gegeben. Mit heutigen Radios schon - oder gar dem Handy bzw. Mobiltelefon - und zukünftigen "PC's ist das gründlich vorbei. Die meisten Radios sind heute Wegwerfartikel mit ICs statt diskreter Technik, bald ist es nur noch Software. Trotzdem gibt es Jugendliche, die ins Elektronikbasteln einsteigen, evtl. auch einen entsprechenden Beruf wählen.
Der andere Zeitpunkt einer intensiveren Berührung mit Radios ist das Alter 50 bis Pensionierung, wo man rückblickend einen hobbymässigen Ausgleich sucht. Aber auch da müssen wir wissen, dass künftig solche Personen nicht mehr die Kindheitserinnerung "das Radio" haben werden. Sie kommen höchstens dazu, weil sie per Zufall über einen Kollegen oder Ausstellung etc. mehr davon erfahren - oder weil sie Elektronik basteln (wollen). Auch in der Blüte des Sammelns war die Penetration - nur in der westlichen Welt lediglich gegen ein Zehntel Promille der Bevölkerung. Das kann aber ähnlich weiter laufen, solange es in unserer Gesellschaft auch nur einen minimen Anteil an interessierten Personen gibt.
Also - Trotz der neuen Medien ...
sollten wir versuchen mit Bastelprojekten neue Sammler heranzuziehen.
Wir können ernsthaftere Bastler sicher besser ansprechen als z.B. Chat-Foren. Wir können auch geschichtliches Interesse wecken. Hier ein paar weitere Beispiele von seit Jahren veröffentlichten Stellen aus "Radios von gestern": Erfindungen und Entwicklungen bis zu Röhren und Radio" mit 9 Beiträgen ab Seite 9, "Praktiker des 19. Jahrhunderts Teil 1" ab Seite 20, "Theoretiker - eine Aufzählung von Beispielen" ist nur eine kurze Zusammenfassung welche den rein "erfindungsgeschichtlichen" Teil abschliesst. Die meisten Personen können sich nicht vorstellen, wie unsere "Altvorderen" (Vorfahren) gearbeitet hatten.
Zurück zum Buch - ab Seite 197 "Röhren als Basis - die Anfänge der Entwicklung" (2 Beiträge), "Röhrenentwicklung ab 1920" (2 Beiträge ab Seite 209), "Zusammenfassung über Röhrenentwicklungen" ab Seite 229, "Technik und Handhabung zu Radioröhren" (4 Beiträge ab Seite 240), "Restaurieren macht Spass" (3 Beiträge ab Seite 289), "Technik leicht gemacht" (10 Beiträge ab Seite 313)), "Keine Angst vor dem Innenleben" (6 Beiträge ab Seite 363)
Wir können z.B. dafür Sorgen, dass auch "eingeschriebene Gäste" zumindest über Modelle posten können - in eine Art Briefkasten. Wir können auch - ähnlich wie mit FAQ - auf der Homepage (Suchseite) einen Link (mit Bild) einrichten für besonders gute Themenzusammenfassungen - z.B. "Radio- und Elektronikbasteln". Zudem haben wir unter "Texte" die besten Beiträge - z.T. wesentlich bessere als ich oben aus dem Buch verlinkt habe! - die es so permanent vorzustellen gibt. Aber lassen Sie mich das später ausführen, denn jetzt kommt der Buchtext:
Besonders günstiges Radiohören Beginn der 20er Jahre (z.B. 1924)
Sammeln - aber wie!
Der Sammeltrieb ist im Menschen tief verwurzelt; er sammelt zum Teil die unglaublichsten Dinge. Ein Hobby wie das Sammeln kann einem Menschen den Horizont erweitern, interessante Kontakte bieten und sogar Freundschaften stiften; im negativen Sinne kann es auch zerstörerisch wirken. Dieses Kapitel befasst sich mit Sammelmotiven und -richtungen, Möglichkeiten des Erwerbs von Stücken, den etwaigen Einfluss unserer Sammlertätigkeit auf andere Menschen und mit der möglichst ansprechenden Präsentation der Kollektion.
Eines ist klar: Es liegt an der Sammlerperson, ob das Hobby sie selbst und ihre Umgebung bereichert oder vergiftet. Leider gibt es wohl keine Statistik, die aussagt, wie viele Menschen aus ihren Sammlungen ihre Götzen gemacht haben. Oft hat es der Sammler in der Hand, ob sich seine Mitmenschen für die Hintergründe und das Umfeld des Sammelns bzw. der gesammelten Stücke interessieren oder nicht. Sicher ist, dass das Sammeln eigentlich für den Sammler und seine Umgebung einen Sinn geben sollte. Erfragen wir einmal die möglichen Hintergründe unseres Tuns:
Motive des Sammelns
Jede unserer Handlungen hat Ursache, Sinn und Wirkung. Wenn wir uns dies in unser Bewusstsein rufen, können wir uns und andere besser verstehen. Auch wenn dies nicht auf den ersten Blick klar hervorsticht, Grundmotive zum Sammeln gibt es nur wenige. Meist kommt beim Sammler nicht ein Grundmotiv alleine vor, sondern es sind Motivationen in unterschiedlicher Stärke vorhanden; bei extremen Fällen kann man allerdings bereits auf Grund der Sammlung und der Einstellung zum Thema auf die Dominante kommen. Es sind dies natürlicher oder übersteigerter Sammeltrieb, Suche nach eigener Identität (übersteigert als Geltungsbedürfnis), Anhäufen von Gut (übersteigert als Besitzgier), Bewahren, Freude an schönen Dingen, Interesse an der Sache - z.B. an der Technik, der Geschichte etc.
Sammeltrieb
Ein gesunder Sammeltrieb führt zum Aufbau einer Sammlung, die je nach finanziellen Möglichkeiten eine bestimmte Linie von Geräten umfasst. In jedem Fall sucht der Sammler Vollständigkeit auf einem beschränkten Gebiet zu erreichen, sammelt spezifisch und beschränkt bewusst seinen Radius, sucht aber dennoch beharrlich nach Stücken, die in der Sammlung fehlen. Oft ist er hinter Stücken her, die keinen grossen Wert aufweisen, aber zur Sammlung gehören. Er informiert sich über die Geschichte der Sammelstücke.
Bei übersteigertem oder sogar krankhaftem Sammeltrieb beginnt das Raffen. Besonders bei älteren Menschen geht das soweit, dass sie alles aufheben. Meist gibt es weder Zusammenhang noch Ordnung; das Sammeln ist ein Muss. Ich kenne "Sammler", die haufenweise Ersatzteile wie Röhren, Bedienungsknöpfe etc. horten, aber kein Stück davon abgeben, wenn einem Sammler konkret etwas fehlt - oder dann zu einem extremen Preis. Sie wissen meistens nicht, wo sie was haben. Derartige Personen schaden dem Sammlerwesen - dies allerdings nur vorübergehend!
Eigene Identität suchen
Gerade bei unserer Massen-Konsumgesellschaft, die auf Verbrauch statt Gebrauch getrimmt ist, suchen sich die verbleibenden "Individuen" auch äusserlich von der Masse abzuheben. Sie möchten etwas besitzen, was andere nicht einfach kaufen können - etwas, das nicht mehr im normalen Angebot steht. Es spielt oft keine Rolle, wenn diese Person das Sammelobjekt durch mühevolle Arbeit wieder instandzusetzen hat. Je nachdem, wie weit andere Komponenten wirken, begnügt sie sich mit einem oder wenigen, möglichst exklusiven Stücken, die zum Schmücken oder Personalisieren der eigenen Umgebung dienen.
Wenn es technische Geräte sind, möchte dieser Sammler wohl etwas über das Innenleben wissen, sofern er technisch interessiert ist und den Zugang hat. Es spielt keine Rolle, ob eine Gerätelinie vollständig oder ob das Stück teuer oder billig ist. Die Optik spielt eine Rolle. Die Sammlung bleibt klein, aber gediegen. Die begonnene Sammlung kann den geschilderten Sammeltrieb wecken, das Interesse steigt, die Sammlung vervollständigt sich.
Ein Mensch mit übersteigertem Geltungstrieb - gemäss Dr. F. Künkel "Ichhaftigkeit" statt "Wirhaftigkeit" genannt - möchte sich mit der Sammlung "ein Denkmal" schaffen. Er will im Extremfall ein eigenes Museum erbauen, obwohl dies wegen Mangel an Massenpublikum wirtschaftlich nicht haltbar und die Sammlung meist alles andere als repräsentativ ist. Sind diese Gedanken vorhanden, sollte man zuerst in den Museen und bei den "grossen" Sammlern Umschau halten, bevor man sich ein eigenes Podest erstellen will.
Das eben erwähnte gilt nicht für Sammler, die über Jahrzehnte eine seltene, weil ziemlich vollständige Sammlung aufgebaut haben. Viele Museen sind durch private Sammler entstanden und man hat diesen Menschen dankbar zu sein. Beispielsweise gibt es private Radiomuseen, in denen einige Sammler zusammenwirken, die sogar Jugendliche ohne Kosten oder mit einem bescheidenen Kostenanteil weiterbilden.
Sammeln als Kapitalanlage
Irgendwie gilt es immer, sich seine Sammlung möglichst günstig aufzubauen. Ein gewisser Mehrwert soll anfallen, falls ein Verkauf notwendig ist. Fast jede Sammlung stellt einen gewissen Anlagewert dar. Dominiert dieser Gedanke, sammelt man wohl nur exquisite Stücke; beschränkt sich also auch. Wenige Sammler dieser Kategorie legen selbst Hand an bei der Restaurierung. Radios sind für das Ausleben dieses Motivs nicht gut geeignet, so dass dieser Sammlertyp eher Kunst sucht.
Bei übersteigertem Besitztrieb ist man der festen Überzeugung, dass eine Sammlung automatisch im Wert steigt und einmal "das grosse Geschäft" bringt. So beginnt das Raffen. Es bleibt einem keine Zeit mehr für die Pflege der Sammlung, da ja jede Gelegenheit dazu dient, Geräte zu erhandeln, die man dann irgendwo lagert. Dieser Typus Sammler möchte die Geräte möglichst geschenkt bekommen. Stellt sich bezüglich Realisation des Kapitals nicht der erwartete Erfolg ein, entsteht mit dem Alter oft Verbitterung.
Sammeln als Einkommen
Der "Händler-Sammler" lebt wenigstens teilweise vom An- und Verkauf geeigneter Sammlerstücke. Es sind meistens nicht nur Radios. In dieser Gruppe herrscht wohl am wenigsten Homogenität. Sie reicht vom Sammler, der immer wieder einmal ein Stück verkauft oder mit Kleinteilen, Duplikaten etc. mehr oder weniger regelmässig an Sammlertreffen zu finden ist, zum Sammler, der auch an Flohmärkten verkauft, zum Sammler von anderen Gegenständen, der nebenbei Rundfunkgeräte "mitnimmt" und mit ihnen "das Geschäft macht", bis hin zu professionellen Händlern, die lediglich eine "Sammlung" zu Verkaufszwecken besitzen.
Man kann hier weniger negative Übersteigerungen erwähnen, sondern eher darauf hinweisen, dass diese Personen vor allem den momentanen und spekulativen "Wert" der Gegenstände im Auge halten, wenn sie mehr zum Händler als zum Sammler neigen. Sie bieten ihre "Ware" am teuersten an und kennen immer die höchsten Preise von Versteigerungen. Geräte reparieren sie nur soweit, als die Wertsteigerung Gewinn bringt. Andrerseits sind bei ihnen möglicherweise seltene Stücke noch zu haben.
Bewahren
Das Bewahren alter Gegenstände und Bräuche zur Anschauung für heutige und künftige Generationen ist eigentlich das einzige vernünftige Sammlermotiv, wenn man die Sache genau betrachtet. Dieses altruistische Motiv findet sich beim privaten Sammler kaum in reiner Form. Museen sind dafür die geeignete Institution.
Es ist gut, dass Privatpersonen aus anderen Gründen sammeln - meist zu einer Zeit, in der ein Sammlergebiet noch gar nicht museumsreif erscheint! Je "avantgardistischer" sie sammeln, desto mehr können sie die genannten Triebe einmal ausleben, sofern sie intensiv und klug gesammelt haben. Entwickelt sich das Sammelgebiet zur "Mode", ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Raritäten bereits in festen Händen sind - wie bei den Radios.
Diverse Gründe
Zum Sammeln von Radios führt auch das Interesse an der Technik. Überhaupt hat der Beginn dieses Tuns oft noch andere als die oben geschilderten Gründe. Erst das weitergehende, extreme Sammeln entsteht durch die erwähnten Gründe oder "Leiden-schaften".
Es scheint mir wichtig, dass Sie Ihre eigenen Triebfedern des Sammelns kennen. Nur durch Ihre eigene, bewusste Auseinandersetzung mit Ihrem Tun erfahren Sie eine echte Bereicherung. Es ist jedermanns Privatsache - sofern nicht gerade krankhaft übersteigert - aus welchem Antrieb heraus er was erreicht. Nur extreme Charakter führen zu extremen Leistungen - in positiver oder negativer Form. Eine extreme Sammlerhaltung kommt immer jemandem zugute - nur nicht dem Sammler selbst! Also etwa den Verkäufern von zu teuren Stücken und den Erben. Aber dieses Hobby soll in erster Linie der eigenen Befriedigung und der Sache selbst dienen.
Am Anfang sollte man vielleicht alles sammeln, was ins Umfeld gehört, um später tauschen zu können. Doch sollten bald erreichbare Ziele eine Rolle spielen. So entsteht endlich eine profilierte Sammlung und kein Sammelsurium. Mit dieser Haltung hält man Tauschstücke frei, gewinnt guten Kontakt zu Gleichgesinnten und erlaubt auch diesen, eine Sammlung mit Linie aufzubauen. Die Freude am eigenen Tun sollte mitspielen, darum Restaurieren!
Lebenslauf eines Sammlerstücks
Gebrauchsapparte, wie das Rundfunkempfänger sind, entwickelt der Hersteller, um davon soviel wie möglich und zu einem für ihn möglichst interessanten Preis abzusetzen. Ziel ist die Optimierung des Nettogewinnes. Dabei stehen kurz- oder langfristige Ziele zur Wahl. Man kann entweder Massenware herstellen und pro Apparat mit einer minimalen Gewinnspanne auskommen oder "High-Tech"-Apparate mit hohen Gewinnspannen anbieten. Entsprechend verschieden sind Materialien und Leistungen des Apparates. Gebrauchsgegenstände und Apparate erfahren in punkto Wert oder Sammlerwert im Verlaufe der Zeit eine definierbare Entwicklung.
Schon im Laden beginnt mit der Zeit ein langsamer Preiszerfall, auch wenn durch schwache oder starke Geldentwertung die scheinbaren Preise sogar steigen. Technische Schübe oder Modelländerungen lassen den Wert sprunghaft sinken.
Typischer Verlauf einer Preisentwicklung für Sammlerstücke
Verlässt ein Apparat durch Kauf den Laden (2), ist er vom Privatmann ab sofort nur noch zu einem bestimmten Gebrauchswert weiterzuverkaufen. Je nach Sorgfalt der Aufbewahrung, Bedienung etc. sinkt der Gebrauchswert (2-4) etwas langsamer oder schneller. Weitere technische Schübe und Modelländerungen lassen den Apparat weiter an Wert abnehmen (3), bis er den Ersatzteil- (4) oder Materialwert bzw. Schrottwert (5) erreicht. Im allgemeinen hat der Apparat schon für die nächste Generation keinen Gebrauchswert mehr, ausser für Bedürftige - oder für alte Personen, die an Apparat oder Stil hängen. Ein Grossteil der Objekte wanderte früher zu Abfallverwertungsfirmen und heute auf den Sperrmüll. Mit etwas Glück kommen sie in die Hände von Trödlern, "Second-hand-shops", Brockenhäuser (Schweiz) oder Dorf-Schacherern (Österreich). Speziell beim Tod älterer Leute wandern ganze Haushaltungseinrichtungen zu diesen Berufsgruppen. Diese übernehmen die "Feinverteilung", d.h. sie kennen den Wert der üblichen Gegenstände und verkaufen diese im eigenen Geschäft oder geben sie an spezialisierte Geschäfte weiter.
Nach etwa zwei Generationen (50 Jahre) beginnen sich bei technischen Gebrauchsgütern Sammler zu interessieren (6). Bei Gegenständen, die nicht einer technischen Entwicklung unterliegen, dauert der Aufenthalt bei armen Leuten, auf Speichern oder bei Trödlern wesentlich länger, sofern das Objekt die Jahre qualitativ überlebt. Sammlerstücke wandern langsam von Trödlern in Antiquitätenläden; es entstehen Privatmuseen; für die besten Stücke beginnen sich Museen zu interessieren. Diese Entwicklung dauert wieder eine Generation.
Der Wert von alten Gegenständen richtet sich nun ausschliesslich nach Angebot und Nachfrage! Diese hängt von vielen Faktoren ab. Innerhalb einer gleichen Gruppe sind wohl die wichtigsten Parameter:
Seltenheitswert
Spezielles Styling
Aufwendige oder besondere Technik
Aufmerksamkeitswert
Zustandswert
Neben diesen Indikatoren für den Sammlerwert spielen einige andere Faktoren eine Rolle. Ein Gerät gilt im Herstellungsland normalerweise mehr als in Nachbarländern. Die Preise passen sich allgemein etwas der Prosperität eines Landes an. Sie hängen von der momentanen Popularität des Sammlergebietes ab.
Vor einigen Jahrzehnten war z.B. das Briefmarkensammeln wesentlich populärer als heute. Sammlerpreise können bei wirtschaftlichen Problemen "in den Keller fallen", wenn ein Volk sich vermehrt auf das tägliche Leben zu konzentrieren hat. Man vergisst gerne, dass Deflation während Jahrhunderten normal war. Die Preise sind in jenen Zeiten ständig, aber wenig gefallen.
Seltenheitswert
Ein Parameter zu diesem Werturteil ist sicher das Alter eines Gerätes. Rundfunkempfänger aus den Anfängen des "Radiofiebers" sind mehr gesucht - und meist in kleinerer Anzahl hergestellt - als Geräte der zweiten Hälfte der 20er Jahre. Diese wiederum erlösen im allgemeinen einen besseren Preis als Geräte der 30er Jahre etc.
Dieser Wert richtet sich interessanterweise aber nicht genau nach der Seltenheit eines Gegenstandes. "Einmalige Stücke" sind nur dann einmalig, wenn sie von einer bekannten Person (bei der Kunst) - bei Radios von einer Firma - stammen. Apparate lassen sich unter Zuhilfenahme von weiteren Kriterien Exoten, Raritäten oder Sammlerstücke bezeichnen. Ausser mit den weiteren Themen Styling und Technik hat die Einstufung von Stücken mit dem Bekanntheitsgrad der Herstellerfirma und der Grösse der aufgelegten Serie zu tun. Speziell gesucht sind Geräte von kleineren Firmen, die sich durch eine besondere Entwicklung oder durch besondere Qualität auszeichneten, oder Geräte, die Grossfirmen nur in kleinen Serien herstellten.
Spezielles Styling
Ausgefallene Formen und gute Verarbeitung sind immer gesucht, sofern der Käufer die Form nicht "als Faust aufs Auge" empfindet. Ausgefallene Formen sind oft besonders modisch, besonders konsequent-praktisch oder nur ausgefallen. Die Stücke kommen meistens in kleiner Anzahl zur Herstellung, denn nur ein kleiner Kreis sucht das Besondere - bei "Kitsch" hingegen kann man das Gegenteil behaupten.
Aufwendige oder besondere Technik
Es hängt vom Charakter oder Beruf des Sammlers ab, ob er bei einem Radio besonders schöne oder technisch besonders interessante Geräte sucht. Von diesen Geräten gibt es in jedem Fall weniger, da sich ursprünglich immer nur eine geringe Anzahl Kunden einen besonderen Aufwand erlauben konnten. Die Geräte sind entweder ihrer Zeit voraus, dauerhafter, raffinierter in der Funktion oder in der Bedienung oder leisten mehr.
Eine besondere Technik kann das Styling verändern, wie dies beim Ingelen-Geographic der Fall ist. Wir zeign mehr als 20 verschiedene Geographic Modelle.
Aufmerksamkeitswert
Unter "Aufmerksamkeitswert" fasse ich alle Faktoren zusammen, die einen bestimmten "Zufallswert" bilden. Es sind rationale und irrationale Wertfaktoren dabei. Beispielsweise gewinnt ein Gegenstand, wenn er in den Medien (Presse, TV, Plakat, Buch etc.) zur Erwähnung kommt. Erhält ein Sammlerstück wegen einer Person, die dieses unbedingt haben möchte, auf einer Auktion einen überhöhten Zuschlag, hat das Stück die Tendenz, diesen Preis zu halten.
Bei den Radios ist z.B. nicht einzusehen, warum die DKE und Volksempfänger VE301 in Deutschland zu einem mehrfachen Neuwertpreis (bei Abzug der Inflation) den Besitzer wechselten, obwohl gerade sie in grössten Massen vorkommen. Allerdings haben sich diese überhöhten Preise Mitte der 80er Jahre wieder etwas korrigiert. Beim VE301 (siehe Link oben) bringen wir mehr als 60 von den insgesamt mehr als 100 tausend gezeigten Sammlerpreisen.
Bei den in den 30er Jahren günstig und massenhaft hergestellten "Kathedralen" (Kathedralenform, kathedralenförmige, kathedralenartige) der Amerikaner ist international ein hohes Preisniveau ersichtlich, da diese Form für viele Leute der Inbegriff des "alten" Radios überhaupt darstellt.
Zustandswert
Der Zustandswert hat nicht viel mit den vorher besprochenen Parametern zu tun, da er nur den Preisunterschied innerhalb eines gleichen Typs betrifft. Allerdings kann er im Extremfall einen grösseren Faktor annehmen, als einige der obigen Begriffe zusammen.
Den Unterschied zwischen einem gut oder schlecht erhaltenen Apparat oder Gegenstand des gleichen Typs bewertet der Käufer bei billigeren Sachen oft zuwenig, da er die Instandsetzungsarbeiten meist selbst ausführt. Dabei rechnet er die Arbeitskosten nicht. Die Arbeit bedeutet für ihn ein Hobby.
Je älter oder ausgefallener, kurz - je wertvoller ein Stück ist - desto mehr fällt der Zustandswert ins Gewicht. Die Zunahme des Unterschiedes beim Zustandswert fällt für Raritäten überproportional aus. Der Kenner sucht intakte Originale oder Stücke, die ohne Verwendung fremder Materialien wieder zum Original zu restaurieren sind.
Sammlerstücke, Raritäten und Exoten
Apparate, die aus einer allgemein gesammelten "Linie" stammen, heissen Sammlerstücke. Fallen einige Sammlerfaktoren zusammen, gilt der Apparat als seltenes Sammlerstück oder Rarität. Als Exoten gelten Stücke, die äusserst selten vorkommen, aber keine Besonderheit aufweisen und nicht allgemein gesucht sind. So jedenfalls möchte ich diese Begriffe hier auseinanderhalten.
In der Praxis gehen diese Begriffe natürlich fliessend ineinander über und richten sich nach ganz persönlichen Einstellungen. Auch wechselt der gleiche Apparat in einem anderen Land seinen Stellenwert vollkommen. Wie bereits erwähnt ist normalerweise ein Gerät im Herstellungsland wesentlich gesuchter als in einem Nachbarland. Bei weiten Distanzen erhält ein Stück womöglich wieder einen gewissen "Exotenwert", wie dies bei uns oft bei Geräten aus den USA der Fall ist. Die Preise für US-Radios sind dort bedeutend niedriger als in Europa.
In The old timer's bulletin (AWA) vom November 1988 stehen die erzielten Auktions-Verkaufspreise anlässlich der Historical Radio Conference von 1988. Mehr als 200 Apparate und 50 Röhrentypen wechselten die Hand. Die ca. 100 Rundfunkempfänger - mehrheitlich aus den 20er und 30er Jahren - erzielten am häufigsten zwischen 25 und 65 $. Nur ausgesuchte "Kathedralen" erreichten 100-125 $. Typische Beispiele: Drei RCA Radiola III (1924) kosteten 30/30/37 $, zwei Crosley 51 (1924/25) fanden zu 37/75 $ einen neuen Besitzer und zwei Atwater Kent, Modell 20 (1924/25), zu 25/35 $. Von den sieben Geräten über 300 $ waren die teuersten "Rundfunkempfänger" Amrad Super Type B zu 1700 $ (kommt in der Beschreibung über Amrad in [287] nicht vor), Johnson & Phillips T-6+ (1916) zu 1600 $, Kennedy 110 (1922) zu 575 $.
Rarität oder seltenes Sammlerstück?
Als seltenes Sammlerstück verstehe ich ein Gerät, das selten, aber dennoch so häufig vorkommt, dass es einige Sammler besitzen. Oft sind es Stücke, die "in eine Sammlung gehören". Weil selten, bilden sie Mangelware. Man sieht sie in wenigen, vollständigen Sammlungen und sie sind von bestimmten Sammlern noch gesucht.
Ein Eigenbau kann ein interessantes Stück oder Exot sein; eine Rarität bildet er nach der Auffassung des Sammlers nicht. Sein Fehlen lässt keine Lücke in der Sammlung offen. Lässt ein Apparat lediglich wegen seiner kleinen Produktionsmenge eine Lücke offen, gilt er als seltenes Sammlerstück.
Raritäten sind nicht "nur" die typischen Lücken einer Sammlung, sondern weisen noch "das Besondere" auf. Meist ist es ein spezielles Design. Dies führt dazu, dass auch Nichtsammler sich für das Gerät interessieren bzw. Personen ein Gerät als Andenken behalten. Beispielsweise kam der Ingelen-Geographic ca. 1983/84 wegen einer Veröffentlichung in den Blickpunkt und galt ab dann zunehmend als Rarität.
Eine grössere Rarität bildet der Rundfunkempfänger Telefunken, Modell 12 mit Stabröhren, weil er zu einer vollständigen Telefunken-Sammlung gehört, aber wegen des Rückziehers von Telefunken noch viel seltener zu finden ist. Beide Apparate zeichnen sich durch technische Besonderheiten aus - der "Geographic" zusätzlich durch ein besonderes Styling.
Rar und damit selten sind natürlich offene Batteriegeräte aus den Anfangszeiten des Rundfunks. Bei dieser Gruppe gibt es aber wieder diese Unterscheidungen - lediglich das Preisgefüge sieht anders aus. Leider ist es menschlich - aber nicht vernünftig - wenn man hin und wieder den Ausspruch hört: "Schauen Sie, dieses Gerät fehlt gerade in der und der sonst kompletten Sammlung - aber ich besitze es!".
Exoten
Sind Herstellfirmen zu klein und bald wieder vom Markt verschwunden, können zwei extreme Situationen eintreffen: Entweder suchen einzelne Sammler deren Produkte sehr und diese erreichen hohe Preise oder sie geraten "in Vergessenheit" und man findet sie höchstens per Zufall bei einem Sammler als "Exot". Letzteres ist bei Eigenbau-Geräten nahezu immer der Fall. Jedenfalls leiden Eigenbau-Radios heute noch unter geringer Wertschätzung. Selbstbauten inkl. Bauunterlagen sind interessanter, sofern es sich um Baupläne bekannter Firmen oder Veröffentlichungen in Zeitschriften handelt.
Wo Geräte finden ?
In der zweiten Hälfte der 80er Jahre findet ein Umbruch statt; das sammelnswerte Radio taucht immer seltener bei Trödlern und in Brockenhäusern (Schweiz) auf. Bis in die 60er Jahre war es leicht, alte Radios für ein Butterbrot oder sogar von Radioreparaturwerkstätten gratis zu erhalten. Man fand sie im Müll, bei Trödlern, in Bazaren - einfach überall! In den 70er Jahren bedurfte es bereits grösserer Anstrengungen, um zu guten Stücken zu kommen. In den 80er Jahren sind es eher Zufallstreffer, und alle Vorkriegsapparate haben schon ihren Preis. Erste Apparate tauchen in Antiquitätengeschäften auf und gelegentlich finden Auktionen durch bekanntere Häuser statt.
Mir geht es ebenso schlecht wie vielen anderen Sammlern: Die Geräte, die man als Junge zerlegt hat, fehlen einem heute! Aus beruflichen Gründen konnte ich mein Hobby erst Mitte der 70er Jahre und dann nur kurze Zeit ausführen. Als ich etwa 20 Geräte gesammelt hatte, nahm mich der Beruf erneut für 10 Jahre gefangen... Diese zehn "verlorenen" Jahre waren unglaublich zu spüren! Die Szene hat sich sehr geändert und tut dies weiterhin. Noch gibt es ein Ausweichen auf andere Länder, in denen die Entwicklung in Richtung Radiosammeln noch nicht so weit fortgeschritten ist. Feriensouvenirs in Sachen "Radio" können dauerhaft erfreuen. Andrerseits haben "ärmere" Länder viel später und zaghafter mit der Radiobewegung begonnen, so dass dort nicht einmal Detektoren zu finden sind. Ich denke da z.B. an Portugal oder die Kanarischen Inseln.
Der Braun Sekundärempfänger diente zur Übertragung von Morse-Signalen
Sammlertreffen und Flohmärkte
Auch wenn man den Zeitaufwand nur in bescheidenem Rahmen rechnet, lohnt sich der Besuch von allgemeinen Flohmärkten meistens nicht mehr. Der Sammlertrieb lockt aber dennoch viele Käufer, die dann um 7 Uhr morgens bestimmte Märkte absuchen. Oft verkaufen Händler nur ihre billigste Ware auf Flohmärkten, aber es ist wichtig, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um zu erfahren, was sie im Laden anbieten. Beim Verbringen von Ferien in geeigneten Ländern lohnt es sich, die lokalen Verhältnisse zu testen, auch wenn nur Tauschobjekte auftauchen. Die Verhältnisse sind ungemein unterschiedlich.
Sammlertreffen bilden praktisch "ein Muss", denn es kommen immer wieder Stücke zum Vorschein, die einem fehlen. Allerdings darf man nicht bei den Letzten sein! Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sich über das Preisniveau der gesuchten Stücke zu orientieren und Kollegen kennenzulernen, mit denen ein Tausch möglich ist. Nehmen Sie jedenfalls gute Tauschstücke mit. Bei Radio-Amateur-Treffen gibt es ausser relativ neuen Geräten ab und zu ein geeignetes Stück zu kaufen. Dies bezieht sich allerdings eher auf Teile, Röhren und Wehrmachtsgeräte etc.
Inserate und Artikel
Zweckmässig ist es, Sammlerzeitschriften auf geeignete Anzeigen durchzuforsten und eigene Anzeigen aufzugeben. Dabei sind gerade Publikationen von Interesse, die sich nicht auf unser Hobby konzentrieren. Auch Amateurzeitschriften und Fachzeitschriften gehören dazu, eventuell gewisse Berufszeitschriften technischer Natur. Wenn Sie inserieren, dann besser über längere Zeit mit jeweils dem gleichen Text. Haben Sie bereits eine schöne Sammlung: Versuchen Sie, dass die Lokalzeitung einen bebilderten Bericht über Ihre Sammlung veröffentlicht und lassen Sie im Bericht durchblicken, dass Ihnen noch einiges fehlt. Sie erhalten so zumindest neue Kontakte. Allerdings weiss ich von erstaunlichen Resultaten auf diesem Weg.
Erwerb vom Sammler
Bald sind nur noch einzelne Geräte nicht in festen Händen und es gilt dann erst recht, sich auf eine Linie zu konzentrieren, damit die Sammlungen Bewegung erhalten. Es kommen aber immer wieder ganze Sammlungen zur Veräusserung - dort liegen die zukünftigen Chancen. Es gibt in Zukunft wohl zwei Hauptquellen für den Aufbau einer Radiosammlung: Einerseits bei Sammlern selbst, andrerseits auf Auktionen und in Antiquitätengeschäften.
Erstellen Sie sich eine Liste mit Geräten, die Sie abgeben möchten. Die Liste nimmt an Umfang zu, wenn Sie umdenken und bestimmte Ziele ins Auge fassen. Sie bieten mehr und erhalten mehr! Wenn Sie ein Stück finden, aber kein entsprechendes zum tauschen haben, lohnt ein Dreieckstausch. Sie erkundigen sich, was dem Besitzer des Stückes, das Sie suchen, vor allem fehlt und gehen bei anderen Sammlern auf die Jagd nach diesem Apparat, um ihn endlich anbieten zu können. Halten Sie Kontakt mit "Sammler-Händlern", die gute Quellen haben und immer wieder Stücke verkaufen. Es gibt einige Personen, die mit dem Handel von Radios etc. Geld verdienen möchten oder müssen. Verkaufen Sie an Sammler, bei denen Sie wiederum etwas einkaufen können.
Auktionen und Antiquitätengeschäfte etc.
Es gibt Geschäfte, die sich auf technische Artikel spezialisieren. Wo Sie vermuten, dass Ihre gesuchten Stücke auftauchen könnten, hinterlassen Sie eine Visitenkarte und notieren darauf, was Sie suchen. Bei speziellen Auktionen für Radios haben Sie immer mit anderen Käufern zu rechnen, die ein bestimmtes Stück um jeden Preis haben wollen. Kommen Sie vorher mit sich ins reine, was Sie als Maximum bieten möchten. Sie können mit Glück auf kleine Nachfrage stossen und so ein Gerät günstig erwerben. Auktionshäuser und Antiquitätengeschäfte nehmen nicht alle Stücke an. Vielleicht können Sie es einrichten, dass man Sie über diese Fälle benachrichtigt.
Preise von alten Rundfunkgeräten
Wie aus obigem Text hervorgeht, hängt der "Wert" eines Gerätes vor allem von irrationalen Gesichtspunkten ab. Zudem ist eine dauernde Bewegung der Preise festzustellen, die wohl tendenziell, aber nicht nur nach oben geht. Allerdings haben die Preise in den letzten Jahren stark angezogen. Um Ihnen ein Bild zu geben, was Radios für Preise erzielen, hier zwei Extremfälle:
Mitte der 80er Jahre hat z.B. ein Sammler seine Stücke auf einer privaten Auktion veräussert. Das Vorhaben hat er in der Funkgeschichte vorangekündigt und ca. 35 Personen sind seinem Aufruf gefolgt. Das attraktivste Stück, eine HF-Vorstufe zum Siemens "D-Zug" mit Messgeräteteil, also Rfv2 und Rfms, ging nach kurzem Bietergefecht zwischen zwei Sammlern für DM 4900 weg, drei Geräte aus den Jahren 1925-27 (drei DeTeWe-Neutrohet und -Novodyne) erzielten Preise zwischen DM 3000 und 3300, zwei Loewe-Ortsempfänger gingen zu DM 1550 und DM 1600 an Fernbieter und die "mittlere Ware" wechselte den Besitzer für DM 450-850. Von den 122 ausgerufenen Nummern verkauften sich lediglich 49, was wohl an den ausgereizten Minimal-Gebotspreisen lag. Die ABC-Analyse der Sammlung hätte ein "Normalbild" gezeigt: Einige wenige, sehr rare Stücke, gegen 10 Prozent schöne Geräte aus der Frühzeit des Radios, viele Geräte aus den 30er Jahren, daneben zahlreiche Lautsprecher, Ersatzteile, Röhren, Spulen etc. [638436].
Meine Sammlung enthält zum Glück einige gute Stücke, doch möchte ich als Gegenstück zeigen, dass auch ein Sammler ohne grosse Geldbörse zu Geräten kommen kann. 1986 kaufte ich z.B. dank eines Tips eines anderen Sammlers in einem Brockenhaus (eine schweizerische Art von "Geschäft für gebrauchte Gegenstände") fünfzig Radios "en bloc" zu SFr. 20 das Stück. Allerdings sind es Geräte aus der Zeit von Ende der 30er bis Anfang der 40er Jahre. Trotzdem: Sie weisen den höchsten Stand der Radiotechnik auf. Diese Geräte kosten, einzeln erworben, zwischen "nichts" und unter 100 DM. Ein Junge mit etwas Taschengeld kann sich durch das Reparieren billiger Geräte die ersten Erfahrungen erwerben und eine günstige Sammlung aufbauen.
Richtungen einer Sammlung
Eine Sammlung ist vor allem dann sinnvoll, wenn man sich die Mühe oder das Vergnügen macht, sich über die Schaltungen, Produktionstechniken, den Gebrauch und die gesammelten Gegenstände selbst zu informieren. Das gilt auch bei kleinen Sammlungen. Gerade die Kenntnis der Hintergründe und Fachwissen machen auch einen Sammler mit sehr bescheidenen finanziellen Mitteln zum interessanten Gesprächspartner.
Es sind einige zigtausend Modelle von Radios fabriziert worden. Bis zum Zweiten Weltkrieg gibt es alleine in Deutschland um die 5000 verschiedene Gerätetypen - davon führt die Zusammenfassung der Funkschau-Bestückungstabellen ca. 4100 auf. Die Zahlen sollen zeigen, dass es nicht möglich ist, alle Modelle zu sammeln. Bei Briefmarken kann man wenigstens "ein Land sammeln". Bei Radios hat auch ein Sammler mit Zeit und Geld Probleme, alle Modelle eines Herstellers bei sich zu vereinigen. Doch gibt es zahlreiche interessante Sammlerziele. Allerdings sollten diese wiederum den persönlichen Möglichkeiten, was Platz und Geldbeutel, Restaurierungsmöglichkeiten, Zeit etc. betrifft, angepasst sein.
ABC-Analyse
Es existiert eine "natürliche Normalverteilung": Ganz selten etwas Ausserordentliches, wenig Gutes, Masse des "Banalen". Auch im kommerziellen Bereich bringen wenige Artikel oder Ideen einen Grossteil des Erfolges, eine relativ kleine Anzahl Artikel oder Ideen (anzahlmässig meist 12-18 %) weiteren Erfolg und eine grosse Masse ist "mitzuschleppen". Man kann diese hier etwas schwer zu erklärende natürliche Regel in diversen Gebieten des Lebens (Gaussche Kurve, Binominalverteilung etc.) immer wieder entdecken - wie bei den meisten Sammlungen.
Normalerweise besitzt ein Sammler ein paar Raritäten, eine ganze Anzahl Sammlerstücke und Exoten und eine Vielzahl von "gewöhnlichen" Stücken. Das trifft weniger auf Sammler zu, die seit Jahrzehnten ihrem Hobby frönen konnten. Sie hatten - auch mit kleiner Geldbörse - noch Gelegenheit, Qualität zu sammeln. Heute kann man Qualität nur noch im Rahmen dieses Gesetzes sammeln - oder hat das Geld, Qualität zu (sammen zu) kaufen.
Allerdings scheint mir die Suche nach Qualität richtig und wichtig, sei es, dass man durch Restauration seltener Stücke in selten schlechtem Zustand zu Qualität kommt oder Qualität tauscht und kauft. Bei unserem Hobby ist zum Glück nicht nur die Geldbörse entscheidend. Ein handwerklich geschickter oder technisch begabter Sammler kann sich z.B. mit einem Betuchten zusammentun und durch "Dienst am Bruder" zusätzlich zu guten Stücken kommen. Ein "Gespann" wie dieses dient der Sache selbst: Seltene und wichtige Stücke erleben vermehrte Restauration und nicht die Massenware. Erstellen Sie für Ihre eigene Sammlung eine ABC-Analyse nach dem Wert der Stücke und befassen Sie sich mit den A- und B-Stücken als Priorität!
Radios, aber welche?
Für Rundfunkempfänger gibt es die verschiedensten Sammlerziele, wie:
alte Batterieradios aus den 20er Jahren
Radios eines bestimmten Herstellers
Radiofamilien
ein typisches Gerät pro Herstelljahr
"moderne" Batteriegeräte aus den 50er Jahren
Kleinempfänger oder tragbare Radios
Radios aus Bakelit
Radios aus verschiedenen Ländern
Detektoren aus verschiedenen Ländern
besonders schöne Radios (Art Déco)
spezielle Techniken bzw. ein Gerät pro Technik
Autoradios
Reklameradios (Modellradios) und Nachbauten
Kleinstradios als "Gag" oder Kitschradios
Die Liste wäre wahrscheinlich beliebig zu verlängern. Andrerseits lässt sich die Produktpalette erweitern durch:
Lautsprecher
Kopfhörer
Sperrkreise
Rahmenantennen
Fernsehgeräte
Militärempfänger
Sender
Plattenspieler
Tondraht- und Tonbandgeräte
weitere Tonaufzeichnungsgeräte (z.B. Tefifon)
Telefonrundspruch-Geräte
Radiobaukästen und Bausätze, Batterien
Auch diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Natürlich ist es sinnvoll, wenn zusammengehörige Einheiten zusammen zur Aufstellung kommen - beispielsweise ein alter Empfänger mit Rahmenantenne, Lautsprecher oder Kopfhörer, Batteriekasten und Sperrkreis.
Nachbauten und Replikas
Das Thema Radio scheint heute ausserhalb der Sammlerszene wieder einen recht starken Anklang zu finden, sonst würden nicht bekannte Firmen Nachbauten alter Radiogeräte auf den Markt bringen. Diese bilden nur äusserlich Nachbauten und sind sofort als billige Nachempfindung zu erkennen.
Philips hat 1983/84 den 634A aus dem Jahre 1933/34 in etwas kleinerer Form und modernem Innenleben wiederauferstehen lassen. Versandhäuser holten sich aus Japan billige Nachbauten und boten diese zwischen 200 und 985 DM an! Ein Modell PR-288A ist dem "Philips-Schinken" nachempfunden. Die Firma Henry Siebert in Berlin stellt einen Holz-Volksempfänger als Replika her, DKE-Nachbauten tauchen auf und eine Heilbronner Firma vertreibt Detektor-Empfänger im alten Stil [638437].
Wie bei den Röhren stellen Sammler oder Firmen gelegentlich genaue Nachbauten von Geräten her. Dies ist sehr begrüssenswert, doch sollte der Text "Kopie" oder Replika, wenn möglich gefolgt von einem Identifikationszeichen des Herstellers, gut sichtbar vorhanden sein. Alles andere ist Täuschung, wie sie z.B. beim Loewe OE333 vorkommt. Bei gewissen Nachbauten oder Fälschungen sind alte Bauteile so verwendet, dass nur ein gewiefter Sammler den Unterschied zu Originalgeräten erkennt. Deshalb haben wir diesen einen speziellen "Hersteller" gewidmet und Beiträge dazu.
In Zukunft erhält dieses Thema grössere Bedeutung. Im Kapitel über Röhren finden Sie eine Warnung de-Forest-Audionröhren und Liebenröhren betreffend und den Hinweis, wie man eine Täuschung erkennt.
Modell-Radios
Dies sind kleine Gegenstände, die lediglich die Form eines Radios aufweisen. Gemäss [638650] hat Philips ihren 6-Röhren-Super 730A von 1932 als Modell mit Uhr in den Massen 11,6 x 13 x 6,3 cm herausgegeben und Blaupunkt vertrieb ein Modell aus Bakelit des Super 4W9 als Zigaretten-Dose. Telefunken liess ein Spardosen-Modell mit Spieluhr anfertigen. Es existieren Miniaturen in der Form eines Radios - z.B. in "Kapellenform" - als Bleistiftspitzer, daneben gibt es Radios für Puppenstuben. Vorwiegend in England kommen Modelle aus Porzellan vor.
Radiobaukästen
Die 20er Jahre sind die Jahre des "Radiofiebers", des "Radiosports", also praktisch einer "Volksbewegung". Eigenbau war Trumpf, aber tatsächlich gab es Jahre, in denen mehr Eigenbauten als von der Industrie hergestellte Rundfunkempfänger entstanden. Auch die Experimentier-Baukästen haben da ihren Ursprung. Bekanntheit erlangten die Produkte der Firmen Ehrenfeld, Frankfurt; Kosmos, Stuttgart; Radio Bauer, Berlin etc.
Den Radiomann-Baukasten von Kosmos (Franckh`sche Verlagshandlung, Stuttgart) entwickelt Wilhelm Fröhlich (Schweiz). 1936 prämiert die Weltausstellung den Baukasten mit einer Goldmedaille. 1957 erhält Fröhlich von der Universität Bern den Ehrendoktor [638858]. Siehe auch Seite 174. Ein früher Radiobaukasten.
Das Umfeld des Radios
Es ist unglaublich, was alles zum Umfeld des Radios gehört. Man kann seine Sammlung optisch z.B. mit einer Reklametafel auflockern oder mit Plakaten aus der Zeit bzw. neu erhältlichen Plakaten von Ausstellungen über das Thema etc. Sammlerobjekte über das Umfeld des Radios sind:
Einrichtungen der Radioreparaturwerkstätte, also
Werkzeuge, Prüfgeräte, Oszillatoren, Wickelmaschinen,
Ersatzteile etc.
Röhren
Schaltpläne
Mikrofone
Reklametafeln etc.
Literatur (Bücher, Zeitschriften etc.)
Prospekte und Abbildungen von Geräten
Briefmarken, Reklamemarken, Bildpostkarten
mit dem Thema Radio oder techn. Kommunikation
Konzessionen, QSL-Karten.
Die letzten Arten nenen wir Erinnerungsstücke und haben dazu ebenfalls einen "Hersteller" Memorabilia angelegt. Auch das Umfeld der Radios und der entsprechenden Industrie bietet viele Möglichkeiten, mit wenig Mitteln eine Sammlung individuell zu gestalten. Dabei kommt es sehr auf die gute Präsentation einer Sammlung an. Unterlagen über das Umfeld wie Rechnungen, Briefe, Konzessionen, Meisterbriefe, QSL-Karten - aber auch Schaltpläne - lockern diese auf. Sogar Münzen gelten dem Thema Radio: In Italien existiert eine 100 Lire-Münze, dem hundertsten Geburtstag Marconis 1974 gewidmet. Sie zeigt auf der einen Seite das Portrait von Marconi, auf der anderen eine Rahmenantenne.
Bereits in der Anfangszeit der Nachrichtentechnik gestaltete man Briefmarken zu diesem Thema.
Alleine in Deutschland kamen mehr als hundert Motive über Geräte, Sendeanlagen, Pioniere etc. heraus. Die Radio-Amateur-Zeitschrift cq-DL berichtet ständig über neue Briefmarken zu unserem Thema. 1973 erschienen z.B. je eine Briefmarke mit einem "D-Zug" plus Trichter-Lautsprecher und Loewe OE333 [638545].
Die Reklamemarke (Vignette) verwenden Firmen ab Mitte des 19. Jahrhunderts als Verschlussmarke für Briefe. Sie erlebt ihre "Blütezeit" nach der Jahrhundertwende, während des Ersten Weltkrieges das Verbot ihrer Anwendung und später ihren Einsatz als Reklamemittel. U.a. verwenden sie Rundfunk- und Phonoindustrie sowie Rundfunkausstellungen. Nachfahren sind die heutigen selbstklebenden Vignetten, die sogenannten "Aufkleber", die nun z.B. von privaten Rundfunksendern zur Verteilung kommen [638646].
Verschiedene der obengenannten Artikel sind schon wieder eigene Sammlungen wert - so die alten Röhren. Röhren kann man zum Zweck der Darstellung ihrer Entwicklung sammeln, dann gehören auch Crooksche- oder Geisslersche Röhren, Telefon-, Militär-, Sende-, TV-, Röntgen-, HF-Schweiss- oder Starkstrom-Gleichrichterröhren etc. dazu. Oder man legt sich einen geeigneten Vorrat zur Reparatur der gesammelten Radios an. Es gibt auch Sammler, die am inneren Aufbau der Röhren interessiert sind oder die möglichst alle Röhren sammeln wollen, wohl in Unkenntnis, dass es davon mehr als 30'000 verschiedene Typen gibt - alleine mehr als 10'000 Rundfunk-Empfängerröhren!
Eine erweiterte Sammlung?
Man kann die Entwicklung der ganzen Kommunikations-Technologie mit einer Sammlung von folgenden Apparaten darstellen: Telegrafen-Apparate inkl. Morsetasten, Klopfer, Relais, Installationen für Unterwasserkabel, Prüf- und Reparaturgeräte dazu, Telefone, Funkensender und -empfänger etc. Diese bilden die eigentlichen Vorgänger des Radios. Sie sind von recht vielen Sammlern gesucht, die sich speziell diesem Thema widmen.
Auch das Sammeln von physikalischen Instrumenten, die diese Entwicklung erst ermöglichten, ist ein interessantes Hobby. Dazu gibt es verwandte Gebiete von "Elektrizität für die Gesundheit" mit den ärztlichen Elektrisiergeräten, Schwerhörigengeräte bis hin zu alten Röntgengeräten. Bei den Vorgängern des Radios spielen automatische Musikinstrumente eine Rolle - und die alten Edisophone und Plattenspieler bis zu den "Jukeboxes".
Brotkasten-Radio Resa Simplex, Schweiz, 1924
Keine Sammlerwitwe!
Die "grüne Witwe" ist Ihnen sicher ein Begriff - eine aus beruflichen Gründen, d.h. eigentlich wegen des langen Arbeitsweges des Mannes vernachlässigte Frau. Bis jetzt hat aber anscheinend noch niemand über die Sammlerwitwe geschrieben. Tatsächlich sind einige Sammler so "vergiftet" hinter ihrem Hobby her, dass Frau und Familie sich berechtigt vernachlässigt fühlen. Nicht nur einmal habe ich davon gehört, dass eine Frau nach dem Tode ihres Mannes deswegen die ganze Sammlung auf den Müll schmiss oder absichtlich vernichten liess, damit keine andere Frau darunter zu leiden habe! Das ist wohl lediglich die Spitze des Eisbergs, denn ich vermute, dass viele Frauen unter dem Hobby des Mannes an Zuwendung und menschlichem Kontakt verlieren - um das einmal vorsichtig auszudrücken.
Allerdings muss nicht immer der Mann bei dieser Situation Verursacher sein; es kann auch an der Frau liegen, wenn er sich so in sein Hobby vergräbt. Dennoch: Lassen Sie das Problem nicht aufkommen oder versuchen Sie, eine gemeinsame Lösung zu treffen. Sprechen Sie sich jedenfalls aus, was Ihre Partnerin an Ihrem Hobby freut, was sie stört und in welchem Grade. Vielleicht liegt es nicht an Ihrer "Abwesenheit", dass Probleme auftauchen. Platzmangel kann auftreten oder es kommen zu viele Personen in die Wohnung, es entsteht zuviel Schmutz etc.
Im besten Fall kann das Sammeln von Radios ein Hobby für beide sein. Man kann die Partnerin zur Gestaltung der Sammlung zuziehen oder Geräte gemeinsam restaurieren. Eine ideale Aufteilung ist wohl die, dass er sich mit der Technik befasst und sie mit dem äusseren Kleid, der Dokumentation inkl. Fotos etc. Gerade hier gilt dann, dass geteilte Freude doppelte Freude sein kann. Auch ältere Kinder lassen sich am Hobby beteiligen, sofern man das Interesse wecken kann. In verschiedenen Kapiteln stelle ich darum Beispiele von leicht nachbaubaren Konstruktionen oder Schaltungen vor, die effektvoll sein können. Das Wissen um die Zusammenhänge in einem Empfänger bzw. das Verstehen der Technik lässt sich mit Experimenten Schritt für Schritt an eine interessierte Person weitergeben. Sehr volkstümliche Erklärungen finden sich in den Bänden Lehrbriefe von Philips, die in den 60er Jahren und evtl. auch später erschienen sind [168].
Auch für den Fall des eigenen Ablebens ist es wesentlich besser, wenn sich ein Familienmitglied bereits etwas der Sammlung angenommen hat. Bei einer grösseren Sammlung sollte wie beschrieben eine Dokumentation bestehen, aus der mindestens Kaufpreise und -daten der einzelnen Apparate hervorgehen. Die Aufzeichnungen sollen für das Familienmitglied transparent sein. Zu oft nehmen sogenannte Freunde die "Gelegenheit" wahr, um ihre Sammlung mit billigen Einkäufen zu vervollständigen. Andrerseits kommt es oft vor, dass eine Witwe der Ansicht ist, sie hüte grosse Schätze, da der Sammler selbst kein objektives Bild seiner Sammlung besass. Der schlechteste Fall besteht wohl dann, wenn Besucher mit Kaufabsichten jeweils nur die besten oder unterbewertete Stücke abholen und die vorher strukturierte Sammlung "berauben". Das reine "Stückdenken" führt dazu, dass die "A-Geräte" (siehe ABC-Analyse) viel zu billig abwandern und der Rest der Sammlung keinen Käufer findet. Der Fehler liegt nicht beim Käufer, denn welcher Sammler kann dieser "Gelegenheit" widerstehen?
Es sind wohl seltene Ausnahmen, dass ein Sammler im Alter nach und nach oder sogar ganz gezielt seine Sammlung veräussert, wenn er merkt, dass er nicht mehr lange Freude daran haben kann. Der für einen Kauf in Frage kommende Kreis von Freunden, die Werte und weitere Verkaufsmöglichkeiten sollten der Familie bekannt sein. Noch besser wäre es wohl, wenn der Sammler selbst bestimmt, wer zu welchen Konditionen bestimmte Stücke seiner Sammlung übernehmen kann. Wenn möglich, sollte eine für die Zukunft geplante Transaktion bereits einigermassen schriftlich vereinbart sein, aber so, dass sich der Sammler die Sache anders überlegen kann.
In Zukunft kommen Radios vermehrt auf Auktionen zum Verkauf, dessen bin ich sicher. Entsprechend entstehen mehr oder weniger spezialisierte Unternehmen, so dass gute Stücke einen angemessenen Preis erzielen, auch wenn von Seiten des Verkäufers keine Sachkenntnisse bestehen.
Präsentieren und Konservieren
Eine Sammlung ist nur dann eine gute Sammlung, wenn sie ein "Gesicht" bzw. eine Linie hat. Eine Anreihung von lauter ähnlichen Apparaten ermüdet das Auge des Betrachters und lässt schnell Langeweile aufkommen. Die folgenden Abschnitte zeigen Beispiele, wie eine Sammlung zu präsentieren ist, wie man sie dokumentiert und Geräte so aufbewahrt, dass sie im Verlaufe der Zeit möglichst wenig Schaden nehmen.
Präsentation der Geräte
Wie bereits erklärt, sollte eine gewisse Linie zu erkennen sein. Eine Sammlung lässt sich durch das Aufhängen oder Hinstellen besonderer Gegenstände auflockern. Als Blickfang dienen Plakate, Emailschilder, grosse Prospekte, aufliegende Firmengeschichten etc. Man kann einen interessanten Schaltplan vergrössern lassen und beim Gerät aufhängen - ebenso vergrösserte Inserate und Prospekte von damals oder andere Unterlagen. Der Monotonie grosser Sammlungen entgegenwirken lässt sich durch das besondere Hervorheben von Raritäten oder Vorgängern von Radios, verwandten Geräten etc.
Natürlich spielt es eine grosse Rolle, ob viele Geräte vorhanden bzw. wie die Räume dafür geeignet sind. Leider zeigt man Kleinteile besser unter Glas, damit sie keine "Beine" erhalten. Für den Schutz einzelner Apparate vor Staub eignen sich Plexiglashauben oder umgekehrte Zierfischbehälter. Glaseinfassungen von Gestellen schützen die Geräte vor Staub und präsentieren sehr gut, sind aber teuer. Radios wiegen viel und erfordern tragfähige Gestelle und Böden, sofern man mehrere Etagen übereinander anordnet. Es gibt sehr unterschiedliche Aufbauten. Am besten eignet sich natürlich ein System, das die tragenden Elemente nicht aussen, sondern in der Mitte führt, etwa in Form des Buchstabens "T" mit weiteren "Querbalken" darunter bzw. zentrale Stützen mit beidseits ausladenden Trägern. Damit die Struktur des Gestelles nicht dominiert, wählt man geeignete Farben, die oberen Träger kürzer als die unteren und setzt die Apparate möglichst vorne an die Kanten. Bei einer Wand gilt sinngemäss das gleiche, wobei diese eher Lücken mit Auflockerungen erlaubt - wie auch ein Doppelgestell mit Zentralwand.
Konservierung ausgelagerter Geräte
Viele Sammler haben den grössten Teil ihrer Apparate aus Platzgründen irgendwo "ausgelagert". Gerade bei ungünstig platzierten, selten kontrollierten Geräten kann unvermutet Schaden auftreten, wenn sie nicht entsprechend verpackt sind. Am günstigsten würde man die Gegenstände an einem dunklen Ort bei gleichbleibender Temperatur von 15-18 Grad Celsius und 45-55 % Luftfeuchtigkeit aufbewahren. In der Praxis lagern Geräte in feuchten Kellern, auf unterschiedlich heissen Dachböden (Estrich) oder in Schuppen, Bastelräumen etc. Wertvolle Apparate sind von schlechten Plätzen zu entfernen und vor Staub und Schädlingsbefall zu schützen. Mindestens sollte man über das Regal eine transparente Folie aus Polypropylen hängen, die für Besichtigung hochziehbar ist. Beispielsweise dienen dazu unten angebrachte Besenstiele als Gewicht und Aufrollvorrichtung. Gegenstände und Plastikfolien sind vor Sonneneinstrahlung zu schützen.
Für einen besseren Schutz der Geräte eignen sich Säcke oder Hauben aus transparentem Polypropylen (PP) mit einer Wandstärke von ca. 0,05 mm, die nicht fest anliegen. Eine oder mehrere kleine Öffnungen sollen einen gewissen Luftaustausch zulassen, damit u.a. kein Kondenswasser entsteht. Plastik-Konfektionierer stellen Säcke in grossen Mengen her, sind auf Anfrage aber oft bereit, eine kleine Menge aus laufender Produktion abzuzweigen. Auch Hart-PVC ist verwendbar, aber viel schwerer zu bearbeiten und entwickelt beim Einschweissen kleine Mengen von Salzsäure. Können Holzwürmer auftreten (in grösseren Städten kommen diese wohl nicht mehr vor), sind die Geräte dicht zu verpacken oder zu schützen, besonders wenn schlecht lackierte Stellen aus weichem Holz vorkommen. Dies ist meist innen oder am Boden der Fall. Will oder kann man die Apparate nicht ständig verpacken, gibt es geeignete, für den Warmblüter (möglichst?) ungiftige Produkte.
Weich-PVC enthält einen Weichmacher, der Lacke im Laufe der Zeit schädigt, Polyäthylen Verarbeitungshilfsstoffe, die den Geräten Schaden zufügen können. Das Herstellen von geeigneten Hauben geschieht am einfachsten mit einem Haushaltsfolien-Schweissgerät, sofern geeignete Säcke nicht zu beschaffen sind. Das Gerät soll unter dem Heizdraht eine Teflonunterlage aufweisen, damit eine breite Schweissnaht entsteht. Folien gibt es bei Folienverarbeitungsfirmen.
Wie erwähnt gehören je ein Exemplar des Schaltplanes, der Bedienungsanleitung, der "Restaurationsgeschichte" und die ersetzten Originalteile zum Gerät. Apparate mit Netzanschluss und anfälligen Elektrolytkondensatoren sollte man jährlich kurz unter Spannung nehmen. Erfolgt dies nicht, sind die Elkos vor Betriebsaufnahme neu zu formieren.
Dokumentation zur Sammlung
Für den Sammler ist es empfehlenswert, von seinen Geräten gute Fotos zur Verfügung zu haben. So hat man zwecks Diskussion oder Tausch seine Apparate immer präsent und kann sich meist besser an Details erinnern als nur beim Markennamen des Gerätes. Mir selbst hat die Dokumentation oft am Zoll geholfen. Zumindest konnte ich damit zeigen, dass ich kein Händler, sondern Sammler bin - vielleicht entstand da sogar etwas Sympathie für das ausgefallene Hobby. Erst beim näheren Betrachten einer Sammlung - oder auf Grund von Fotos derselben - begreift womöglich ein Aussenstehender, warum sich Personen mit alten Empfängern beschäftigen. Interessant sind Fotos vor und nach der Restauration. Zusätzliche schriftliche Aufzeichnungen dokumentieren zumindest den Preis, technische Daten des Gerätes und die ausgeführten Reparaturen.
Gut fotografieren
Leider sieht man von Sammlern selten gut aufgenommene Fotos. Deshalb hatte ich den ganz oben klickbaren Beitrag schon früher veröffentlicht - und wiederhole hier nur die Untertitel:
Bildmaterial
Zu fotografierendes Objekt
Den richtigen Winkel nehmen
Perspektivisch richtig aufnehmen
Hintergrund freistellen
Richtige Beleuchtung wählen
Blendenöffnung und Schärfentiefe
Zusammenfassung
Schriftliche Aufzeichnungen
Wer einen Computer besitzt, kann verbale Aufzeichnungen statistisch auswertbar und nach bestimmten Kriterien abfragbar aufnehmen. Immerhin kann man mit einer geeignet aufgebauten und erfassten Datenbank rasch erkennen, wie eine verbastelte Schaltung eigentlich auszusehen hat, da sofort Schaltpläne mit der gleichen Röhrenbesetzung zur Verfügung stehen. Auch ist ein Gerät ohne Rückwand womöglich schon anhand der Bestückung rasch identifizierbar. Zudem weiss man jederzeit über den aktuellen Bestand der Sammlung an Apparaten, Röhren und Literatur Bescheid. Das gilt nur für eine besonders umfangreiche Sammlung.
Im Buch "Radios von gestern" finden Sie auf Seite 291 mein "primitives" Aufzeichnungsblatt mit Kurzhinweisen zu einzelnen Feldern. Es dient mir als Beleg zur späteren Aufnahme der Daten in das System Radiomuseum.org. Sie können es als Fotokopie verwenden, wobei Sie dickeres Papier wählen, das Blatt halbieren und diese Karten mit aufgeklebtem Foto als Kartei nach Typ, Land, Marke und Modell ordnen. Bei grösseren Sammlungen ist eine Aufteilung nach Dekade oder ABC-Analyse von Vorteil.
Die "Record-Nr." erhält jeder Apparat in Form einer Selbstklebe-Etikette unten oder an anderer geeigneter Stelle aufgeklebt. Nie sind Etiketten auf lackierte oder gut sichtbare Stellen zu kleben. Mit den Jahren ist die Stelle zersetzt.
Auf jeder Modellseite finden Sie als Mitglied den Link "Meine Kartei". Da öffnet sich eine Seite mit den im Link kurz beschriebenen Feldern und Möglichkeiten. Siehe auch diesen Beitrag: "Sammler verstorben, Hilfe beim Nachlass".
Hier sehen Sie, wie die Röhrendaten entstanden sind.
Für diesen Post bedanken, weil hilfreich und/oder fachlich fundiert.